Kapitel 2

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Mein Wecker klingelt. Ich schmeiße das blöde Ding, entschlossen heute einfach Zuhause zu bleiben, gegen die Wand. Das Drecksteil jedoch will einfach nicht aufhören zu klingen!

Das nächste mal werde ich es mit einem Hammer versuchen, nehme ich mir vor, dann stehe ich wiederwillig seuftzend auf. Mit einem Tastendruck setze ich dem schrillen ein Ende, dann schleppe mich missmutig unter die Dusche. Ich lehne mich gegen die kühlen Fliesen und schließe meine noch vor Müdigkeit brennenden Augen, während das Wasser an mir herunter prasselt.

Wieso kann die Schule nicht ein, zwei Stunden später anfangen? Jetzt mal im Ernst, so früh kann sich doch kein Mensch konzentrieren. Sogar die motiviertesten Schüler pennen um solch eine Uhrzeit beinahe auf ihren Plätzen ein...

Als ich fertig bin tapse ich nackt in mein Zimmer, um mir meine schwarze zerrissene Jeans anzuziehen und ein Shirt aus dem Schrank zu fischen.

Ein Haus für sich alleine hat schon so seine Vorteile. Ich bin froh das ich nicht mehr bei meinem Vater, in dem Haus wohnen muss.

Normalerweise wäre ich bei meinem Auszug in wohl irgendwo in der Nähe geblieben, aber es war alles anders gekommen als geplant. Nachdem ich die Schule zwei Jahre lang nicht besucht hatte, war ich so weit wie nur möglich weggezogen.

Zwei Jahre in denen ich trank und ziemlich heftige Drogen nahm. Ich erinnere mich kaum noch an Dinge aus diesen Jahren.

Die Erinnerungen an das was ich so dringend vergessen wollte jedoch, sind geblieben.

Mittlerweile bin ich einundzwanzig und von der Drogenentzugsklinik direkt hier her gezogen. Fünfhundert Kilometer weg von meinem Geburtsort. Weg von dem Rest meiner kaputten Familie.

Zwar ist das Haus hier etwas zu groß für mich allein, aber immerhin gehe ich hier nun zur Schule um das alles zu bekommen.
Mit einer Einzimmer-Absteige hätte ich mich auch zufrieden gegeben, alles ist besser als mein altes Zuhause, aber mein Erzeuger kann es sich leisten und hatte nun mal darauf bestanden.

Vielleicht fühlt er sich besser dadurch mir dieses Haus hier zu finanzieren. Aber wenn er meint er kann sich meine Vergebung erkaufen, hat er sich geirrt. Dafür wäre kein Geld der Welt genug.

Fünf Minuten vor Unterrichtsbeginn parke ich meinen mattschwarzen BMW M5 vor der Schule, trinke den Rest meines Kaffees und steige schließlich aus. Gerade will ich mein Auto abschließen, da hält ein Wagen vor mir. Das Fenster fährt herunter und ein Kopf kommt hervor.

,,Entschuldigung...? Das ist für gewöhnlich mein Parkplatz.",höre ich eine engelsgleiche Stimme die meinen Ohren wiederhallen.

Ich mustere sie, bis ich anhand ihres Gesichtausdruckes merke, dass ich sie wohl etwas zu lange angestarrt haben muss. Ich ertappe mich bei dem Gedanken mein Auto wegzufahren, um ihr den Platz zu überlassen. Schaffe es dann jedoch meine Augen von ihr abzuwenden und mein Kopf wird wieder klarer.

,,Tja jetzt nicht mehr.",entgegne ich also frech grinsend und drücke auf den Knopf am Autoschlüssel.
Mein BMW blinkt kurz auf und ich gehe hinüber in die Schule.

Im Klassenzimmer sitzen die meisten bereits auf ihren Plätzen, in Erwartung die Lehrerin möge gleich eintreten. Andere tippen noch hastig eine Nachricht zu Ende oder nutzen die Zeit, um noch schnell die Hausaufgaben ab zu schreiben.

Ich schlängle mich durch die Reihen, an den müden Gesichtern vorbei, hin zu meinen Sitzplatz, wo quitschestimme mich bereits erwartet um mir einen guten Morgen zu wünschen.

Ich stelle mich meinem Schicksal und nicke ihr kurz zu, dann frage sie was wir jetzt haben. ,,Mathe.",antwortet sie, was mir ein erneutes nicken entlockt. ,,Mit Frau Black. Normalerweise ist Sie immer pünktlich.",labert sie weiter.

,,Sie ist echt super. Du wirst Sie bestimmt auch mögen. Alle mögen Sie. Vorallem die Jungs." Sie zwinkert mir zu. Schön für die Jungs denke ich nur genervt und sehe aus dem Fenster.

Es ist Mittwoch. Bereits mein dritter Schultag hier und bist jetzt habe ich noch nicht einmal geschwänzt, bemerke ich stolz.

Aber da es bereits zehn Minuten nach eigentlichem Unterrichtsbeginn ist und diese ach so tolle Lehrerin immer noch nicht da ist, denke ich nun darüber nach. Zu unserer gestrigen Mathestunde ist sie gar nicht erschienen. Wohl weil sie auf irgendeiner Fortbildung war, aber dann könnte sie heute wenigstens pünktlich sein und ja, das sagt die Richtige. Ich habe gerade einfach keine Lust auf diesen Scheiß hier. Ich könnte Frühstücken gehen und erst nach der Pause wieder hier auftauchen. Die Idee ist gar nicht mal schlecht.

Ich wähle die Nummer meines besten Freundes. Er ist einer der Gründe, warum ich mich auf den Deal mit meinem Vater eingelassen habe, denn er wohnt auch hier. Nach einer Weile geht er dran und wir beschließen beide zu schwänzen und den Tag gemeinsam zu verbringen.

Als ich wieder auflege blickt Quitschestimme mich vorwurfsvoll an. Das hat sie schon seit Beginn des Gespräches getan, doch es ist schlimmer geworden.

Die geht mir so auf die Nerven. Kann die sich nicht um ihre eigenen Probleme kümmern?

Ich stehe auf und verlasse meine persönliche Hölle. Quitschi sagt nichts. Immerhin hat sie gelernt das es nichts bringt mir eine Standpauke zu halten.

Dies liegt wahrscheinlich daran, dass ich sie gestern etwas runter gemacht habe. Wenn ich an ihren verletzten Blick denke, tut es mir beinahe leid.
Aber nur beinahe. Schließlich ist sie selber schuld, wenn sie versucht mir zu sagen was ich tun und lassen soll.

Ich solle aufhören zu rauchen, mich nicht so schwarz und bedrohlich kleiden, freundlicher sein und besser im Unterricht mitmachen. Ja, das hatte sie tatsächlich zu mir gesagt.

In dem Moment hatte sie froh sein können, dass ich zuvor eine geraucht hatte. Denn wenn nicht wäre ich sicherlich nicht so ruhig geblieben, sondern hätte ihr mit meinen schwarzen, ach' so bedrohlich wirkenden Doc Martens, in ihre hübsche Fresse getreten.

Gefühls Chaos  (teacherxstudent)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt