Kapitel 47

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Ich kiffe weiter und bin schließlich total high, als es an der Türe klingelt. Da ich nicht will, dass sie sofort Verdacht schöpft, entschließe ich mich, ihr direkt angezogen und bepackt die Tür zu öffnen.

Ich wünsche ihr einen guten Morgen und gehe an ihr vorbei, in Richtung Auto. Sie kommt mir hinterher. ,,Dir auch einen guten Morgen, ich dachte wir trinken wenigstens noch einen Kaffe zusammen, bevor es los geht."

An ihrem Auto angekommen öffne ich die Tür und schmeiße meinen Rucksack hinein. ,,Wir können uns unterwegs einen holen."

Kate steigt mit mir in den Wagen und sieht mich an. ,,Alles gut?", fragt sie, greift nach meiner Hand und drückt sie sanft. Was für eine Frage, natürlich ist überhaupt nichts gut.

Ich wollte diese Reise antreten in der Hoffnung, den Verlust meiner Mutter verarbeiten zu können. In der Hoffnung, endlich wieder soetwas wie ein normales Leben führen zu können. Aber jetzt sitze ich bekifft mit meiner Lehrerin im Auto und fühle mich beschissener den je.

,,Kannst du einfach erstmal losfahren?" Mitleidig sieht sie mich an und nickt. Dann drückt sie mir ein Navi in die Hand und startet den Motor. ,,Du müsstest nur noch die Adresse eingeben."

Ich tippe die Adresse des Friedhofs ein und sehe, dass das Navi uns vier Stunden und zwanzig Minuten berechnet. Die Stimme des Gerätes, macht Fionas an Nervigkeit fast schon Konkurrenz. Wir sind kaum eine halbe Stunde gefahren, da hält Kate an einer Tankstelle.

,,Willst du auch einen Kaffee?" Ich nicke, sehe zu wie sie voll tankt, in dem inneren der Tankstelle verschwindet und kurz darauf mit zwei Pappbechern, sowie einer Brötchentüte in der Hand zurück kommt.

Sie steigt wieder ein und gibt mir einen der Becher. ,,Ich hab auch noch zwei Croissants geholt, falls du Hunger hast." Warum ist sie eigentlich so verflucht nett zu mir, obwohl ich mich so blöd Verhalte?

Sie tippt auf ihrem Handy herum und schließt es an das Auto an. Kurz darauf erklingt von ihr ausgewählte Musik und wir fahren weiter.

Nach einer Weile beginnt sie mitzusingen und ich muss Grinsen. Ihre Stimme klingt so schön und ich raffe mich schließlich dazu auf mit ihr mit zu singen. Als wir kurze Zeit später auf einer Raststätte halten geht es mir schon besser.

Ob das am Kaffe oder an der Musik liegt ist schwer zu sagen, vielleicht ist es auch beides. Es gibt nicht viele Leute die meinen Musikgeschmack teilen, doch ich kannte jedes der von Kate gespielten Lieder und mochte sie alle. Ich lächele Kate kurz dankbar an, dann steige ich aus und zünde mir eine Kippe an.

,,Gibst du mir auch eine?", fragt sie als sie ebenfalls aus dem Auto steigt und zu mir herrüber kommt. Kritisch beäuge ich sie. ,,Jetzt gib schon, ich rauche gelegentlich gerne Mal eine und ich glaube, die habe ich mir jetzt mehr als verdient."

Ich gebe mich geschlagen und halte ihr die Schachtel hin. Sie klemmt sich einen der Glimmstängel zwischen die Lippen und ich gebe ihr Feuer.

,,Magst du mir etwas erzählen von deiner Mutter oder davon wie du dich fühlst?", fragt Kate als wir wieder ins Auto steigen. Ich stoße Luft aus und nicke schließlich vorsichtig. Aber wo soll ich anfangen? Kate parkt aus und fährt erneut auf die Autobahn. Mindestens fünf Minuten lang herrscht eine erdrückend Stille im Auto, doch ich bin dankbar dafür, dass sie mir Zeit lässt.

,,Ich wollte es damals gar nicht glauben, es fühlte sich so surreal an. Meine Mutter war Tod. Ich war vollkommen von der Tatsache und Situation überwältigt. Das Leben ist sowieso schon kompliziert genug, besonders im Teenager Alter, dieser unerwartete Schicksalsschlag machte das ganze nur noch unerträglicher. Ich war völlig fertig. Fühlte mich schuldig, traurig und so hilflos, aber besonders war ich wütend.", beginne ich schließlich zu erzählen.

,,Wütend auf den Autofahrer der sie angefahren hat, dabei konnte er wahrscheinlich am wenigsten dafür, er hatte schließlich die Geschwindigkeiteitsbegrenzung eingehalten. Wütend darauf das mein Vater sie betrogen und das er sich nicht gut genug um sie gekümmert hat. Er ist einfach weiter arbeiten gegangen, in seine schicke Anwaltskanzlei mit seiner Affäre. Er hätte es niemals zulassen sollen das sie überhaupt mit dem trinken anfängt, das sie sich wegen ihm so beschissen fühlt. Außerdem war ich wütend auf mich selber, da ich nicht genug getan habe und ihren Tod nicht hatte verhindern können und aufgebracht, da meine Mutter nicht besser auf sich aufgepasst hat."

Kate hört mir aufmerksam und nickt Verständnisvoll. Ich sehe ihr an, dass sie mich wirklich Versteht, ich fühle es. Sie hat den selben Verlust  durchlitten.

,,Ich konnte es in diesem Haus einfach nicht mehr aushalten. Ich dachte und dachte ohne Unterlass, mein Gehirn ließ mir keine Ruhe und bombardierte mich immer weiter mit düsteren Gedanken. Gedanken die ich nicht haben wollte und wie immer versuchte ich meine Probleme mit Drogen zu lösen. Wenn ich high war, musste ich mich wenigstens nicht mit der schmerzhaften Realität auseinandersetzen, also war ich fast den ganzen Tag lang high. Doch egal was ich tat, meine Mutter war fort für immer."

Gefühls Chaos  (teacherxstudent)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt