Kapitel 19

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"Ana?"
"Hm?", antwortete ich verschlafen.
"Wir sind da. Du musst aufwachen.", sagte Sam kichernd.
Ich öffnete meine Augen. Sein Arm war noch immer um mich geschlungen und meine Hände ruhten noch immer auf seinem Arm. Mein Kopf lehnte an seiner Brust bzw. mein ganzer Oberkörper war an seinem Oberkörper angelehnt. Seine Lippen waren einige Zentimeter von meinem Ohr entfernt.
Ich blinzelte einige Male bis ich in der Realität ankam.
Ich gähnte. Ich nahm meine Hände von Sams Arm und streckte mich. Ich wollte mich bewegen, aber bemerkte, dass er seinen Arm noch immer fest um mich hatte.
"Du kannst jetzt loslassen.", sagte ich lachend, "Sonst komme ich ja gar nicht herunter."
Er lachte verlegen: "Oh, ja! Entschuldigung." Er löste seinen Arm von mir und stieg vom Pferd ab. Dann packte er mich an den Hüften und half mir vorsichtige herunter. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt und tief in mir spürte ich das kleinste Bedürfnis, ihn zu küssen.
Mein Herz hämmerte wie wild in meiner Brust. Wir starrten uns an und keiner sagte etwas.
"Äh- danke!", sagte ich.
Sam nickte. Ich löste meine Arme von seinem Nacken und signalisierte ihm, dass wir uns voneinander lösen sollten.

Er machte einen Schritt zurück.
Er wendete sich dem Pferd zu und begann, das Geschirr abzunehmen. Ich stand neben einer Box und schaute ihm zu.
Nach einigen Minuten drehte er sich um: "Du musst nicht hier auf mich warten. Dir geht es nicht gut, geh dich lieber hinlegen. Oder warte auf mich. Ich binde das Pferd eben an und dann bring ich dich in dein Zimmer, nicht, dass du mir hinterher noch umkippst oder so.", sagte er lachend.
"Nein. Es ist alles gut. Ich warte so lange."
"Kommt gar nicht in Frage."
Er band das Pferd an und ich verdrehte die Augen.
Dann wendete er sich mir zu und nahm meine Hand. Er ging mit mir über den großen Hof und wir kamen nach einigen Minuten im Garten an. Er lief mit mir um das Haus und nahm einen Seiteneingang.
Wir liefen durch einige Flure und kamen schließlich an meinem Zimmer an.
Er machte die Tür auf und ging mit mir hinein. Ich setzte mich auf's Bett und er zog meine Schuhe aus.
"Ich bin nicht sterbenskrank. Das kriege ich schon hin.", sagte ich lachend.
Er schüttelte den Kopf.

Dann schaute er mich an. Er war so wunderschön. Ich betrachtete seine schönen, braunen Augen und merkte kaum, dass er immer näher rückte bis er nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt war. Seine Lippen schwebten über meinen. Es fehlten wenige Millimeter. Ich schaute auf seine Lippen, dann in seine Augen. Seine Hände wanderten zu meinen Hüften. Ich schluckte und die Realität holte mich plötzlich ein. Gott sei Dank. Was taten wir hier? Er war der Freund meiner Schwester! Ich war so eine billige Bitch!
Ich zog mein Gesicht schnell weg und räusperte mich.
"Danke für alles." Ich konnte ihm nicht in die Augen schauen. Ich fühlte mich widerlich.

Sam dreht mein Gesicht zu sich. "Gerne. Alles für dich." Er lehnte sich nach vorne und ich erstarrte. Er kam immer näher, aber seine Lippen berührten nicht meine, sondern wanderten zu meiner Wange. Ich schloss die Augen und genoss den Moment. Er hatte mich heute zum zweiten Mal geküsst.
Dann zog er sein Gesicht weg. Seine Hände ruhten noch immer auf meinen Hüften. Er drückte sie ganz leicht und stand schließlich auf. Ohne ein weiteres Wort ging er aus dem Zimmer.
Ich war alleine.
Verwirrt. Glücklich. Traurig. Angeekelt von mir selbst. Verloren.
Ich atmete tief ein und aus. Dann legte ich mich hin und wurde vom Schlaf überkommen.

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"Ana, mein Schatz?"
Ich machte die Augen auf und sah, dass Dad neben mir saß.
Er lächelte mich an. "Wie geht es dir?"
"Ganz gut."
"Das freut mich. Sam hat uns gesagt, dass er dich nach Hause gebracht hat und du dich hingelegt hast. Er schaut nachher noch mal nach dir und checkt, ob alles in Ordnung ist."
Sam. Allein nur bei der Erwähnung seines Namens wurde mir warm ums Herz und mein Magen drehte sich wie ein Looping.
"Okay."
Dad küsste meine Stirn. "Schlaf weiter. Wir werden ohne dich essen, wenn du dich noch nicht so gut fühlst."
Ich nickte und Dad verschwand.

Ich wollte wieder schlafen, aber es ging nicht. Ich war hellwach. Trotzdem ging ich nicht hinunter zum Essen. Ich fühlte mich noch etwas schwach.
Ich starrte die Decke an bis irgendwann die Tür aufging. Ich schaute von der Decke zur Tür. Sam kam herein und schloss die Tür hinter sich. Er blieb bei der Tür stehen und lächelte mich an.
Ich gab ihm ein schwaches Lächeln zurück.
"Wie geht es dir?"
"Gut."
"Wirklich?"
"Wirklich."
Er kam auf mich zu und setzte sich auf die Bettkante neben mich. Er legte seine Hand auf meine und drückte sie.
"Ich habe mir wirklich Sorgen um dich gemacht. Ich bin froh, dass es dir gut geht."

Sam checkte mich einmal durch, um zu sehen, ob ich ins Krankenhaus musste. Zum Glück hatte ich nicht viel abbekommen. Er gab mir Tabletten gegen meine Kopfschmerzen und den Schwindel. Dann schaute er sich meinen Rücken an und trug eine Salbe auf die blauen Flecken auf. Seine Berührung ließ mich erfrieren. Es fühlte sich so gut an, aber es war falsch, so zu denken. Ich versuchte, meine Gedanken von ihm wegzulenken, was wirklich schwierig war.

Ich war noch nie zuvor verliebt, aber ich stellte es mir immer schön vor. Dass es aber so eine Qual sein kann, hätte ich nicht gedacht.
Als Sam fertig war, drückte er mich noch einmal und wünschte mir gute Besserung.
Dann machte er sich auf den Weg zur Tür, blieb aber vor ihr stehen.
"Und lass dich nicht von Ethan beeinflussen. Er spielt gerne mit Mädchen. Du bist zu schade dafür."
"Was?", fragte ich lachend.
"Er will dich beeindrucken, indem er dich volllabert und dir mit den Pferden hilft oder dir den Weg im Haus zeigt, aber wenn er dich einmal hatte, lässt er dich links liegen. Ich liebe meinen Bruder, aber was Frauen angeht, ist er echt ein Arsch." Sam sah sehr ernst aus.
"Wie kommst du auf die Idee, er würde mich mögen?", fragte ich verwundert.
"Ach komm schon, er legt seinen Arm um deine Schulter, er redet die ganze Zeit mit dir, er hilft dir auf das Pferd hoch."
Ich schaute ihn verwirrt an.
"Das machst du doch aber auch." Oh man, das hätte ich nicht sagen dürfen. Ich merkte sofort, wie Sams Augen blitzten.
Er schaute mich nur an. "Ja. -" Er wollte noch etwas sagen, schüttelte aber seinen Kopf und lachte vor sich hin. Dann ging er aus dem Raum.

Love Triangle-Verliebt in den Freund meiner SchwesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt