Eine Versammlung

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Die Gespräche mit Oberst Telsin dauerten bis in die Nacht hinein. Während wir von Telsins ältester Tochter in einen Nebenzimmer gebracht und mit trockenen Kleidern versorgt worden, sahen wir durch das Fenster, das zur Straße hinaus ging, immer wieder Männer und Frauen eintreten. Und als wir trocken und warm angezogen wieder auf den breiten Flur hinaus traten, wies uns lautes Stimmengewirr den Weg in einen großen, runden Esssaal, der voller Leute war. Bestimmt zwanzig Männer und Frauen drängten sich um einen großen, runden Holztisch und verstummten, als wir zögernd den Raum betraten. Nach einer kurzen und peinlichen Stille kam ein hochgewachsener Mann auf uns zu. Er hatte langes, dunkelbraunes Haar, welches er im Nacken zusammengebunden trug, hellgraue, beinahe gelbliche Augen und einen dichten aber gepflegten Bart. Er breitete die Arme aus: „Meine Gäste, kommt und setzt euch. Wahrscheinlich habt ihr Hunger. Meine Frau bringt euch gleich etwas. Unser Schmied Eldan berichtete mir, ihr hättet wichtige Nachrichten, zum Teil über Ausgestoßen außerhalb der verstoßenen Lande. Bitte verzeiht mir, dass wir euch jetzt hier so bedrängen müssen, allerdings lies ich den Dorfrat zusammen rufen. Solch dringliche Dinge möchte ich eigentlich nicht aufschieben. Natürlich nur, wenn ihr euch für eine solche Besprechung heute noch in der Lage fühlt.“

Ich war mir nicht sicher, ob ich in der Lage war, noch bis in die Nacht hinein über Ausgestoßene zu reden, doch natürlich lehnte ich nicht ab. Diese Menschen taten schließlich auch einiges für unser leibliches Wohl. Wir setzten uns und nachdem jeder von uns eine Schüssel Suppe gegessen hatte, begann Tukiyan zögernd zu sprechen.

„Wo soll ich Anfangen? Wir sind Händler auf der Durchreise. Unser Ziel ist Weyena, wir wollen dort zur großen Ratssitzung sein.“, ein Raunen ging durch die Zuhörer, als er Weyena erwähnte. „Wir waren in den letzten Jahren viel im Süden unterwegs und dort fanden wir Mina. Und hier beginnt die Problematik mit den Ausgestoßenen.“

„Was genau ist passiert?“, fragte ein Mann mit rötlich braunen Haaren.

Tukiyan nickte mir zu und ich strich mir nervös das Haar aus der Stirn. „Ich komme aus Septim. Das ist die östlichste Stadt der Feuermenschenstämme. An einem Abend haben wir die Ausgestoßenen am Horizont entdeckt. Es waren sehr, sehr viele. Soviele haben sich noch nie zuvor zusammen geschlossen. Sie wollten, dass wir ihnen die Stadt friedlich übergeben, doch wir haben abgelehnt und dann haben sie nachts angegriffen.“, ich stockte und schaute mich um. Alle Augen waren auf mich gerichtet. „Ich bin über eine Mauer geklettert und ins Umland geflohen und dort haben mich Tukiyan und die anderen gefunden. Ich weiß nicht, wer den Angriff überlebt hat, aber ich weiß, dass die Farakehner seit nun mehr als 3 Jahren über die Stadt herrschen. Allerdings haben sich auch keine Anstalten gemacht, die anderen Städte zu erobern.“

Oberst Telsin nickte. „Glück im Unglück. Es ist kein gutes Zeichen, wenn sich so viele Farakehner zusammen schließen. Ich denke ihr habt Glück. Wir werden einen Boten nach Weyena schicken. Damals, als sie die verstoßenen Lande festgelegt haben, wurden wir übergangen. Doch nun müssen sie uns anhören. Die Ausgestoßenen werden zu gefährlich. So werdet ihr auf eurer Reise auch einen Führer haben.“

Ich nickte bloß. Wenn wir durch ein eingeschneites Moor wandern wollten, war es tatsächlich besser, ein wenig Hilfe von einem Moormenschen zu bekommen.

Telsin seufzte. „Wer reist nach Weyena?“, fragte er in die Runde.

Es dauerte lange, bis sich jemand meldete. „Ich.“, das kam von dem Schmied, Eldan.

„Ich danke euch Eldan.“, Telsin neigte den Kopf und wandte sich dann an uns. „Ich bitte euch, erzählt uns genaueres über die Ausgestoßenen. Welche Waffen hatten sie, wie viele waren es.“

Und seufzend begann ich zu berichten.

DrachenmädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt