Wiegenlied
Kapitel 63»Kaan?«, fragte ich Neslihan.
Sie nickte und schüttelte unmerklich ihren Kopf. »Arda dachte noch, er könne gewinnen im Gerichtssaal. Von dir wusste er nichts, aber da tauchte Kaan auf und erklärte ihm alles.«
»Bist du sicher? Sprechen wir von dem Kaan, der im Knast sitzt?«
»Ja, jetzt sitzt er wieder im Knast. Dieser Junge ist raffinierter, als ich dachte. Er hat sich selbst ins Beim gestochen, um ins Krankenhaus zu kommen und da- ich verstehe selbst nicht wieso sie es getan hat- aber da hat er Tamara dazu gebracht, ihm zu helfen, da rauszukommen. Sie ist ja-«
»Schließlich Ärztin«, beendete ich ihren Satz. Ich erzählte ihr nichts von ihrem Verhältnis zu Kaan, ich erzählte ihr überhaupt nichts mehr, sondern umarmte sie einfach. »Es ist vorbei. Kaan sitzt hinter Gittern, Arda gleich auch. Es ist alles in bester Ordnung.«Zum ersten Mal sprach ich ihr Trost aus, nicht umgekehrt. Sie nickte, wischte sich hastig die hervorgekommenen Tränen und lächelte erleichtert. Ein Polizeibeamter fragte nach, ob es uns gut ging und Neslihan wechselte noch einige Worte mit ihm. Ich stand etwas weiter abseits mit Burak. Wir saßen auf einer niedrigen Mauer und starrten auf die Straße. Mein Kopf lag auf seiner Schulter.
»Ich will schlafen«, erzählte ich ihm erschöpft. Mein Herz schien als Einziger nicht erschöpft zu sein. Es schlug, als ob es aus meiner Brust springen wollte.
»Gleich kommt ein Wagen und nicht viel später liegst du auf deinem warmen Bett.«
Ich konnte sein Grinsen hören und schloss behutsam die Augen. »Aber dann gehst du.« Nie hätte ich erahnt, seine Anwesenheit so sehr zu brauchen. Vor allem jetzt, wo ich ihn nicht in Gefahr brachte, wo mir klar wurde, dass er gar nicht gehen brauchte, will ich, dass er ewig bleibt.»Ich gehe nicht«, flüstert er mir die Worte zu, die ich hören wollte. Ich merkte, dass er oft schon wusste, was mir guttat, bevor ich es selbst erkannte.
Seine Stimme klang so warm, so sicher und bedacht. »Ich werde bei dir bleiben und dir die ganze Nacht dein Wiegenlied vorsingen.«Ich kicherte, wie ein kleines Kind. Mein Körper tat mir insbesondere jetzt weh. In der Villa hatte ich panische Angst, sodass mein Körper Adrenalin in mein Blut geführt hatte. Ich hatte kaum den Schmerz wahrgenommem, den ich mir selbst zugefügt hatte, bevor ich überhaupt in die Villa kam und von dem Zaun gefallen war.
»Aslı Asya?«, sagte Burak zu mir. Ich musste lachen, weil es so komisch klang.
»Ja, Burak Burak?«, ich musste ihm auf jeden Fall auch einen zweiten Namen erfinden.Meine Augen hatte ich schon geöffnet. Ein Auto parkte in der Nähe vom Neslihan und Ziya stieg rasch aus. Er nannte den Namen meiner Tante und rannte auf sie zu. Jap, hier stand sein Neffe, der in Lebensgefahr gewesen war, aber er rannte ja sofort zu Neslihan. Als sie ihn sah, erkannte man selbst von hier, wie glücklich sie wurde. Er hob sie hoch und wirbelte sie in der Luft. Man konnte glatt neidisch werden.
»Es geht dir gut«, war er dankbar.
Burak stand auf und betrachtete mich von vorne. »Soll ich dich in den Wagen tragen? Du siehst fertig aus.«
Ich antwortete nicht. Ich war zu erschöpft dafür, aber Burak verlangte keine Antwort. Mit einem Ruck lag ich in seinen Armen und schmiegte mich an seine Brust. Er roch fabelhaft. Und in dem Moment, indem ich mich damit erfreute, schlief ich auch schon ein.Am nächsten Tag wachte ich in meinem Bett auf. Sowas war genial. Das mussten wir wiederholen. Ich grinste dämlich und streckte mich. Die Sonne schien hell und der Tag war so schön.
Im Wohnzimmer schlief Burak auf dem Sofa. Ich hatte erwartet, dass er nach Hause gegangen wäre. Aber er hatte meinen albernen Wunsch, dass er bei mir blieb, erfüllt.Mit einem schönen Frühstück überraschte ich damit ihn und meine verfressene Tante, die als erstes anfing zu essen, weil sie überdimensionalen Hunger hatte.
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Wiegenlied
Misteri / ThrillerAslı soll nicht in Schwierigkeiten geraten. Vor allem nicht mit der Polizei. Das erklärt ihre Tante ihr immer wieder aufs Neue. Als sie dann doch in welche gerät und vor einem Polizisten flieht, ist sie auf die Hilfe von Burak, der für sie nur ein...