95. Duelle

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Harry saß nun gänzlich mit dem Rücken zur Türe gedreht. »Nicht umdrehen!«, forderte ich ängstlich von ihm.

Auch das Mädchen hatte Harry den Rücken zugewandt. Sie berührte den Audi fast. Sie stand also keinen halben Meter von ihm entfernt. Nur die Scheibe trennte die beiden voneinander.

Mein Puls erhöhte sich etwas. »Wenn sie wüsste, wer hinter ihr sitzt«, bemerkte ich. Das wäre wahrscheinlich das Treffen ihres Lebens gewesen. Plötzlich steckte sie ihr Handy weg und bückte sich nach unten. Ich sah sie nicht mehr und sie tauchte auch nicht sofort wieder auf. »Was zum Teufel treibt die da?«, fragte ich Harry. Der wiederum drehte sich reflexartig nach ihr um und schaute neben dem Auto nach unten.

»Schuhe binden«, teilte er mir mit und drehte sich schlagartig zurück, als sie sich wieder aufrichtete und davon lief, ohne ins Auto zu schauen.

Ich atmete erleichtert auf. »Gott, das machen meine Nerven nicht mehr mit«, gestand ich Harry. »Wie oft kommt es denn überhaupt vor, dass dich jemand auf der Straße erkennt, wenn du so unterwegs bist?«

Mit dem Daumennagel kratzte er sich oberhalb des Kinns. »Frag mich lieber wie oft es vor kommt, dass ich nicht erkannt werde«, meinte er, »dann habe ich weniger zu zählen und du bekommst dieses Jahrtausend noch eine Antwort.«

»Ohh-kayy«, fragte ich vorsichtig, »und wie oft ist das der Fall?«

»So gut wie nie«, antwortete er prompt, ohne groß nachzuzählen. Kurz darauf stieg er aus, ohne dass ich darauf reagieren konnte.

»Ich werde nicht permanent umzingelt Angel. Und es landet auch nicht alles von mir im Internet, aber erkannt werde ich eigentlich immer«, erzählte er mir gelassen, als ich nun auch endlich im Freien, vor meinem Auto, stand. Vielleicht hätte es mich beruhigen sollen, was er mir gerade gesagt hatte, irgendwie funktionierte es aber nicht. Vielleicht kam die Wirkung auch erst später, könnte ja sein. Harry holte die Sportasche aus dem Kofferraum und hing sie sich um die Schulter, während ich, immer noch nach Worten suchend, neben ihm stand.

Mein Freund machte zuerst den Kofferraum wieder zu, dann schloss er meine Türe, wozu ich selbst nicht in der Lage war, weil ich gerade nur vor mich hin starrte. Dann nahm er mir den Schlüssel aus der Hand und verriegelte das Auto. Ich war irgendwie total verpeilt. »Jetzt komm schon! Oder willst du warten bis hier noch mehr Leute auftauchen?«, riss er mich aus meiner grauen Gedankenwolke.

Die Squash-Halle hatte eigentlich noch geschlossen und befand sich etwas abgelegen. Meine Blicke schweiften durch die Gegend, der Parkplatz war menschenleer, bis auf zwei vertraute Gestalten. Helmut und mein Chef warteten bereits auf uns, deswegen konnten wir gleich rein gehen. Unser Gastgeber schloss die Türe hinter uns wieder zu, um ungebetenen Gästen keinen Einlass zu gewähren.

An der Umkleide war mir Harry dicht auf den Fersen und wollte mir in die Frauenumkleide gehen, während die beiden anderen Männer auf die Türe direkt nebenan zusteuerten.

Ich tippte an der Türe auf das kleine Zeichen, was eine Frau darstellte. »Ich glaube, das heißt überall auf der Welt das gleiche, oder?«

Harry stemmte seine Hand gegen die selbstschließende Türe und hielt sie, über meinen Kopf hinweg, offen, als ich mich zu ihm drehte. Unsere Köpfe waren sich recht nahe, als er in meine Richtung brummte: »Es ist ja jetzt nicht so, als ob ich dich noch nie nackt gesehen hätte.«

Es war mir etwas unangenehm vor den beiden anderen, die dies natürlich mitbekommen hatten. Immerhin waren es mein Chef und ein sehr guter Geschäftskunde von Lucas und mir. Ich schnappte nach Luft und wollte etwas sagen, doch Helmut kam mir zuvor. »Fühlt euch ruhig wie zu Hause, wir sind hier unter uns«, amüsierte er sich. »Und fern von jeder Arbeit«, fügte er augenzwinkernd noch hinzu.

The Story Of Our Life - Fata Viam Invenient | Harry StylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt