36. Kapitel | Der große Tag

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Heute ist der Tag. Der Tag, an dem ich mich von meiner besten Seite zeigen werde. Ich werde höflich und freundlich sein. Niemandem das Herz brechen. Ich werde lächeln und tun, was man von mir verlangt. Denn heute ist nicht mein Tag. Heute ist Emma's großer Tag. Deswegen soll alles so verlaufen, wie sie es sich gewünscht hat. Das ist das Mindeste, dass ich ihr schulde. Das Mindeste, das ich machen muss.
Ich sehe mich im Spiegel an. Das Kleid, das ich mir für die Hochzeit ausgesucht habe, habe ich gemeinsam mit Leah im Internet gefunden und gleich bestellt. Wir haben uns beide gleich in das Kleid verliebt. Ja, sogar ich, obwohl ich weniger wert auf Kleidung lege.
Es ist ein trägerloses Kleid. Der Brustbereich ist mit vielen, silbernen, glitzernen Steinen verziert. Direkt unter Brust liegt er erst mal 10cm an der Haut an und dann fällt der Stoff locker nach untern. Das Kleid ist knielang, vielleicht etwas kürzer. Aber nach hinten herum wird es immer länger, so dass es hinten fast auf den Boden ankommt. Und das Kleid ist in gold. Irgendwie ist gold zu meiner neuen Lieblingsfarbe geworden, seit dem ich bei den Anderson's bin.
Ein paar Strähnen meiner Haare habe ich hinten zusammen gesteckt. Den Rest lasse ich lockig über meinen Rücken fallen. Wenn ich mein Spiegelbild betrachte, fühle ich mich irgendwie sehr schön. Es zaubert mir sogar ein Lächeln auf die Lippen.
Das Klopfen an meiner Zimmertür reißt mich aus meinen Gedanken. "Herein.", rufe ich und schaue zur Tür.

Die Tür öffnet sich und ein dunkelhaariger Junge kommt rein. Es ist kaum zu verhindern, dass ich sofort nervös werde. Doch für einen Moment vergesse ich die Nervosität, als Nate das Zimmer betretet und ich ihn genau betrachten kann. Kann denn jemand so gut in einem Anzug aussehen? Nate anscheinend schon. Er trägt einen schwarzen Anzug mit einem weißen Hemd und ohne Krawatte. Die ersten beiden Knöpfe seines Hemdes sind offen, doch zeigen nicht zu viel. Er sieht nicht nur gut aus, er sieht einfach.. einfach..

"Wow."

Das trifft es wohl ziemlich. Warte. Das ist nicht aus meinem Mund gekommen. Mein Blick richtet sich auf Nate's Gesicht und erst da merke ich, dass er mich genau so anschaut, wie ich ihn wahrscheinlich gerade angeschaut habe.

"Du siehst..", fängt Nate an, doch redet nicht weiter. Immer wieder wandert sein Blick über mein Kleid und darüber hinaus. Ich würde lügen wenn ich sagen würde, dass es mir nicht gefällt, wie er nicht die Augen von mir lassen kann. Ganz im Gegenteil. Es entpuppt sich ein erfreutes Lächeln auf meinen Lippen.

"Ja?", hake ich nach.

"Hm?" Nate sieht mir jetzt verwirrt in die Augen, als hätte ich seine Gedanken unterbrochen.

"Du siehst.. wolltest du den Satz beenden?", frage ich lächelnd.

"Äh.. ja.. glaube ich.. was wollte ich sagen? Warum bin ich überhaupt in deinem Zimmer?", frägt Nate völlig irritiert und kratzt sich nervös am Hinterkopf. Ich glaube das ist das erste Mal, dass ich Nate nervös erlebe und ich kann nicht anders als darüber zu kichern.

"Kinder, wir müssen los!", ruft Finn von unten.

"Ach ja, deswegen bin ich hier. Wir müssen los.", fällt es Nate ein. Er setzt ein zufrieden Lächeln auf und schaut mich abwartend an.

Ich schnappe mir meine Tasche, hänge sie mir über die Schulter und gehe dann auf die Tür zu. Ich gehe raus auf den Gang und höre Nate's Schritte hinter mir. An der Treppe greift Nate plötzlich nach meiner Hand und dreht mich zu sich.

"Warte.", sagt er, viel ruhiger als vorher. Ich schaue ihn etwas überrascht an, doch mache was er sagt und warte.

"Es ist alles gut zwischen uns oder?", frägt er unsicher. Für einen Moment sehe ich ihn verwirrt an, da mir nicht klar ist, warum nicht alles gut zwischen uns sein sollte. Aber dann fällt mir die Sache mit den Tabletten in der Küche ein. Ich gehe mal davon aus, dass Nate das meint. Doch deswegen bin ich nicht sauer auf ihn. Er hat ja nichts gemacht.

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