Kapitel 51

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Wiegenlied
Kapitel 51

Sie lief den Raum auf und ab. Auf dem Küchentisch lagen einige Ordner und ihr Laptop. Neslihan schien aufgebracht. »Erzähl mir alles von Anfang an.«
»Also«, begann ich über Kaan zu erzählen. »Zum ersten Mal hab ich ihn auf einer Feier von Cesur gesehen. Er ist wohl Mitarbeiter von Karahans Firma.«
Ich blickte überall hin, nur nicht zu Neslihan. »Er ist Lianas Freund geworden und hat sich vorher schon auffällig benommen. Liana hat dann in seiner Wohnung nach irgendetwas gesucht, das darauf hindeuten kann, was er will. Sie ist ziemlich gerissen.«
»Diese Liana, wer ist das?«
»So ein blondes Mädchen vom Restaurant.«
»Weiß sie von unserer Sache?«
Ich schüttelte den Kopf. »Sie weiß nur, dass Kaan es auf mich abgesehen hat. Ich glaube, er versucht etwas herauszufinden und wie wir gemerkt haben, ist er auf der falschen Spur. Er weiß aber ziemlich viel und er glaubt, dass du auf der schlechten Seite bist.«
»Dass ich dich entführt habe von deiner Familie?«
»So in etwa.«

»Wie kommt er darauf? Wieso-«, sie stoppte und biss sich fest auf die Lippe.
»Ich kannte ihn. Also früher. Er hat auf derselben Straße gewohnt wie wir, aber mehr war da nicht. Wir mochten uns nicht einmal besonders. Er hat mich immer "die kleine Diva" genannt, weil ich seiner Meinung nach so arrogant gewesen war.«

Ich hatte Neslihan lange nicht mehr so aufgebracht erlebt, aber verstehen konnte ich es trotzdem. Sie hatte heute morgen bemerkt, wie er ihr versucht hatte zu folgen und seitdem hat sie panischere Angst.

»Ich will mit dieser Liana sprechen«, murmelte sie entschlossen.
»Was? Wie? Jetzt?«
Neslihan nickte. »Wir haben genug Zeit verloren. Nun sind wir an der Reihe auszupacken.«

Neslihan fuhr somit mit mir und Burak mit. Ecrin wollte heute nicht kommen, was auch verständlich war. Wenn ich Mahmud begegnen würde, könnte ich für nichts garantieren. Es war trotzdem unangenehm mit Neslihan und keiner sprach etwas. Meistens war es sowieso immer Neslihan gewesen, die ein Gespräch begann und heute war sie viel zu sehr in ihren Gedanken gefangen. Burak blickte mich kurz fragend an. Ich zuckte als Antwort nur mit den Schultern.

Während ich mich später im Restaurant umzog, suchte Neslihan wohl nach Liana. Sie hatte sie wohl auch gefunden, denn sie standen beide etwas abseits vom Restaurant und hatten beide ernste Gesichter. Sah irgendwie lustig aus.

Vom Augenwinkel betrachtete ich die beiden immer wieder. Langsam wurde ich ungeduldig. Was konnten die beiden denn so lange besprechen? Ob sie Liana einweihte? Nein. Das wäre lächerlich.

»Entschuldigen Sie«, sprach ich leise, weil ich so unachtsam war. »Könnten Sie ihre Bestellung wiederholen?«
Mit einem leichten Lächeln wiederholte er seine Bestellung und ich schrieb sie auf. Neslihan und Liana waren wieder drin, als ich mit der Bestellung kam und sie servierte. M eine Tante saß an einem Tisch in der Ecke und holte ihr Laptop heraus. Ich lief auf sie zu und schenkte ihr ein Lächeln. »Darf ich ihre Bestellung nehmen?«
Sie sah kurz in den Speiseplan und nannte wahllos etwas.
»Was habt ihr beredet?«, fragte ich.
»Später«, brachte sie hervor und kramte nebenbei nach einem Heft.
Ich setzte mich vor sie. »Ich will dir helfen. Du kannst das alles nicht allein hinkriegen.«

»Es gibt nichts zu helfen. Ehrlich.«
Ich schüttelte den Kopf. Darauf hatte ich keine Lust mehr. »Du versuchst alles allein hinzukriegen und mich da rauszuhalten. Ich weiß. Aber das ist keine Lösung. Wir kommen schneller ans Ziel, wenn wir zusammen arbeiten, wenn ich weiß, worauf ich achten muss.«

Sie sah mich unschlüssig an. Vielleicht würde ich sie doch dazu bringen, mir mehr zu sagen. Neslihan wollte gerade beginnen zu reden, da wurden wir von einer männlichen Stimme unterbrochen. »Woher kennt ihr euch denn?«

WiegenliedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt