Nate weiß nicht nur alles über meine Vergangenheit, er weiß auch so ziemlich alles über meine Zukunft. Ich erzähle es ihm. Meine Träume, meine Wünsche, meine Vorstellungen. Wenn wir irgendwie auf solche Themen kommen, dann frägt er mich und ich erzähle es ihm. Genau so habe ich ihm auch erzählt, wie ich mein eigenes Zimmer in meiner neuen Wohnung haben will. Ich bin nicht ein mal auf den Gedanken gekommen, dass er das dann umsetzen könnte. Doch hier stehe ich nun. In meinem Zimmer in meiner Wohnung. Alle Möbel sind drin und am richtigen Ort. Es sieht genau so aus wie in meiner Vorstellung. Die Farben stimmen, die Art vom Aufbau stimmt. Es gibt nur eins, dass nicht in meine Vorstellung passt. Und das sind die ganzen Rosenblätter und die paar Kerzen, die im Zimmer verteilt sind. Und ein riesengroßes Bild, das an der Wand neben dem Bett hängt.
Ich bin sprachlos. Und sprachlos mache ich auch meine ersten Schritte ins Zimmer. Ich sehe mir jede Ecke genau an, fahre mit den Fingern über die Möbel. Es riecht alles so neu, vermischt mit dem Duft der Kerzen. Irgendwann komme ich dann an dem Bild an und bleibe stehen. Es ist kein einfaches Bild. Es ist eine Collage aus ganz vielen Fotos. Ich erkenne die Selfies, die ich mit Nate gemacht habe. Fotos, die er von mir gemacht hat oder ich von ihm. Fotos von mir zusammen mit meinen Freunden. Mit Leah und Luke und Reena. Fotos mit Olivia und Finn, die wir an den Familienausflügen gemacht haben. Es sind bestimmt über 50 Fotos. In der Mitte ist ein etwas größeres Foto, als der Rest. Es ist von uns beiden. Mein Lieblingsfoto, wo ich in die Kamera lächele und er mich von der Seite anschaut. Dasselbe Foto, das ich in seiner Schublade gefunden hatte.
Ich starre es an. Ich weiß nicht, welches Foto ich anstarre oder ob ich das Ganze im Bild habe. Ich weiß nur, dass ich es leicht verschwommen sehe, weil meine Augen ganz wässrig werden. Ich meine, ich wäre nicht Hailey, wenn ich nicht emotional werden würde.
Plötzlich spüre ich zwei Arme von hinten um mich schlingen. Zwei Arme, die mich fest an sich drücken. Einen Kopf, der sich auf meiner Schulter abstützt. Lippen, die ganz sanft mein Ohr streifen. Und einen Atem, der bei mir eine Gänsehaut verursacht.
"Alles Gute zum Geburtstag, mein Engel.", flüstert Nate. Ich will meinen Blick nicht von der Collage nehmen, weil es so schön ist. Vielleicht ist es undankbar zu sagen, dass mir dieses Geschenk viel mehr gefällt als das Auto. Aber so ist es. All diese Fotos, die all diese Momente ausstrahlen, die mein Leben von Stück zu Stück schöner gemacht haben. Es ist all das zu sehen, was mein Leben verändert hat. Und zwar meine Freunde, meine Familie, Menschen die ich liebe und die mich lieben.
"Das ist...", ich hole tief Luft und atme sie mit meinem nächsten Wort wieder aus. "...wunderschön." Jetzt kann ich nicht anders als mich zu ihm umzudrehen. Ich sehe ihm in die Augen, die mich liebevoll anlächeln. "Danke."
"Bitte aber du musst nicht gleich weinen.", sagt er spielerisch und wischt mir sanft über die Wangen. Ich hab gar nicht gemerkt, dass mir die Tränen über die Wangen gerollt sind.
Ich schluchze und schlucke die nächsten Tränen runter. Ich hasse es vor ihm zu weinen. Auch ich wische mir über die Wangen, als er seine Hand wieder wegzieht. Mein Blick bleibt gesenkt als ich sage: "Tut mir Leid, ich bin so ein emotionales Wrack."
"Jap, das bist du.", ist alles, das Nate dazu sagt. Ich hebe unerwartet den Blick und haue ihm auf die Schulter. Er grinst nur und auch ich muss wieder lächeln. Dann nimmt er wieder mein Gesicht in seine Hände. Er kommt mir näher und sieht mir tief in die Augen. Mein Herz schlägt wieder schneller. Ich liebe und hasse es, dass mein Herz wie am ersten Tag verrückt spielt, wenn Nate mir näher kommt. Hassen tue ich es nur, weil ich dann immer so planlos bin und nicht weiß, was ich tun soll. Lieben tue ich es, weil es das schönste Gefühl ist, das es gibt.
"Weißt du, was das erste sein wird, dass ich am Montag in der Schule machen werde?", frägt er leiser. Er ist meinem Gesicht schon ziemlich nahe. Ich kann seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren. Nur sehr langsam schüttele ich den Kopf, als Antwort auf seine Frage. Ich bin zu sehr gefangen in seinen Augen, um mich auf irgendwas anderes zu konzentrieren.
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| Fost & Found | {abgeschlossen}
Fiksi RemajaHailey Frey ist ein Foster Kind und kommt nach ihrem Klinikaufenthalt in ihre siebte Familie, den Anderson's. Als würde es nicht reichen, dass sie sich schwer tut der Familie anzupassen, flirtet auch noch ihr Foster Bruder Nate mit ihr und bringt si...