Kapitel 8

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Ali und ich verbrachten den ganzen Tag zusammen. Wir gingen shoppen, aßen Pizza und chillten später im Park. Irgendwann war es abends und es wurde schon langsam dunkel. Ich musste nach Hause gehen, sonst würde meine Mutter komplett durchdrehen. Sie hatte schon zwei Mal angerufen, aber ich bin extra nicht drangegangen.
Wir liefen also wieder bach Hause und ich verabschiedete mich von Alice, bevor ich weiter nach Hause lief.
Zu Hause angekommen, legte ich meine Shoppingtüten neben der Treppe auf den Boden.
"Hallo?" Keine Antwort.
"Dad?" Noch immer nichts. Ich ging ins Wohnzimmer. Es brennte nur eine kleine Lampe in der Ecke. Ich schaute mich um und sah, dass die Außenbeleuchtung im Garten an war.
Ich ging zu der Terassentür und hörte Stimmen.
Ich machte sie auf und ging hinaus. Jetzt konnte ich sie sehen.
Mom, Dad, Mel und Sam saßen am Tisch. Jeder hatte ein Weinglas und sie spielten Monopoly. Sie hatten Spaß und lachten. Das verging allerdings sofort, als sie mich sahen.

"Wo zum Teufel warst du?", fragte Mom.
"Bei Alice."
"Du solltest spätestens heute Mittag zurück sein. Samuel ist zu Besuch und da muss die ganze Familie da sein. Du bist sehr unhöflich, Anabelle. Du hast Hausarrest. Für die nächsten drei Wochen!"
"Mom?!"
"Nein, ich will nichts hören! Es reicht mir mit dir!"
"Das kannst du nicht machen!"
"Und ob ich das kann!"
"Es dreht sich nicht immer alles um Mel! Ich habe mein eigenes Leben und ich wollte Zeit mit Alice verbringen. Nur weil Sam hier ist, heißt das nicht, dass ich auch hier sein muss! Er ist Mels Freund und nicht meiner! Ich muss nicht für seine Unterhaltung sorgen! Ich habe doch gar nichts mit ihm zu tun! Ich kenne ihn erst seit letzter Woche! Er ist ein Fremder für mich! Warum soll ich meine Zeit mit einem Fremden verschwenden, wenn ich sie mit meiner besten Freundin, meiner anderen Hälfte, die ich seit vierzehn Jahren kenne, verbringen kann?"
Meine Mutter war knallrot vor Wut und Sam sah verletzt aus, als er meine Worte hörte. Ich meinte es nicht so. Sam war cool, aber ich brauchte einfach Abstand von meiner ganzen Familie. Er war Melanies Freund. Warum sollte ich hier sein, wenn er zu Besuch war? Ich verstand es einfach nicht.

"Du hast dir soeben drei weitere Wochen eingebrockt! Es ist einfach unglaublich, wie frech und unhöflich du bist! Melanie ist deine Schwester. Du solltest sie in allem unterstützen und für sie da sein und alles was du tust, ist mit Alice Zeit zu verbringen. Sie ist kein guter Umgang für dich!"
"Mom!", warnte ich sie. Ich wollte nicht, dass sie schon wieder mit diesem Thema anfing.
"Es reicht, Anabelle. Ich möchte nicht, dass du dich weiter mit ihr triffst!"
"Nur weil sie bisexuell ist?! Ist das dein Ernst, Mom? Wie kann man so intolerant sein? Sie ist meine einzige Freundin! Außer ihr habe ich niemanden!"
"Ich habe oft genug gesehen, wie sie dich ansieht! Sie ist in dich verliebt, Anabelle! Das kann nicht gut gehen. Meine Tochter wird nicht mit einem Mädchen zusammen sein! Ich will nicht, dass du verletzt wirst und ich dulde es nicht, dass meine Tochter mit solchen Menschen verkehrt! Hinterher wirst du auch noch lesbisch."
"Erstens ist sie überhaupt nicht in mich verliebt. Wir sind beste Freundinnen und zweitens ist sie bisexuell! Das bedeutet, sie steht auch auf Kerle und ich habe dir schon oft genug gesagt, dass sie schon zwei Beziehungen hatte. Beide mit Jungs!", schrie ich meine Mutter zurück an, "Aber weißt du was? Vielleicht sollte ich auch bisexuell werden und was mit ihr anfangen. Allein, um dich zu ärgern. Und ich liebe sie. Freundschaftlich. Aber wer weiß, vielleicht tue ich es demnächst auch auf romantische Weise! Man soll ja schließlich seinen Horizont erweitern.", sagte ich zwinkernd und drehte mich um.
Ich wollte gehen, aber meine Mutter sagte noch: "Anabelle, das ist wahrscheinlich der Grund, warum du noch keinen Freund hast! Melanie hatte in deinem Alter schon Beziehungen. Es ist eine Schande, dass so ein hübsches Mädchen wie du noch keinen Freund hat. Aber wahrscheinlich liegt es genau daran. Alice schreckt sie alle ab, weil ihr beide Außenstehenden vermittelt, ihr wärt ein Paar. Du wirst die nächsten sechs Wochen zu Hause verbringen und ich und du werden shoppen gehen und dich ein bisschen umstylen und dann werden wir dir einen Freund suchen! Es reicht mir!"
Wie konnte sie nur?
"Ich helfe gerne dabei!", sagte Mel mit einem Grinsen im Gesicht.
Ich warf ihr einen bösen Blick zu.
Wie konnte meine eigene Familie mich so wenig tolerieren?
"Das kannst du vergessen, Mom. Ich werde mich nicht für euch ändern. Ich habe mich lange genug von euch unterdrücken lassen und muss mir trotzdem immer wieder anhören, wie schrecklich ich aussehe. Ich finde meine Haare toll, ich finde mein Piercing toll, ich finde mein Tattoo toll und ich finde meine Klamotten toll. Warum könnt ihr das nicht einfach akzeptieren?"
Eine Träne rollte meine Wange hinunter. Ich schaute zu meinem Dad in der Hoffnung, er würde sich für mich einsetzen, aber es kam nichts. Er schaute nur auf den Boden.
Ich schüttelte meinen Kopf und ging ins Haus.

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Es war Montag. Gott sei Dank war das Wochenende vorbei. Mel und Sam waren gestern abgehauen. Seit dem Vorfall Samstagabend habe ich mich in meinem Zimmer verkrochen und nicht wirklich mit meiner Familie geredet. Wenn ich Hunger hatte, bin ich in die Küche, habe mir ein Sandwich gemacht und es in meinem Zimmer gegessen. Auf das gemeinsame Essen mit meiner Familie hatte ich verzichtet. Zum Glück hatten sie mich weitestgehend in Ruhe gelassen.

Ich hatte schlechte Laune und lief mit gesenktem Kopf durch die Schulkorridore. Al hatte den ganzen Morgen versucht, mich aufzumuntern, aber es half nicht.
Ich machte Halt vor dem Biologieraum. Hatte ich wirklich Lust auf Biologie? Es war eines meiner Lieblingsfächer, aber aus irgendeinem Grund hatte ich heute wirklich keine Lust darauf. Ich ging trotzdem hinein und wusste sofort, warum ich keine Lust auf Bio hatte.
Nils. Er saß an unserem Tisch und schaute hinunter auf sein Buch. Er machte irgendwelche Notizen. Er sah aus wie immer, als wäre nichts passiert.
Ich schleppte mich zu dem Tisch und setzte mich. Nils schaute auf.
"Hey."
Ich ignorierte ihn. Er verlagerte seinen Körper zu mir und räusperte sich.
"Hör zu Ana. Das mit Freitag tut mir so unendlich leid. Ich war einfach so zugedröhnt mit Alkohol und wusste echt gar nicht mehr, was ich tat. Ehrlich gesagt, erinnere ich mich nicht mehr an viel, aber ich weiß, dass ich dich festgehalten, geküsst und begrabscht habe und es tut mir unendlich leid. Ich bin normalerweise überhaupt nicht so und ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Das war nicht ich am Freitag. Das war irgendein betrunkener Arsch. Es tut mir so leid. Bitte verzeih mir. Ich werde so etwas nie wieder machen. Nicht bei dir und bei sonst niemandem. Versprochen. Ich habe so etwas auch noch nie vorher getan. Bitte Ana, es tut mir leid."
Ich ignorierte ihn noch immer.
"Ana, sag doch etwas. Bitte.", flehte er mich an.
"Fick dich, Nils!" Damit nahm ich meine Sachen, stand auf und ging hinaus. Nein, heute würde ich mir nicht Bio geben.

Love Triangle-Verliebt in den Freund meiner SchwesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt