Zitamun I - Der Clan der Ost-Wölfe

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Zitamun – Der Clan der Ost-Wölfe

Im Jahr 2163 erblickte der Erbe des mächtigsten Wolfclans der Wilderlande im schroffen Ostgebirge das Licht der Welt.

Der Ukleenry Zitamun war das zweite Kind des Clanführers Tamunka und sein erster und einziger Sohn. Über elf Generationen hinweg war das Rudel von Mitgliedern Tamunkas Familie angeführt worden und auf kaum etwas anderes war er so stolz. Von anderen Clans abgeschirmt zogen die etwa dreidutzend Ukleenry über die schroffen Felsen und begaben sich einzig und allein für die Findungszeremonien ihrer Töchter und Söhne in den Westen nach Tenorley.

Die Frage, wie man Teil des Rudels wurde war leicht beantwortet. Im Clan des Ostwölfe lebten alte Greise und junge Kinder, sie einte einzig, dass sie allesamt stets von vierbeinigen Jägern in dickem Wolfspelz begleitet wurden.

Tamunkas wölfische Begleiterin war pechschwarz, hieß Dea und war sein Spiegelbild in Tierform. Listig und klug, ein wenig kleiner als andere Wölfe und mit Sicherheit ungemein gefährlich, wenn es denn darauf ankam. Sie war seine Seelenbegleiterin und überstieg für ihn alles, sein Rudel, seine Frau Herria und seine Kinder.

In allem was er tat vertrat er die stolzen Traditionen, die für das jahundertelange Überleben seines Rudels gesorgt hatten. Kinder, die in den Clan geboren wurden, waren automatisch Teil der Gemeinschaft … vorrausgesetzt natürlich sie hatten Wolf-Kzu, aber das war der absolute Regelfall. Ukleenry von außerhalb mussten schwierige Aufnahmeprüfungen bestehen, um den Ostwölfen beizutreten. Manchmal, wenn kein hohes Clanmitglied in der Nähe war, flüsterten einige der moderner denkenden Ukleenry, dass wohl die wenigsten der in den Clan hinein geborenen Ostwölfe diese Prüfungen noch bestehen würden.

Alle fünf Jahre zog ein Teil des Rudels nach Tenorley, um alle neugewonnen jungen Mitglieder der Findungszeremonie zu unterziehen. So kamen alle fünf Jahre neue Wölfe mit zurück ins Revier des Clans und wurden offiziell Teil des Rudels.

Zitamun wurde kurz nach einer solchen Wanderung gen Tenorley geboren, weshalb es beinahe fünf Jahre dauerte, bis er selbst seinen Kzu kennenlernen würde. Seine ältere Schwester Kassa hingegen nahm kurz vor seiner Geburt an diesem Ritual teil. Zusammen mit anderen jungen Clankindern, ihrem Vater dem Rudelführer und einigen anderen älteren Ostwölfen wanderte sie nach Westen und kam mit Sheyla zurück. Einer silbergrauen Wölfin, die ebenso wild wie schön war.

Die Stadt war für Tamunka ein geradezu widerwärtiges Konzept. Ein Ort, an dem Wölfe in friedlicher Koexistenz mit Bären und Adlern lebten und jeder Ukleenry mit kleinerem Kzu ebensoviel Wert war, wie Ukleenry mit Raubtier-Kzu. Solch ein Ort schien unnatürlich, undenkbar. Das Rudel tat sein bestes, um diesen Ort außerhalb der Ritualzeiten zu meiden.

Und so verbrachte Zitamun fünf, beinahe sechs Jahre glücklich in Gesellschaft seines Rudels, seiner Wölfe, das ihn als potentiellen Erben durchaus zu schätzen wusste, auch wenn er hin und wieder etwas zurückgezogener und schüchterner war, als es seinem Vater vielleicht lieb gewesen wäre.

Ein kleiner Rotschopf, wie auch schon seine Mutter, und nicht besonders groß, womit er wohl seinem Vater nachkam. Sein größtes Idol und zugleich die Person, mit der er wohl am meisten Zeit verbrachte, war von frühster Stunde an seine Schwester Kassa,, furchtlos und ungezähmt und mit Sicherheit eine geborene Führungspersönlichkeit. Sie war für ihn das strahlende Gestirn, um das sich seine kleine Welt drehte. Sie brachte ihm bei wie man kämpfte, Feuer machte und an den schroffsten Felswänden entlang kletterte.

Sicherlich brachte der Sohn des mächtigen Clanoberhaupts Tamunka auch ganz eigene Fähigkeiten mit. Wie auch schon sein Vater vor ihm, war Zitamun seinen Altersgenossen im Rudel geistig deutlich überlegen. Außerdem konnte er trotz seiner kurzen Beine überraschend schnell rennen und bewegte sich im Geäst von Bäumen sogar noch flinker als auf dem Boden. Er war kein typischer Wolf, aber gerade das war es, was oft den Unterschied zwischen einfachem Wolf und Clanoberhaupt ausgemacht hatte. Sein Vater war ein lebender Beweis dafür. In seiner Jugend war Tamunka immer unterschätzt worden. Er war nicht groß oder muskelös, hielt sich eher im Schatten und blieb lieber unter denen, die er bereits kannte. Doch als sein Vorgänger, der Anführer Zerdak verstorben war, hatte er alle anderen potentiellen Nachfolger haushoch übertrumpfen können, denn er war gerissen und schlau. Zum ersten Mal riss jemand den Posten des Clanoberhauptes mit Rhethorik und Taktik an sich. Und innerhalb weniger Jahre brachte er die Ost-Wölfe zu dem, was sie heute waren. Gefürchtet und mächtig mit einem riesigen Revier und einem ungemeinen Andrang an jungen Wölfen, die gerne aufgenommen werden wollten. Tamunka hatte die Wölfe an die Spitze gebracht und alle erwarteten, dass sein Sohn, so unscheinbar er jetzt auch war, diese Tradition fortsetzen würden.

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