Kapitel 31

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Wiegenlied
Kapitel 31

»Wie ich meine Tante nenne, sollte dir egal sein, aber wenn du es so sehr wissen willst, ich nenne sie nicht teyze, weil sie mir so jung vorkommt. Eher wie eine Schwester. «
»Du bist gut im Rausreden«, meinte er dazu. »Aber es reicht nicht aus, um mich zu überzeugen.«
»Ich muss niemanden überzeugen, weder dich, noch sonst wen, also hör auf, deine Klappe so weit aufzureißen!«

Er wollte gerade etwas erwidern, da platzte Liana in den Raum. »Da bist du ja, Kaan, ich hab dich gesucht.«
»Ich komme sofort, Liebling«, sagte Kaan plötzlich in so einer weichen verliebten Stimme, dass ich staunte. Er nahm Lianas Hand und beide gingen raus.

Ich kaute immer noch auf meiner Lippe herum. Wie weit würde dieser Typ gehen? Wieso machte er sich überhaupt die Mühe, mein Leben zu verstehen? Nicht einmal ich verstand es richtig.

Als ich den Raum ebenfalls verließ, erblickte ich eine strahlende Ecrin, die auf ihre Hände klatschte.
»Begrüßt doch unseren neuen Mitarbeiter«, sagte Cesur stolz und deutete auf Burak. Buraks Blick begegnete meinem und er zwinkerte mir schief grinsend zu. Was bildete der sich ein?

Ich blickte schnell weg und tat so, als würde ich schrecklich an meiner Arbeit interessiert sein.
»Jetzt sind wir Kollegen«, hörte ich kurz darauf seine Stimme neben mir. Er lachte und ich sah ihn mir nicht einmal an.
»Willst du mir sagen, warum du mich hasst oder soll ich raten, Aslı?«
»Rate«, sprach ich genervt. »Wobei, wenn du mich nicht mehr anquatschen würdest, würde ich dich vielleicht leiden können.«

Nachdem ich das gesagt hatte, beschäftigte ich mich wieder mit meiner Arbeit. Kaan saß immer noch im Restaurant. Die meiste Zeit blickte er zu Liana, aber manchmal beobachtete er auch mich, was mich mehr als nur störte. Wie ein Stalker.

Wieso ging ich nicht einfach zu ihm und fragte ihn, was er denn überhaupt über mich wusste? Ich müsste nur warten, dass Liana wegging.
Buraks Anwesenheit war das Einzige, was mich beruhigte. Ich hatte einfach das Gefühl, dass wenn Kaan mir irgendetwas antun wollen würde, Burak mir, ohne eine Wimper zu zucken, helfen würde.
Das beunruhigte mich aber auch.
Wieso vertraute ich ihm denn überhaupt?

Als meine erste Schicht zu Ende war, kam gerade Fatih in das Restaurant. Er wirkte angespannt, als er direkt zu mir kam. »Aslı, was soll das?«
»Was soll was?«, fragte ich verwirrt.
»Wie kannst du glauben, dass ich Geld von dir akzeptiere?«, fragte er und holte dabei das Geld heraus, welches ich Anise gegeben hatte. Er sah mich enttäuscht an.

»Warte mal kurz.«
Ich lief schnell in den Personalraum und holte aus meiner Tasche die Uhr von Fatih heraus. Kurz darauf stand ich auch schon vor ihm und reichte sie ihm. »Ich hab sie wieder gefunden.«

Er gab mir den Umschlag zurück und ich ihm seine Uhr. Dabei sah er immer noch nicht zufrieden aus. »Ich will nicht, dass du wieder auf solche Gedanken kommst. Du denkst auch-«
»Ist okay, Fatih«, sagte ich, meinte es aber nicht so. Wenn es passieren würde, würde ich ihm sein Geld auch wiedergeben. Dafür aber jetzt schon diskutieren zu müssen, wollte ich einfach nicht.

»Hast du heute Zeit?«, fragte er dann. Der Ausdruck in seinem Gesicht blieb aber.
»Nein, hat sie nicht«, sprach da Burak, der neben mir aufgetaucht war. »Sie wird heute ziemlich lange arbeiten müssen.«
Stimmt nicht.
»Ah, und woher weißt du das?«, forschte Fatih nach.
»Weil ich und Aslı in derselben Zeit unsere Schicht beenden.«
»Du arbeitest hier?«
»Passt dir das nicht?«
»Wer nimmt dich denn an? Da würde ich nicht einmal dieses Restaurant betreten.«
Er begann wieder mit diesem Thema. Unglaublich, dieser Typ!

»Fatih!«, rief ich warnend, weil das einfach unter die Gürtellinie ging. Wieso, wieso musste man so tief sinken?
»So oder so hast du es gerade betreten, wieso verpisst du dich nicht also einfach?«, fragte Burak.
»Wieso beschützt du immer ihn, Aslı?«
Wieso verstand er es nicht? »Fatih, ich würde dasselbe machen, wenn er so was zu dir sagen würde.«
»Unsere Schicht beginnt«, beendete Burak die Konversation und zog mich mit sich.

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