14 | Freundlichkeitssydrom

1.3K 132 52
                                    

Alexander 23 - IDK You Yet

»Das ging doch viel zu schnell«, sagte ich nach einigen Minuten des Schweigens.

Ich hatte schließlich recht. Rosella und Dad kannten sich erst seit zwei Jahren und waren erst seit eineinhalb Jahren zusammen.
Ich schluckte.
Schluckte die aufsteigende Übelkeit hinunter.
Meine Mutter schnaubte und sagte:

»Zeit ist relativ, Zara. Und außerdem ist Rosella viel jünger als David. Sie will heiraten; Zeit spielt bei ihr offensichtlich keine Rolle.«
Ich nickte. Es war plausibel, was Mum sagte.

»Es tut mir leid«, sagte Mum, die ich immer noch in den Armen hielt.
»Es ist okay«, entgegnete ich.
Sie schüttelte den Kopf.
»Eine Mutter sollte für ihre Kinder da sein – und nicht für ihre eigenen Probleme.«
»Es ist okay. Glaub mir«, bekräftigte ich.
»Willst du wirklich nicht umziehen?«, wechselte sie plötzlich das Thema.

Ich löste meine Arme von ihr und starrte in die Leere.
Wusste nicht, was ich sagen sollte.
Denn es war das erste Mal, dass ich ernsthaft darüber nachdachte.

*

»Hey Zara, Tia hier. Ich wollte dich fragen, ob alles okay ist? Zac hat mir auf der Party deine Nummer gegeben, also wunder dich nicht. Ruf mich an, wenn es dir besser geht.«

»Zara, was ist los? Warum warst du heute nicht in der Schule? Soll ich nachher vorbeikommen? Dann können wir reden. Melde dich bitte.«

»Wie geht's meiner Braut? Zac hat mir deine Nummer gegeben. Falls es dir immer noch schlecht gehen sollte, werde ich Ryder umbringen. Keine Sorge, du brauchst nur ein Wort zu sagen und dieses lautet »Ja«. Also sei nicht schüchtern. Und außerdem: Melde dich mal bei Zac, Tia oder mir. Sonst müssen wir annehmen, dass du tot bist. Bye, Blondie.«

Zwei Tage waren vergangen.
Bloß zwei quälende Tage.
Und in diesen Tagen hatte ich von Zac, Tia und Leroy eine Mailbox bekommen.
Mein Handy hatte glücklicherweise keine großen Schäden nach dem Wasserfiasko genommen. Meine Bauchtasche, in der mein Handy verstaut war, hatte in der recht kurzen Zeit, in der ich im Wasser war, mein Handy gut geschützt.

Nun war es Dienstag und sie dachten bereits ich wäre tot. Nur weil ich kein Sterbenswörtchen gesagt hatte.

Kein Sterbenswörtchen, haha.
Ich schüttelte meinen Kopf bei meinen zynischen Gedanken.

Ich hatte mich nicht bei denen zurückgemeldet.
Mum und ich verbrachten seit Rosellas Anruf die ganze Zeit miteinander.
Sie hatte sich freigenommen und ich schwänzte.
Wir hatten in den vergangenen zwei Tagen nichts besonderes getan, außer Eisessen, Fernsehen und nochmal Eisessen.
Somit verdrängten wir die Tatsache, dass Rosella und Dad bald heiraten würden.
Grazienne – meine ältere Schwester – meldete sich wieder seit Ewigkeiten, um uns zu sagen, dass sie uns bald besuchen würde.

Wir freuten uns, denn seit dem Grazienne anfing in England zu studieren, hatte sie sich von uns abgewandt und sich vollends dem Studium gewidmet. Sie kam nach Mum, da sie ebenfalls Medizin studierte.
Das hatte uns aber noch nie überrascht, denn Grazie wusste bereits mit 14 Jahren, was sie eines Tages werden würde.
Wohingegen ich mit meinen fast 17 Jahren noch nicht mal wusste, ob ich überhaupt zur zweiten Hochzeit meines Vaters hingehen sollte.

Ich seufzte und drehte mich im Bett herum, als ich plötzlich eine Benachrichtigung bekam.
Träge griff ich nach meinem Handy.
Es war erst kurz nach sieben Uhr abends, aber ich war bereits müde.
Ich hatte eine neue Nachricht von einer unbekannten Nummer erhalten.

Ich An Deiner Seite  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt