63 | Dunkelheit

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Lord Huron - The Night We Met

- RYDER -

Ich hatte einen Plan.
Ich hatte Zara zwar gesagt, dass sie alle Zeit der Welt hatte und sich Gedanken machen konnte, doch ich musste es tun.
Der Plan fraß mich von innen nach außen auf und hinderte mich daran, weiter schlafen zu können.

So kam es, dass ich bereits um 07 Uhr wach war und für gefühlte Stunden an die Wand starrte.
Mein Herz raste, doch in meinem Kopf herrschte absolute Stille.
Es wirkte beinahe so, als hätte ich meine letzten Gehirnzellen für den Brief genutzt.
Dabei hatte ich keinen halben Roman geschrieben. Ich hatte nur darauf geachtet, dass jeder Satz perfekt war. Es verständlich war, warum ich das tun musste, was ich vorhatte.

Nun befand ich mich auf dem Boden des Motelzimmers und machte Liegestütze. Vielleicht konnte mir die körperliche Anstrengung dabei helfen, die Leere in meinem Kopf etwas erträglicher zu machen.

Mein Atem beschleunigte sich allmählich und meine Arme fingen an zu brennen. Ich merkte, dass ich langsam an meine Grenze kam, doch ich machte weiter. Machte weiter, um nicht daran zu denken, was passieren könnte, wenn Zara mit mir Schluss machen würde.

Machte weiter, um nicht daran zu denken, ob ich Julia überhaupt wiedersehen werde.

Inzwischen zitterten meine Armmuskeln. Schweiß rann mir langsam die Stirn entlang.

Okay, das reichte.
Ergeben ließ ich mich auf den Boden sinken und versuchte nicht darüber nachzudenken, was bereits schon alles mal auf dem Boden, der mit einem beigefarbenen Teppich ausgelegt wurde, schon alles lag.

Mein Atem beruhigte sich wieder und so auch meine Gedanken. Schwerfällig stand ich auf und ging zum Bett, auf dem mein Rucksack lag und nahm eine frisches T-Shirt raus.
Nachdenklich nahm ich ein bereits trockenes Laugengebäck aus der Papptüte, in der ich gestern wahllos einiges an Gebäck reingetan hatte, als ich im Supermarkt war.

Ich wusste, dass ich mir selbst nicht damit half, wenn ich die Situation in die Länge zog, aber ich hatte ... Angst.

Ich hatte Angst Zara zu verlieren.

Ihr schönes Gesicht nicht mehr wieder zu sehen, wenn ich nach England ziehen würde.

Ihre apfelgrünen Augen, die mich immer mit einer Spur von Neugierde und Liebe betrachteten, was immer wieder aufs Neue ein angenehmes Kribbeln bei mir auslöste.

Ihr glockenhelles Lachen, wenn ich mal einer meiner geistreichen Stunden hatte.

Ja, ich würde es sogar vermissen, wie sie immer ihre Kamera herumtrug – stets darauf Bedacht einen atemberaubenden Moment für die Ewigkeit festzuhalten.

Bei dem Gedanken rumorte mein Magen und mein Herz zog sich unangenehm zusammen.

Fühlte sich so etwa Liebeskummer an?

Wenn ja, dann wollte ich es ungern in Erfahrung bringen. Mein Blick fiel auf mein Handy. Genau in dem Moment erhellte das nun helle Display den dunklen Raum, da ich die Gardinen vorgezogen hatte.

Verdammt, Tia.

Ich weiß, dass ich den Anruf entgegennehmen sollte, doch ich konnte nicht. Ich hatte nicht die nötigen Kapazitäten meiner Schwester dabei zuzuhören, wie sie mich fertigmachte, da ich ihre Anrufe nicht entgegen genommen hatte.

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