Kapitel 22

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,,Ja, ich wollte noch die Klausur korrigieren.", erklärt sie.
,,Ich habe dir doch von der Schülerin neulich erzählt.", sagt Frau Van Exel und sieht zu mir.

,,Ist es okay, wenn ich sie bis zur Pause hier lasse? Ich möchte sichergehen, dass sie bleibt und ihren Aufgaben nachgeht. Ich muss mich um die Abschlussprüfungen kümmern."

Kate erscheint alles andere als begeistert, stimmt jedoch zu. ,,In der Pause wartest du, bis der letzte seinen Arbeitsauftrag abgegeben hat und legst sie mir dann hier auf's Pult. Auch deiner Verstanden?" Ich nicke und setze mich an den Schreibtisch. Als ich wieder aufblicke, ist sie bereits verschwunden.

Kate ignoriert mich und so nutze ich die erste Stunde tatsächlich zum Arbeiten, dann bin ich fertig. Ich lehne mich zurück und sehe zu Kate hinüber.

Sie starrt weiterhin auf ihren Stapel Klausuren, doch ich merke das sie nicht mehr bei der Sache ist, denn sie hat aufgehört ihren Stift zu benutzen und die Seite schon seit fünf Minuten, nur noch angestarrt.

Die Luft im Raum scheint beinahe zu knistern, keiner von uns weiß was er sagen soll. Als sie beginnt unruhig auf ihrem Stuhl hin her zu zappeln, ergreife ich das Wort.

,,Kate.", setze ich an. Sie dreht ihren Kopf zu mir und blickt mir nervös entgegen. ,,Weißt du, sie hat es mir erzählt. Also das was passiert ist, also nicht nur das im Unterricht. Auch das mit deiner Mutter und der Entzugsklinik."

Ich will etwas sagen, aber sie lässt mich nicht zu Wort kommen.

,,Meine Mutter ist auch sehr früh von uns gegangen weißt du. Ich-Ich denke ich weiß wie du dich fühlst. Und trotz allem möchte ich für dich da sein, okay? Bitte rede mit mir wenn du Hilfe brauchst. Ich- Ich will nur, dass du weißt ich bin für dich da, wenn du mich brauchst und wenn es nur zum Schweigen ist.", sie steht auf und legt mir einen Zettel auf den Tisch. Rote mit Fineliner geschriebene Ziffern, ihre Nummer.

Mein Blick verweilt einen Moment auf den Zettel, während ich krampfhaft überlege, wie ich mich Verhalten soll.

Mein zweiter Gedanke ist zu verschwinden, ihr an den Kopf zu werfen das sie keine Ahnung hat und das es sie überhaupt nichts angeht. Doch was mich als erstes Erfasst hat, war große Sorge.

Ihre Stimme klang zittrig und ich bildete mir ein, Tränen in ihren Augen aufsteigen gesehen zu haben. Außerdem kam in mir das große Bedürfnis auf, mehr zu erfahren, sie zu verstehen.

,,Was ist passiert?", frage ich. Ich falte den Zettel und stecke ihn in meine Hosentasche. ,,Es war Krebs. Aber...es ist mehr als das. Eine lange Geschichte." Ihre Stimme bricht, sie wendet sich hastig ab und beginnt ihre Sachen einzupacken. ,,Wie dem auch sei ich muss jetzt los."

Schnell stehe ich auf. Ich will sie unter keinen Umständen verletzen und so entscheide ich mich für die erste Option, auch wenn ich weiß, dass dies genau das ist, was meine Mauern zu Fall bringt.

,,Kate." Ich ziehe sie in meine Arme und sie hält sich an mir fest. ,,Ich liebe es wie du meinen Namen sagst. Dennoch ist es für dich Frau Black, okay?", sagt sie nachdem wir uns einige Minuten umarmt haben. Dann geht sie und ich lasse mich wieder auf meinen Stuhl plumpsen.

Eine Gänsehaut hat sich auf meinem Körper ausgebreitet. Es hat so unglaublich gut getan sie zu umarmen. Ich bin total durcheinander, weiß weder was ich denken, noch was ich fühlen soll. Wieder einmal habe ich mich wegen ihr anders Verhalten, als gewöhnlich.

Das erste Mal habe ich das Bedürfnis mit jemandem reden zu wollen, mich zu öffnen, doch es ist alles andere als einfach. Sie ist meine Lehrerin und nähere Beziehungen sind untersagt.

Der Rest des Schultages vergeht quälend langsam, dennoch bringe ich ihn irgendwie hinter mich.

Kaum sitze ich in meinem Auto ziehe ich den Zettel hervor, speichere die Nummer unter Kate Black und schicke ihr eine Nachricht. Dann starte ich den Motor und fahre los.

Die Scherben liegen noch immer auf den Boden, also fege ich diese gleich als erstes auf als ich Nachhause komme. Gerade als ich mir einen Kaffee​ mache, erreicht mich ihre Antwort.

»Ich kann direkt nach der Schule vorbei kommen. Habe noch bis zur achten Stunde Unterricht.«

Ich blicke auf die Uhr, also wird sie in ungefähr einer Stunde da sein. Schnell räume ich ein paar Sachen auf und bestelle uns was zu essen. Dann springe ich unter die Dusche, gerade als ich fertig bin klingelt es.

Ich stöhne genervt, wickel mir ein Handtuch um und gehe zur Tür. Es ist Kate. ,,Frau Black entschuldigen Sie, ich habe die Zeit vergessen. Kommen sie rein.“ Schnell eile ich nach oben um mir was zum Anziehen zu suchen, ihr anzüglicher Blick ist mir jedoch nicht entgangen.

Ich ziehe mir eine schwarze Jeans und ein weinrotes Hemd an, von welchem ich meine das es mir gut steht. Kaum bin ich auf dem Weg nach unten klingelt es erneut. Es ist der Lieferservice.

Ich drücke dem Lieferanten einen zwanziger in die Hand und gehe mit den zwei Pizzen in der Hand ins Wohnzimmer zu Kate. ,,Ich dachte du hast bestimmt Hunger. Ich habe hier einmal Pilze und einmal Schinken, welche willst du?“

Sie Lächelt dankbar. ,,Ich mag beides.“ Ich grinse, setze mich neben sie und lege die beiden Kartons auf den Tisch vor uns. ,,Perfekt, dann teilen wir.“

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Wie lange werden die beiden es wohl noch schaffen sich von einander fern zu halten?

Gefühls Chaos  (teacherxstudent)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt