53. Kapitel

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„Lucy hat Recht... immer nur Jodie, Jodie, Jodie. Du denkst nur an dich. Du hast mich und Lucy verlassen... Wenn du Finn darum gebeten hättest, bei deiner Gerichtsverhandlung da zu sein, wäre all das gar nicht passiert..." „Mick... tu das nicht.", wimmere ich, da ich weiß, worauf er hinaus will.

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Vorwürfe

°Jodies Sicht°

„Du... Du bist Mitschuld, an seinem Tod!", wirft er mir vor. Erschrocken weiche ich vor ihm zurück. „Aber... Seine Mutter ist doch krank, er wollte unbedingt zu ihr...", schluchze ich. „Sehe es einfach ein... Du bist mit dran schuld.", meint er. „Nein!", schreie ich.

„Sie soll schuld sein? Hör auf so einen Unsinn zu reden, nur weil du dir selber Vorwürfe machst!", ertönt Ethans Stimme. Keine drei Sekunden später, steht er auch schon neben mir. „Warum sollte ich mir Vorwürfe machen?", fragt Mick und reckt sein Kinn in die Höhe. „Weil du im Streit mit ihm auseinander gegangen bist. Du wirst dich nie entschuldigen können, bei ihm. Du wirst das nie mit ihm klären können. Such die Schuld nicht bei anderen!" „Rede nicht so einen Schwachsinn!", brüllt Mick aufgebracht und stürzt sich auf Ethan. Ich stolpere erschrocken, zur Seite und starre die beiden entsetzt an. Mick holt mit seiner Faust aus und schlägt sie Ethans ins Gesicht.

„Finn ist gerade gestorben und ihr habt nichts Besseres zu tun, als euch zu prügeln?!", schreie ich wütend. Sofort halten die Jungs inne. Ich koche vor Wut und funkele die beiden zornig an. Was fällt ihnen ein?! Aufgebracht drehe ich mich um, um mich von ihnen zu entfernen. Als hinter mir ein Knall ertönt, fahre ich herum und sehe, wie Mick, Ethan gegen ein Auto stößt. Ich ziehe scharf die Luft ein, gehe auf die beiden zu, stelle mich zwischen sie und schließe meine Augen. „Hört doch einfach auf.", meine ich leise und merke, wie mir erneut die Tränen kommen.

„Er meint, ich mache mir Vorwürfe, was überhaupt nicht stimmt! Nicht ich bin der Schuldige, sondern du!", knurrt Mick sauer. Ich? Ich bin schuld? Bin ich das? Hätte ich es verhindern können, wenn ich Finn, nicht hätte gehen lassen? Ich öffne meine Augen und schaue in Micks hasserfüllten Blick. „Du bist Mitschuld, an seinem Tod!" Micks Worte hallen in meinem Kopf wieder. Kraftlos entferne ich mich zwei Schritte von ihm. „Mick... wir sehen uns.", sage ich leise und mache mich auf den Weg, zu meinem Auto.

Ethan kommt mir hinterher gerannt und hält mich an meinem Arm fest. „Es tut mir leid.", entschuldigt er sich. „Schon gut. Was machst du eigentlich hier?", entgegne ich mit schwacher Stimme. „Ich habe mir Sorgen gemacht, weil du nicht gekommen bist. Als du nicht zu Hause warst, dachte ich mir schon, dass du noch im Krankenhaus sein musst und bin hierhergekommen.", erklärt er mir. Ich nicke einfach und öffne mein Auto. „Soll ich mit zu dir kommen?", möchte mein Freund wissen. „Nein. Ich möchte alleine sein, sorry." „Schon okay. Ich ruf dich morgen an, ja?" „In Ordnung. Tschüss.", murmele ich, steige ein und schließe meine Autotür.

Wie ein Roboter, bediene ich das Auto und fahre nach Hause. Ganz langsam gehe ich die Treppen hinauf und schließe die Wohnungstür auf. Leise fällt die Tür hinter mir ins Schloss und ich schlürfe ins Wohnzimmer, um mich auf der Couch nieder zu lassen. Ich soll Mitschuld an Finns Tod sein? Ach Finn... Hätte ich dich nur nicht gehen lassen... Erneut steigen mir meine Tränen in meine Augen. Wütend stehe ich auf, gehe in die Küche und hole ein Weinglas, aus einem Schrank. Vorsichtig fülle ich das Glas, mit der roten Flüssigkeit. Ich nehme einen großen Schluck und lehne mich seufzend an den Küchentresen. Warum musste es so kommen?!

Ich merke, wie ich wütend werde. Wütend auf mich, weil ich ihn habe gehen lassen. Wütend auf Mick, weil er so respektlos ist. Wütend auf Finn, dass er von mir gegangen ist. Immer fester umklammere ich das Glas, bis es schließlich in meiner Hand zerbricht. Erschrocken starre ich auf die rote Flüssigkeit, die sich auf dem Boden ausbreitet. Meine Hand beginnt zu zittern und Blut läuft aus einer tiefen Schnittwunde. Schnell halte ich sie unters Wasser und ziehe scharf die Luft ein, als das Wasser auf die Wunde trifft. Ich öffne meinen Kühlschrank und hole eine volle Wodkaflasche heraus. Mit zitternden Fingern, öffne ich sie und sinke kraftlos zu Boden.

Meine Tränen brennen in meinen Augen. Meine Brust zieht sich erneut zusammen und nimmt mir meine Luft, zum Atmen. Schnell trinke ich etwas und schütte immer mehr in mich hinein. Doch das bringt auch nichts... Meine Tränen verlassen trotzdem meine Augen und rinnen meine Wangen hinab. Ich nehme immer wieder einen Schluck, bis sich mein Körper anfühlt, als würde er schweben. Schluchzend fahre ich mir durch meine Haare und betrachte die Scherben auf dem Boden. Wie schön es doch wäre, einfach nichts mehr fühlen zu müssen.

Es gibt Menschen, die dich brauchen! Schreit meine innere Stimme und bringt mich wieder zu Vernunft. Ich ziehe mich am Kühlschrank hoch, auf meine Beine und stolpere in mein Zimmer. Mit der Wodkaflasche platziere ich mich auf meinem Bett und höre erst auf, als sie schon halb leer ist. Doch ich habe nicht aufgehört, weil ich keine Lust mehr hatte... Ich habe aufgehört, weil ich eingeschlafen bin. Ich bin mir sicher, wäre ich noch länger wachgeblieben, wäre die Flasche leer gewesen.


°Ethans Sicht°

Eine Woche ist seit Finns Tod vergangen. Mit Jodie habe ich nur einmal telefoniert... Ich habe sie die ganze Woche nicht erreichen können und wenn ich zu ihr gefahren bin, hat niemand die Tür aufgemacht. Heute ist die Beerdigung, von Finn. Hoffentlich sehe ich sie da... Ich mache mir unglaubliche sorgen um sie.

Ich knöpfe mein weißes Hemd zu, schlüpfe in mein schwarzes Jackett und betrachte mich nochmal in Spiegel. Auch mir hat Finns Tod zugesetzt. Die ganze Woche habe ich nur wenig geschlafen, weshalb ich auch ziemlich müde aussehe. Seufzend verlasse ich mein Zimmer, gehe die Treppen hinunter, verabschiede mich von Peter und Eva und verlasse die Villa. Dunkle Wolken bedecken den Himmel und einige Regentropfen fallen bereits herab.

Rasch hole ich mein Auto, aus der Garage, und steige ein. Da ich schon spät dran bin, rase ich förmlich, zur Beerdigung. Nachdem ich geparkt habe, steige ich zögernd aus und gehe auf eine Gruppe, von Menschen, zu. Alle tragen schwarze Kleidung, so wie ich. Leise unterhalten sich die Leute, aber keiner lacht. Ich fühle mich für einen Moment, zu der Beerdigung meiner Mutter, zurückkatapultiert. Nachdem ich mich wieder gefangen habe, schaue ich mich nach Jodie um. Ich sehe, Mick und Lucy, aber von Jodie fehlt jede Spur.

Erst als sich die Leute langsam auf den Weg, zum Grab machen, entdecke ich sie. Sie trägt ein knielanges, schwarzes Kleid. Ihre Augen wirken traurig und stumpf. Sie hat dunkle Augenringe und ist ziemlich blass. Ich möchte zu ihr, ihr beistehen, sie in den Arm nehmen, aber da setzt sie sich auch schon in Bewegung und verschwindet unter den anderen Menschen. Der Regen ist stärker geworden und ich bin heilfroh, dass ich einen Regenschirm mitgenommen habe.

Als alle sich vor dem Grab versammelt haben, beginnt ein Pfarrer mit seiner Rede. Ich suche die Menschen, nach Jodie, ab. Sie steht ohne Regenschirm da. Ihre Arme hat sie eng um ihren Körper geschlungen und ich sehe genau, wie sehr sie zittert. Ohne lange nachzudenken, gehe ich zu ihr und halte meinen großen Regenschirm, über uns beide. Sie wirft mir einen dankbaren Blick zu und schaut dann wieder auf das Grab. Wie gerne ich ihr, ihre Schmerzen jetzt nehmen würde...

True FeelingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt