8 | Einen Besuch abstatten

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Tove Lo - Moments

»Warte, wenn ich es jetzt richtig verstanden habe, hast du, Zara O'Dell, einen neuen Nachbarn, der zufälligerweise Ryder Hill alias Bandana-Boy ist?«, fragte Zac abermals am Telefon.

»Ja«, sagte ich augenrollend.
»Das würde ich mal Ironie des Schicksals nennen.«

Ich nickte, doch als mir klar wurde, dass Zac die Geste nicht sehen konnte, gab ich ein »Ja« von mir.

»Ich komme. Bin gleich da«, sagte Zac, »das muss ich mit eigenen Augen sehen!«
Was redete Zac da?

»Was? Nein! Za- « Doch Zac, mein treuer Freund, hatte bereits aufgelegt.

*

»Siehst du ihn?«, fragte ich Zac, der aus dem Fenster spähte.
Er hatte vor einer halben Stunde bei mir geklingelt und seit dem hatten wir nichts Besseres getan, als abwechselnd aus dem Fenster zu schauen.
Nein. Wir waren keine Stalker.
Wir schauten ledeglich zu meinen neuen Nachbarn.

»Hey, ich wol -«, Mum platzte ins Zimmer hinein und schaute verwirrt drein.

Warum schaut ihr aus dem Fenster?, schien ihr Gesichtsausdruck mich zu fragen. Dann veränderte sich dieser zu einem wissenden Gesichtsausdruck. Ich fühlte mich auf der Stelle ertappt.
Sogar ein Grinsen erschien auf ihrem Gesicht.

»Puh, hier ist aber stickige Luft.«

Sie ging zu meiner Balkontür hinüber und öffnete diese. Meine Mutter konnte auch einfach zu Zac gehen, der auf meiner Fensterbank saß, einen Comic las, und ab und zu aus dem Fenster spähte, und die Fenstertür öffnen. Auf der Stelle schlug die Hitze des Sommers ins Zimmer, und ich bekam nach und nach den Eindruck, dass meine Mutter nicht wegen der stickigen Luft die Balkontür geöffnet hatte, was zumal nicht wirklich einen Sinn machte, da mein Zimmer nun warm war, sondern um uns unauffällig zu helfen. Toll, jetzt dachte meine Mutter von mir, dass ich ein Stalker sei.

»Habt ihr Lust auf eine Partie Mensch ärgere dich nicht ?«, fragte sie uns.

Ich schaute zu Zac, der in meinen alten Spiderman-Comic vertieft war, jedoch bemerkte er meinen Blick nicht.

»Nein danke, Mum«, lehnte ich ab.

Sie lächelte das wiederholte Mal und ging aus dem Zimmer.

Zwar war sie seit letzter Zeit nicht mehr so gereizt gewesen, jedoch wollte ich dies nicht auf die Probe stellen und ging deshalb ein wenig auf Abstand. Mein Vater schrieb mir jeden Tag eine SMS, worin stand, dass er mich vermisste und wir uns treffen sollten, damit er es mir erklären konnte. Ich sah die Nachrichten, las sie, aber antwortete nicht.
Ich war nicht wirklich überrascht gewesen, als Dad uns gesagt hatte, dass er fremd ging.
Ich hatte die Spannung zwischen Mum und Dad registriert. Mum aber nicht, da sie – wie immer –viel arbeitete und Dad ebenfalls. Wenn er überhaupt gearbeitet hatte, und sich nicht stattdessen mit seiner Bürokollegin getroffen hatte. Trotzdem war es schockierend zu wissen, dass er uns aufgegeben hatte.
Mich und meine Mum aufgegeben hatte, um neu anzufangen.
Und uns mit den Scherben alleine ließ, die er hier verursacht hatte. Es war leicht ein neues Leben anzufangen, ohne noch einen einzigen Blick nach hinten zu wagen. Einen Blick auf das Chaos zu werfen, was man erschaffen hatte.

»Es ist zwar nicht Ryder, aber da ist soeben ein Mädchen aus dem Haus gegangen.«

Ich stand bereits neben ihm und schaute nach draußen. Das besagte Mädchen ging geradewegs auf unser Haus zu. Als sie schließlich aus unserem Blickfeld verschwand, da sie nun vor der Haustür stand, schauten wir uns gegenseitig an. Jeder mit derselben Frage:

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