Wiegenlied
Kapitel 10»Du weißt nicht, wie glücklich du mich mit dieser Aussage gemacht hast!«
Er strahlte, während ich überlegte, doch noch einen Rückzieher zu machen. Ich konnte aber nicht. Egal, wie richtig es war, dass ich kündigte, es ging nicht.Cesur redete weiter, ich hört ihm nur nicht zu.
»Ich gehe dann mal«, hauchte ich leise und verließ den Raum. Draußen war es windstill. Es war, als ob die Zeit stehengeblieben war. Ich wünschte, das wäre es.Zu Hause setzte ich mich einfach wieder in mein Bett und starrte aus dem Fenster. Schlafen war nicht möglich.
Die Tür ging auf und wurde wieder geschlossen. Ich bemerkte das erst, als Neslihan sich zu mich setzte und ihre Arme um mich schlang.
Mein Kopf landete sofort auf ihrer Schulter. Sie weinte, hatte ihr Stimme aber dennoch unter Kontrolle. »Es tut mir leid. Ich vergesse nur, dass du alt genug bist, um zu entscheiden, was richtig ist.«
Nein. Ich hatte gerade nicht gekündigt, obwohl das richtig war.
»Seit wann bist du so groß geworden?«, fragte sie und lächelte brüchig.Neslihan strich mir übers Haar und nahm mich noch fester in ihren Arm. Geborgenheit umströmte mich. Ihr Geruch war so süß wie Blüten und ihr summen klang in meinen Ohren. Sie summte mein Wiegenlied. Ich fühlte mich frei und ohne Sorgen, wie ein Kind. Und so sank ich in den leichtesten Schlaf seit langer Zeit:
"Als ich diese Melodie hörte, sprang ich hoch und rannte in das wunderschöne Zimmer mit dem großen Klavier, worauf meine Mutter spielte. Ihre Stimme war samtweich und wenn sie sang, sangen der Wind, die Wände, das gesamte Haus mit. Sie war die Ruhe selbst und ich betrachtete sie, während ich mich hinter der Tür versteckte, weil ich nicht wollte, dass sie aufhörte, wenn sie mich sah, nicht einmal eine Sekunde sollte sie es unterbrechen. Ich bat sie Nacht um Nacht, dieses Lied für mich zu singen, worauf es mein Wiegenlied wurde- mein ganz persönliches Wiegenlied.
Es erfüllt mich voller Träume, voller Freude und Zuversicht. Obwohl ich keinen Mucks gemacht hatte, hatte sie abrupt aufgehört zu spielen und zu singen und lachte.
»Komm her«, sprach ihre sanfte Stimme und winkte mich zu sich. Ich lief auf sie zu und sie nahm mich auf ihren Schoß. Auch wenn ich immer behauptete, dass man mit fünf Jahren nicht mehr auf dem Schoß der Mutter saß, weil ich mich zu alt fand, brachte sie mich immer wieder dazu.
Der Geruch von Rosen umströmte sie. Ich sah mir ihr Gesicht lange an. Es war so ganz anders als meins. Ihr Haar war zwar nur ein Tick heller, aber die Glätte ihrer langen Haare, machte einen großen Unterschied, da meine gewellt bis lockig waren. Ihre grünen Augen blickten mich warm an. Ihre vollen hautfarbenen Lippen waren so ganz anders als meine eher schmaleren roten. Die Blässe der Haut, nur die hatten wir beide.
»Singst du weiter?«, fragte ich mit meiner kindlichen Stimme und hoffte, dass sie genauso klang wie ihre.
»Willst du mal singen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Willst du spielen?«
Ich blickte auf das Klavier und und grinste bis über beide Ohren. Sie begann die erste Strophe zu spielen und ich sah begeistert zu.»Sen gülünce, güller açar, Gülpembe (Wenn du lächelst, blühen die Rosen, Rosenrosa.)«
»Du bist Rosenrosa«, , unterbrach ich sie. »Was bin ich?«
»Du bist meine Rosenrot.«Ich grinste.
»Wir singen es für dich«, beschloss sie und begann wieder von neuem zu spielen. »Sen gülünce, güller açar, Gülkırmızı (Wenn du lächelst, blühen die Rosen, Rosenrot.)«"Ich wachte schweißgebadet auf und stellte fest, dass es schon fast Abend war. Verzweifelt versuchte ich nicht mehr an den Traum zu denken und stellte mich unter die Dusche, doch das machte alles nur schlimmer, denn der Geruch meiner Mutter stieg mir die Nase hoch und ihr Gesang drang in meine Ohren. Ich wünschte, ich könnte weinen, nur um ein befreiendes Gefühl zu bekommen, doch nicht einmal das konnte ich. Wie ich sie vermisst hatte.
Das gesamte Wochenende verging stockend. Es gab nicht viel, was ich tat, meistens war ich sowieso in meinem Zimmer und starrte die Wand an und Nachts hoffte ich und erschauderte ich auf der anderen Seite, wieder von meiner Mutter zu träumen.
Am Montagmorgen machte ich mich wie immer fertig. Ich setzte mich zu Ecrin in ihren Wagen. Im Restaurant lenkte ich mich etwas ab, bis wieder Mahmud herkam und Ecrin anmachte.
Sie versuchte es zu ignorieren, bis Burak kam, denn nachdem Burak einen Schritt in das Restaurant gesetzt hatte, war Mahmud leise geworden.
»Hat er dich belästigt?«, fragte Burak Ecrin, die ihren Kopf schüttelte.
»Ich würde ihm so gerne den Kopf abhacken.«
»Burak, er hat aufgehört.«
Wieso log sie?
»Soll ich dir etwas zu essen bringen?«, änderte sie schnell das Thema.Er nickte und Ecrin nahm seine Bestellung.
Mahmud stand auf und kam auf mich zu, als Ecrin weg war. Sein Grinsen lag ihm bis über beide Ohren. »Und wie heißt du, meine Schöne?«
War das sein ernst? Er hatte wohl ein Kurzzeitgedächtnis, denn erst letzte Woche hatte ihm ihm eine gescheuert oder er hatte nicht etwas Scham oder Stolz. Erbärmlich. Ignorieren.Ecrin hatte schließlich gerade gezeigt, dass das die beste Methode war.
Ich wischte einen der Tische und räumte diesen auf. Es dauert nicht lange, dass ich fertig war und schon kam er wieder zu mir. »Du bewegst deinen Arsch sehr elegant.«
Ruhig, Aslı.Als ich weiter gehen wollte, packte er mich grob am Arm und wollte mich zu sich zerren, doch seine Hand wurde ihm augenblicklich weggeschlagen.
»Pack. Sie. Nicht. An.«
Burak stand nun schützend vor mir. Sein Gesicht war voller wütender Züge. So hatte ich ihn nie erlebt, aber wenn man es so sah, kannte ich ihn ja erst eine Woche. Er sah aus, als würde er Massenmord begehen.»Und warum nicht? Wieso ich Ecrin lassen soll, weiß ich ja, beste Freunde Scheiß und dann ist sie noch liiert, aber um ehrlich zu sein macht mir das nichts aus, dass die einen Freund hat. Na ja, was ist mit ihr?«, wollte Mahmud wissen und sah ihn fordernd an.
»Sie ist meine Freundin.«
»Die ganze Welt kann nicht mit dir befreundet sein, Burak. Die Ausrede lass ich nicht gelten.«
»Meine feste Freundin.«Das Blut in meinen Adern war erfroren. Was hatte dieser Arsch behauptet? Was? Welches Recht hatte er, das zu behaupten? Ich konnte auf mich selbst aufpassen. Seinen Schutz brauchte ich nicht und was sollte denn diese Lüge? Warum gerade diese?
»Was?«, lachte Mahmud. »Du hast ehrlich jemanden gefunden, der mit dir zusammen sein will? Kann es sein, dass sie auf Geld aus ist? Oh warte, du hast ja gar kein Geld!«
»Mahmud, verpiss dich einfach.«
»Du schmeißt mich aus meinem Lokal?«
»Wenn dein Vater hört, dass du dich wieder an die Angestellten ranmachst, kannst du was erleben. Nach Lianas Beschwerde kann das dein Ende bedeuten.«Okay, jetzt wollte ich mich auf Mahmud stürzen und gleich darauf Burak umbringen.
»Das ist ja die Frage«, zischte Mahmud und ich hörte verzerrt Schmerz in seiner Stimme. »Ist es dein Vater oder meiner?«
»Mahmud, geh einfach.«»Wieso? Du benimmst dich doch so, als sei er dein Vater! Stimmt das nicht?! Wo ist dein Vater!? Wo!? Er ist nicht hier, oder?«, fragte Mahmud mit einem schadenfrohen Grinsen im Gesicht.
Jetzt war er komplett verrückt geworden, denn er begann wild zu lachen. Ich würde mich nicht wundern, wenn er Schaum vor dem Mund bekommen würde. Die Nummer, die er abzog, war peinlich. »Sag uns doch, wo dein Vater ist! Sag's doch dieser Süßen hinter dir! Komm sag es! Sag, dass dein Vater-«
»MAHMUD«, wurde er unterbrochen. Mein Ohr hatte kurz weh getan, so laut hatte Cesur gerufen, als er die Treppe hinunter kam und seinen Sohn voller Zorn ansah. Es lag wohl an der Familie, dass sie alle so wütend gucken könnten, als würden sie dich in Stücke hacken wollen.
DU LIEST GERADE
Wiegenlied
Mystery / ThrillerAslı soll nicht in Schwierigkeiten geraten. Vor allem nicht mit der Polizei. Das erklärt ihre Tante ihr immer wieder aufs Neue. Als sie dann doch in welche gerät und vor einem Polizisten flieht, ist sie auf die Hilfe von Burak, der für sie nur ein...