Kapitel 57

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Wiegenlied
Kapitel 57

Die Lampe rutschte mir aus der Hand und fiel mit einem dumpfen Geräusch zu Boden. Liana fiel da gerade auf Fatih, der als erstes über das Fenster geklettert war, und warf ihn somit um. Ich war noch immer schockiert und konnte die Situation nicht ganz verarbeiten, bis Fatih sich versuchte aufzurichten und genervt zu Liana sprach. »Kannst du bitte aufstehen?«
Ich verstand die Lage gerade erst in diesem Moment. Die beiden hatten mich gefunden. Aber wieso waren sie überhaupt hier? Wieso wollten sie mich finden?

Liana machte nicht einmal die Anstalt aufzustehen, sondern starrte mich mit ihren großen Augen an.
»Mädchen, beweg dich mal runter!«, stieß Fatih. Sie stand widerwillig auf und strich ihre Hose glatt.
»Wieso hab ich dich überhaupt mitgenommen?«, sprach Fatih eher zu sich selbst und richtete sich dann wieder.

»Wie habt ihr mich gefunden?«, fragte mich und fühlte mich dabei so dämlich, wie es nur ging. Das klang fast so, als hätte ich mir Mühe gegeben, mich zu verstecken. Ich hatte geschlafen und schwups war ich hier.
»Ich bin Polizist«, strahlte Fatih mit seinem gerissenem Lächeln.
»Und du hast dein Handy nicht zu. So kann man es orten«, fügte Liana hinzu.
»Wieso sagst du das?«, warf er wütend ein und verdrehte die Augen. »Blondine.«
»Bist doch selber blond!«
»Bin aber keine Frau.«
Darauf hatte ich gerade echt keine Lust. »Hört auf, euch zu streiten oder tut das gefälligst wo anders!«, sagte ich scharf und verschränkte meine Arme. »Was tut ihr hier?«
»Dich finden«, antwortete Liana. »Wozu sollen wir sonst hier sein?«
»Wir wollen dir helfen«, setzte Fatih hinzu.
»Helfen?«, ich musste auflachen. »Verschwindet lieber, bevor ihr es bereut.«
»Ach, hab daran ja gar nicht gedacht, ich verschwinde lieber«, entgegnete Liana sarkastisch. »Wir wissen doch, was los ist, willst du uns nicht vertrauen?«
»Ihr wisst nichts«, widersprach ich. »Das haben vorher schon genug Leute behauptet, aber wissen tut ihr nur einen winzigen Teil und reimt euch dabei so viel zusammen.«

»Das geht so nicht weiter«, meinte Fatih und fuhr sich durch das Haar. »Wir verlieren nur Zeit.«
Liana zuckte beleidigt mit der Schulter und sah weg. »Was ist eigentlich mit Burak?«
Ihr Blick hing nach dieser Aussage wieder bei mir.
Ich befürchtete das Schlimmste. »Was soll mit Burak sein?«
War er sauer? Hasste er mich? Natürlich tat er es.

Sie legte den Kopf schief und versuchte es aus meiner Reaktion schlau zu werden. »Er hat sich selbst verurteilt. Von wegen war klar, dass sie das macht und er sei so dumm und hätte es vorher merken sollen. Keine Ahnung. Er war eher wütend auf sich.«
»Ist doch klar, dass ihr Lover so reagiert«, schnalzte Fatih abwertend mit der Zunge.
Liana war plötzlich voller Elan. »Ihr was!?« Sie blickte hysterisch von mir zu Fatih.
»Du spinnst doch«, redete ich etwas zu schnell. »Nur weil du ihn nicht leiden kannst, brauchst du so etwas nicht in die Welt setzten.«

Sie sah noch weiter abwechselnd zu uns beiden. Wenn sie jetzt irgendein Wort darüber verliert, wie immer, dass ich und Fatih das "perfekte Paar" abgeben würden, könnte ich nicht dafür garantieren, sie nicht aus dem Fenster zu katapultieren.
Ich bückte mich, nahm dir Lampe wieder in dir Hand, die gerade unbrauchbar geworden war und deutete auf die Beiden. »Ehrlich, geht.«

Ich hatte gestern nicht umsonst jemanden "verlassen", um gleich zwei Personen in diese Scheiße reinzuziehen. »Oder ich schreie und alle wachen auf.«
»Und«, fügte Liana schadenfroh hinzu. »Burak kriegt morgen mit, wo du dich befindest.«
Fatih blickte sie schockiert an, als könne er nicht glauben, dass das nicht gerade von ihr kam. »Vielleicht ist es doch gut, dass ich dich mitgenommen habe.«
»Ist das dein verdammter ernst?«, fragte ich sie verblüfft.

Sie biss sich auf die Zunge und zuckte dann mit der Schulter. »Wenn es sein muss.«
Ich musste auflachen. »Eine tolle Hilfe seid ihr mir!«
»Aslı, du weißt nicht, was passiert ist. Karahan ist aufgetaucht und hat Burak mit Fragen gestochtert. Er soll wohl auch bei Kaan gewesen sein und mit ihm reden wollen.«
»Was?« Mein Herz rutschte mir in die Hose. »Wie kam er dazu?«
Konnte es sein, dass er so in größerer Schwierigkeiten war? Wieso konnte er nicht einmal still bleiben?

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