Kapitel 30

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Kate's View.

Das treffen mit meinem Vater verlief gut, dennoch fällt es mir immer noch schwer zu erkennen, wie sehr er auch heute noch, unter dem Verlust meiner Mutter leidet.

Es ist mehr drei Jahre her, dass sie von uns gegangen ist. Doch wie soll man ihren Tod verarbeiten? Wir sind uns ja nicht einmal sicher, ob sie heute noch leben könnte, hätte sie die richtigen Medikamente erhalten.

Meine Mutter hat meinem Vater, wie auch mir alles bedeutet. Sie war eine solch lebensbejahende, zufriedene Frau gewesen. Ich denke an unseren letzten gemeinsamen Urlaub zurück.

Gemeinsam am Gardasee in Italien, eine Woche waren wir da gewesen. Meine Mutter war hingerissen von der Italienischen Kultur, sie liebte die Mentalität der Italiener, die Landschaft und selbstverständlich das Essen.

Nach dem vorherigen Urlaub in Venedig, hatte sie sogar einen kleinen Sprachkurs belegt. Das lernen ist ihr leicht gefallen, es hat ihr Spaß gemacht. Noch mehr Spaß machte es ihr, ihre Italienischkenntnisse nun unter Beweis zu stellen.

Auf den Märkten unterhielt sie sich freudig mit den Händlern, enthusiastisch sah sie sich mit uns die Sehenswürdigkeiten an und ihre Begeisterung schlug auf mich und meinen Vater über.

Ich weiß, sie hätte gerne einmal dort gelebt; in Italien. Ich weiß, sie hätte so gerne noch mehr von der Welt gesehen, denn bereit zu sterben, war sie allemal nicht gewesen.

Erst die Schulklingel schafft es, mich aus meinen Gedanken zu reißen.
Ich eile schnellstmöglichst zur 9b, in welcher ich jetzt Unterricht habe, doch als ich die Tür öffne, ist das Klassenzimmer leer.

Verflucht, wo bin ich nur mit den Gedanken? Nach einem kurzen Abstecher zurück ins Lehrerzimmer, weiß ich endlich was los ist.

Die Klasse macht heute einen Ausflug ins Museum, ich würde stattdessen als Vertretung in der Oberstufe eingeplant. Genauer gesagt in Alex Klasse.

Seit dem Wochenende habe ich sie weder gesehen noch von ihr gehört. Andererseits habe ich mich genauso wenig gemeldet, obwohl ich nun ihre Nummer hatte. Das ich mich nicht gemeldet hatte lag aber nicht daran, dass ich nicht mehr an sie gedacht hatte.

Im Gegenteil ununterbrochen schweifen meine Gedanken zu ihr ab, doch ich weiß das ich zu weit gegangen bin, viel zu weit und ich weiß noch nicht so wirklich wie ich das mit meinem Gewissen vereinbaren soll.

Ich komme an dem Klassenzimmer an und straffe meine Schultern, nun gilt es professionell zu sein, dann öffne die massive Holztüre und dieses mal dringt mir das übliche Stimmengewirr entgegen.

,,Guten Morgen.", sage ich und lege meine Sachen auf dem Pult ab. Mein Blick gleitet ganz von alleine zu ihr und mein Herz setzt einen Schlag aus, als ich sie Lächeln sehe. Das ganze Wochenende habe ich an sie gedacht, fieberhaft nach einer Lösung gesucht, doch alles was ich gefunden habe, waren Selbstvorwürfe und Schuld.

Wie konnte ich es nur so weit kommen lassen, es gibt keine zufriedenstellende Lösung. Ich könnte ins Gefängnis kommen.

Was wäre wenn uns jemand erwischt, bin ich bereit dieses Risiko zu tragen und ist sie erwachsen genug, sich an Regeln zu halten? Unsicher Lächele ich zurück. Warum kann ich mich nicht​ professionell Verhalten, wenn es um sie geht?

,,Also, was hättet ihr jetzt normalerweise?", frage ich und bekomme mitgeteilt, dass sie eigentlich Geschichte und einen Arbeitsauftrag haben.

Dann wird das ja entspannt. ,,Frau Black, wir bräuchten bloß die Geschichtsbücher aus der Bibliothek.", meldet sich Fiona aus der hintersten Reihe zu Wort. Ich nicke.

,,Alles klar. Alex? Du kommst mit, wir gehen die Bücher holen.", sage ich so beiläufig wie möglich. Diese nickt stumm und folgt mir. Der Gang ist leer, dennoch wagt keiner von uns ein Wort, bis wir in der Bibliothek und hinter geschlossenen Türen sind.

,,Haben sie eine Lösung für die Gleichung gefunden Frau Black? Haben Sie eine Ahnung wie man weiter vorgehen könnte?", fragt Alex geschickt, während wir die gesuchten Bücher auf einem Rollwagen stapeln und zwinkert mir zu. Nein ich habe keine Ahnung absolut nicht, weswegen ich schweige und den nächsten packen Lektüren verlade.

Alex legt ihre Hand auf meine und wir beide halten inne. ,,Ich- Ich könnte uns was kochen wenn du magst. Dann können wir nach der Schule ungestört reden.", flüstert sie.

Umso weniger ihre unsicherere Art zu ihr passt, umso mehr weiß ich sie gerade zu schätzen. Denn ich bin mit meinen Gedanken bereits wieder bei ihren Stöhnen, ich habe noch nie etwas so erotisches Gehört und ich möchte es auch nie wieder vergessen.

Sie grinst schelmisch. ,,Frau Black? Wo sind sie denn mit Ihren Gedanken?", fragt sie und zieht spielerisch eine Augenbraue hoch.

Ich beiße mir auf die Unterlippe um mir Klarheit zu verschaffen. ,,Ich dachte ich hätte zum Ausdruck gebracht, dass ich Sie nicht unbedacht auf Ihrer Lippe knabbern sollen, wenn Sie nicht mit den Konsequenzen umgehen können."

Ich höre auf, obwohl ich mir in diesem Moment nichts mehr wünsche als ihr Nahe zu sein, es geht nicht und es ist so verdammt Falsch.

,,Ich bin um halb sieben da.", antworte ich ihr. Dann lade ich die restlichen Bücher auf und gehe voraus, aus dem spannungsgeladenen Raum, zurück in das Klassenzimmer.

Wie erwartet arbeiten alle ruhig an ihren Aufgaben, doch auf die zu korrigierenden Klausuren kann ich mich dennoch nicht richtig konzentrieren.

Alles woran ich denken kann ist Alex und diese macht es mir nur noch schwerer, indem sie regelmäßig zu mir auf sieht und mich förmlich mit ihren Blicken zu verschlingen scheint.

Immer wieder flackern Bilder vor meinem inneren Auge auf und ich rutsche Unruhig auf dem Stuhl hin und her, die Erinnerung an das vergangene Wochenende noch zu präsent in meinem Kopf.

Gefühls Chaos  (teacherxstudent)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt