Kapitel 5

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Nach ewigem hin und her sappen, schalte ich den Fernseher aus und seufze. Es ist Wochenende und mir ist langweilig. Zwar treffe ich mich heute Abend mit Paul, aber das scheint noch eine Ewigkeit entfernt. Also was soll ich machen?

Zusammen mit meinen Gedanken wandert mein Blick zur Uhr und bestätigt, dass es Zeit wäre etwas zu essen. Ich könnte ein wenig durch die Stadt schlendern und nach etwas Essbarem Ausschau halten, überlege ich und wenige Minuten später habe ich mir auch schon meine Lederjacke über geworfen und lasse die Tür hinter mir ins Schloss fallen.

Es ist warm heute und ich bereue es nicht raus gegangen zu sein. Nach einiger Zeit sitze ich mit einem Nutellacrepe im Park. Ich habe mich abseits der spielenden Kinder an einen kleinen Bach gesetzt und beobachte die sich darin spiegelnde Sonne.

Die Erinnerung an einen nur allzu bekannten See schleicht sich in meine Gedanken und hinterlässt eine Gänsehaut auf meinen Armen.

Daran will ich nun wirklich nicht denken, schnell wende ich meinen Blick von dem plätschernden Gewässer ab und hole eine Zigarette aus meiner Jacke.

Die Erinnerung klebt wie ein alter Kaugummi an meinen Synapsen und ich werde zunehmend nervöser, während ich versuche ihn abzuziehen.

Klick, klick. Ich ziehe an der Zigarette und schon kurze Zeit später füllen sich meine Lungen mit Rauch.
Das tut gut. Ich schließe meine Augen und atme ich ihn durch den Mund wieder aus. Besser ich gehe weiter.

Schnellen Schrittes entferne ich mich von dem Bach und auch die schlechten Erinnerungen verschwinden langsam mit ihm hinter mir. Zumindest Teilweise, denn diese Erinnerungen und das Erlebte werden mich nie verlassen. Es ist immer in mir, stets eine Last auf meinen Schultern, jegliche Versuche zu vergessen sind gescheitert.

Als ich langsam wieder aus dem Park hinaus gehe, kommt mir ein Skateboarder entgegen. Früher habe ich das oft gemacht, vielleicht sollte ich wieder anfangen.

Ich hänge weiter meinen Gedanken nach, während meine Füße mich voran tragen, bis ich irgendwann ein Eiscafee erreiche und etwas Anderes meine Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Genauer gesagt jemand anderes. Dunkelblonde lange Haare werden von einer langen Hand hinters Ohr geschoben und mir wird somit ein besserer Blick in das Gesicht der jungen Frau gewährt. Wunderschöne, definierte braune Augenbrauen rümpfen sich, während eine kleine zierlichen Nase sich näher zu der Speisekarte beugt.

Ein Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht, als ich mich langsam auf sie zubewege. Sie bemerkt mich nicht, auch als sich meine Finger um das matt geschlängelte Metall des Stuhles ihr gegenüber schlingen.

Ich ziehe ihn zurück und erst dann heften sich ihre Augen auf mich und nehmen einen verwirrten Ausdruck an.

,,Hallo Fremde.", sage ich und setze mich einfach zu ihr. Ihr verwirrter Ausdruck bekommt neckische Züge.
,,Ich kann mich nicht erinnern, Ihnen erlaubt zu haben sich zu setzen.
Was wenn ich nicht alleine hier bin?"

,,Sind Sie denn nicht alleine hier?",frage ich grinsend. Seit Beginn des Gespräches ist meine Stimme etwas tiefer geworden und nimmt nun ebenfalls einen neckischen Unterton an.

,,Sie haben Glück, meine Verabredung hat gerade abgesagt." Ich lächele, bevor ich jedoch etwas erwidern kann kommt die Bedienung und fragt was wir bestellen wollen.

Mein Blick wandert über das Gesicht mir gegenüber. Bei den Augen bleibt er hängen, verfängt sich quasi darin. Ich werde wieder in die Gegenwart zurück geholt, als ich gefragt werde, was es denn für mich sein darf.

Unter Schwerstarbeit wende ich meinen Blick von den Augen ab, die nun auch mich neugierig mustern und ordere einen Latte Machiatto.

Als die Bedingung sich langsam wieder entfernt, frage ich mich was ich hier überhaupt mache. Einen Kaffee​ trinken mit dieser Frau. Wieso tue ich das?

Es ist ein Spiel, nichts mehr, antworte ich mir selbst. Es macht Spaß, mit ihr zu flirten und etwas Besseres zu tun habe ich auch nicht.

,,Also warum hat deine Verabredung dich versetzt?" Ich wende mich wieder ihr zu und bemerke, dass ihr Blick bereits auf mir liegt. ,,Das Auto meiner besten Freundin ist stehen geblieben. Ich sage ihr schon seit Wochen, sie soll es zur Werkstatt bringen, aber naja..."

Ich sehe sie an. Ich mag ihre Stimme, sehr sogar. ,,Und was machen Sie hier? Fremden Leuten den Parkplatz wegschnappen?"

Ich grinse, dann hauche ich:,,Nein dieses Privileg ist nur deins, Schöne."

Einen Moment scheint sie sprachlos. ,,Na da darf ich mich ja geehrt fühlen.", gibt sie dann sarkastisch von sich. Mir gefällt ihre Art. ,,Das solltest du, Fremde."

Ein Grinsen huscht über ihr Gesicht. ,,Es ist mir eine Ehre.",sagt sie gespielt anmutig. ,,Die Ehre ist ganz meinerseits, Madame.", steige ich ein. Wir beide schmunzeln amüsiert.

Als wir unseren Kaffee​ getrunken haben, frage ich sie, was sie nun vor hat. Sie zuckt mit den Schultern und ich teile ihr mit, dass ich ihr gerne noch ein Eis ausgeben würde.

Während sie überlegt und ich auf ihre Antwort warten muss, werde ich nervös. Wieso sagt sie denn nicht einfach ja? Schließlich mache ich so was nicht jeden Tag. Das habe ich seit Jahren nicht mehr und es fühlt sich komisch an.

Das Wort falsch spukt durch meinen Kopf und gerade als ich ihr sagen will sie solle es einfach vergessen stimmt sie zu, steht auf und greift nach meiner Hand um mich mit sich zu ziehen.

Als wir uns durch die Tische einen Weg geschlängelt haben, verkreuzen sich unsere Finger ganz automatisch miteinander und ein kribbeln gefolgt von aufkommender Panik und Übelkeit überkommt mich. Falsch.

Ich beiße meine Zähne fest zusammen. Oh Got,t was mach ich hier bloß? Was passiert hier?

Ich fische eine Zigarette aus der Tasche und zünde sie mir an. ,,Sie wissen aber schon, dass rauchen ungesund ist?", fragt eine frech lächelnde Stimme neben mir.

,,Das ist mir durchaus bewusst, Hübsche.", lächle ich und komme langsam wieder runter, doch gerade als ich langsam anfange das Gefühl ihrer Hand in meiner zu genießen, entfernt sie diese wieder von der meinen.

,,Also der Parkplatz. Das ist meiner."

Gefühls Chaos  (teacherxstudent)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt