60 | Ein tränenreicher Tag

74 6 2
                                    

Lana Del Rey - Love

»Oh man, jetzt bin ich wirklich satt, Mum! Ich platze gleich!«, rief ich lachend.
Vorsichtig wankte ich vom Esstisch zum Sofa. Mit einem zufriedenen Laut ließ ich mich darauf sinken und streichelte demonstrativ meinen Bauch. Mum und Grazienne hatten sich vollkommen selbst übertroffen.

Als ich am Morgen aufgewacht war und zur Küche gehen wollte, um wie an jedem anderen Tag zu frühstücken, hatte ich das selbstgebastelte Schild von denen auf dem kleinen Küchentisch entdeckt. Mit einem erwartungsvollen Lächeln war ich zum Wohnzimmer geschlendert. Sobald ich die Tür geöffnet hatte, ertönte Happy Birthday von Stevie Wonder und ich erblickte Mum und Grazienne mit bunten Partyhütchen auf den Köpfen und bunten Partytröten am Mund, in denen sie geräuschvoll reinbliesen.

»Happy Birthday, Zara! Wohooo!«, rief meine Schwester und stürmte auf mich zu, um mich zu umarmen. Lachend fiel sie mir um den Hals und flüsterte: »Ich hab dich lieb, meine kleine Zara.« Sie schniefte.

Oh, nein! Bitte nicht weinen, sonst muss ich es auch gleich.

Doch Grazienne riss sich zusammen.
Meine Mutter umarmte mich ebenfalls ganz fest und sagte: »Ich bin stolz auf dich Zara und es erfüllt mich mit stolz zu sehen, was du für eine wunderbare, junge Frau geworden bist.«
Mums Augen glitzerten verräterisch. Tatsächlich konnte sie sich nicht so gut wie Grazienne zusammenreißen, weswegen daraufhin einige Tränen folgten. Gerührt wischte ich ihre Tränen weg.

»Hey, Mum. Alles gut, ich bin nur 17 geworden und ziehe nicht aus«, dabei warf ich Grazienne einen gespielt vorwurfsvollen Blick zu, den sie lachend mit einem »Hey, guck mich doch nicht so an!« quittierte.
Mum und ich lachten über Graziennes Reaktion. Ihre Tränen versiegten und mein Blick fiel auf den Tisch, der beladen war mit Partyschlangen und bunten Konfettis, aber auch mit kleinen Pancakes, Waffeln, Blaubeer-Muffins und Erdbeeren.
Meine Augen wurden groß, als ich die rosafarbene Flüssigkeit in den Gläsern entdeckte.

»Ist das Strawberry and Cream?«, fragte ich ehrfürchtig.

Grazienne nickte lächelnd und sagte: »Ja, ich habe versucht sie selber zu machen. Ich hoffe, sie schmecken. Ich weiß ja, wie gerne du den Frappuccino von Starbucks magst.«

»Danke, das ist echt toll von euch. Aber es war nicht nötig, das wisst ihr.«

Grazienne verehre die Augen und machte eine wegwerfende Bewegung. »Das sagst du ständig, aber am Ende freust du dich dann auf Überraschungen.«
Da hatte sie recht.

Wir setzten uns an den Tisch hin und aßen all die Köstlichkeiten, währenddessen im Hintergrund leise Musik lief. Zwischendurch sah ich, wie meine Mutter mich rührselig anschaute. Ich befürchtete, dass sie in den Momenten wieder in Tränen ausbrach, weswegen ich Grimassen schnitt, damit sie bloß nicht auf die Idee kam.

»Ich habe mit eurem Dad gesprochen«, ließ meine Mutter plötzlich die Bombe platzen.

Die Gabel, die ich gerade mit einem halben Pancake darauf Richtung meines Mundes balancierte, erstarrte auf dem halben Weg.

»Wann?«, fragte ich neugierig.

»Das tut nichts zu Sache. Jedenfalls habe ich ihm klipp und klar gemacht, dass er euch nicht zu einer Hochzeit schleppen kann, in der er eine andere Frau heiratet. Ihr solltet das selbst entscheiden.«
Demonstrativ legte sie die Serviette hin, an der sie während des Sprechens nervös gefummelt hatte, auf den Tisch und lächelte uns an.

Ich An Deiner Seite  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt