Kapitel 37

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"Oh mein Gott. Sam steht total auf dich!"
"Meinst du?"
"Ja, aber sowas von!"
"Ich weiß nicht."
"Er konnte kaum die Finger von dir lassen. Und du hättest mal sehen müssen, wie er dich die ganze Zeit angesehen hat! Ich sag's dir. Er steht auf dich."
Ich schaute in den Spiegel. Wie konnte so ein atemberaubender Mensch auf so einen langweiligen Menschen stehen? Es wollte einfach nicht in meinen Kopf hinein.
Ich trocknete meine Haare weiter und legte das Handtuch zur Seite.
Alice nahm die Haarbürste, die auf meinem Schminktisch lag und stellte sich hinter mich. Sie fing an, meine Haare zu bürsten und summte eine Melodie, die ich nicht erkennen konnte. Ich schloss die Augen und genoss das Gefühl der Bürste in meinen Haaren.
Nach einiger Zeit nahm Alice noch den Föhn in ihre Hand und begann, meine Haare trocken zu föhnen.
Ich öffnete wieder meine Augen und sah ihr mit einem Schmunzeln zu.
Es war wirklich schön, sie bei einer ihrer liebsten Dinge zu beobachten.
Al liebte Haare und nutzte jede Gelegenheit, sie zu stylen. Ich war wirklich überzeugt davon, dass sie es eines Tages schaffen würde, ihren Traum zu erfüllen und einen eigenen Salon in Brooklyn zu eröffnen.

Nachdem Al fertig war und ihre eigenen Haare föhnte, gingen wir ins Wohnzimmer, um einen Film zu sehen. Es war ein anstrengender, aber zugleich auch schöner Tag am See.
Sam war unter der Dusche und hatte uns beiden versprochen, zu kochen sobald wir zu Hause sind.
Ich ging in die Küche und machte Popcorn während Alice einen Film bei Netflix raussuchte.
Ich schaute dem Popcorn zu als ich plötzlich spürte, wie sich zwei starke Arme um mich schlungen. Zugleich stieg mir ein wunderbarer Duft von einem Aftershave in die Nase. Ich lächelte vor mich hin und lehnte meinen Kopf zurück.
"Danke, dass ich heute mitdurfte."
"Aber selbstverständlich."
Sam küsste meinen Nacken und drückte mich noch einmal fester. Ich drehte mich in seinen Armen und legte meine Arme um seinen Hals. Er hatte wunderschöne braune Augen, die mich magisch anzogen. Sobald ich in seine Augen schaute, vergaß ich den Rest der Welt.
Ich weiß nicht, was mich überkam, aber plötzlich verspürte ich den starken Drang, Sam zu küssen.
Ich versuchte, zu widerstehen, aber seine Lippen sahen einfach zu einladend aus.
Ich stellte mich auf meine Zehenspitzen und presste meine Lippen auf seine. Er küsste sofort zurück und sofort spürte ich wieder dieses Gefühl von Geborgenheit, das ich immer in seiner Nähe spürte.

Das Geräusch von Luftschnappen sowie eine zersplitternde Schüssel ließen uns aufschrecken.
Wir sprangen voneinander weg und sahen in die Richtung, aus der die Geräusche kamen.
Alice stand in der Tür mit weit aufgerissenen Augen. Sie hielt sich die Hände vor den Mund und stand wie angewurzelt da.
Ich wollte etwas sagen, aber nichts kam aus meinem Mund.
Sam machte einen Schritt auf Al zu und wollte gerade etwas sagen als sie sich umdrehte und wegrannte.
Er lief ihr hinterher, aber kam nach einigen Minuten wieder zurück und schüttelte nur den Kopf - er hatte sie nicht mehr eingeholt.

Was würde sie nun von mir denken? Dass ich eine hinterhältige Mistkuh bin, die ihrer Schwester den Freund ausspannt? Dass ich ein gefühlsloses, herzloses Stück bin?
Ich wusste es nicht, und ich war mir auch nicht sicher, ob ich es wirklich wissen wollte.

Seit sie verschwunden war, saß ich weinend auf der Couch und Sam hatte versucht, mich zu beruhigen - erfolglos.
Ich war total aufgebracht. Alice war meine beste Freundin. Ich erzählte ihr alles, aber diese eine Sache, die größte Sache, die mich bisher je in meinem Leben betroffen hat, hatte ich ihr nicht erzählt. Sie hatte es selbst herausgefunden. Auf eine ziemlich blöde Art und Weise. Sie musste wahrscheinlich total verstört sein nach diesem Bild. Man sah schließlich nicht alle Tage wie die beste Freundin mit dem Freund ihrer Schwester rumknutscht.
Aber zuvor hatte sie noch gesagt, wie sehr Sam angeblich auf mich stand. War es also verwunderlich, dass sie uns beim Küssen erwischt hatte?
Ich hatte keine Ahnung. Eins wusste ich aber: mein Kopf würde gleich platzen, wenn ich nicht eine Tablette einnehmen würde.

"H-haben wir Aspirin?"
Sam drehte sofort sein Gesicht zu mir.
"Ich weiß es nicht, aber ich gehe sofort für dich schauen. Wo ist denn euer Medizinschrank?"
"I-in der Küche. Der Schra-ank ganz links."
Er nickte und stand sofort auf. Ich hörte, wie er kramte und einige Sekunden später stand er mit einer Tablette und Wasser wieder vor mir.
Ich nahm die Tablette und schluckte sie mit etwas Wasser hinunter.
"Komm her.", sagte Sam und streckte mir seine Arme entgegen. Ich streckte meine Arme ebenfalls aus, sodass ich sie um seinen Hals schlingen konnte. Er bückte sich etwas vor und hob mich hoch. Dann trug er mich in mein Zimmer, legte mich auf mein Bett, nahm die Decke und legte sie über mich. Er schloss die Tür, legte sich neben mich und nahm mich in den Arm. Ich kuschelte mich an ihn und schloss die Augen.
Er fing an, ,,Death of a Bachelor" zu singen und strich über mein Haar.
Dann merkte ich nur noch wie ich einschlief.

Ein schriller Schrei weckte mich. Ich schrak auf und sah wie Melanie entsetzt in meiner Zimmertür stand und Sam und mich betrachtete. Aus Entsetzen wurde innerhalb weniger Sekunden Wut.
Ich schaute schnell zu Sam rüber, der total verschlafen zu Melanie guckte. Dann guckte er zu mir und dann wieder zu Melanie. Plötzlich wurde ihm klar, in welcher Situation wir uns befanden und jegliche Farbe wich aus seinem Gesicht.
Er wollte gerade etwas sagen als mein Wecker klingelte. Ich schaute ihn verdutzt an und plötzlich erwachte ich.
Es war nur ein Traum!
Ich setzte mich aufrecht und machte meinen Wecker aus. Ich war schweißgebadet und atmete schwer. Es war alles nur ein Traum!
Ich schaute nach rechts und niemand lag da.
Aber Sam hatte sich doch gestern zu mir gelegt und mich in den Schlaf gesungen?
Ich war mir sicher, dass dieser Teil leider kein Traum war. Alice hatte uns erwischt, aber Gott sei Dank nicht meine Schwester.

Ich stand auf und begann mein allmorgendliches Ritual. Nach einer Stunde war ich komplett fertig und wagte mich hinunter in die Küche.
Mom, Dad, Melanie und Sam saßen am Tisch und frühstückten.
Sam wirkte ausgelassen und war gut drauf. Er erzählte gerade irgendeine Geschichte und alle lachten.
Ich ging langsam in die Küche hinein. Meine Mom sah mich und fragte sofort: "Geht es dir schon besser? Sam hat uns gestern Abend erzählt, dass es dir nicht so gut ging und du dich recht früh schlafen gelegt hast."
Ich schaute rüber zu Sam, der mich anlächelte.
Sofort ging mein Herz auf. Ich schaute wieder zu meiner Mutter und nickte.
Ein Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit und sie gestikulierte, dass ich mich setzen solle. Ich setzte mich neben Dad, denn das war der einzig freie Platz. Somit saß ich Sam direkt gegenüber.
Ich spürte sofort seine Augen auf mir, das blieb so das ganze Frühstück lang.

"Alice bitte geh ran. Wir müssen unbedingt sprechen. Tu mir das nicht an, ich will dir zumindest eine Erklärung geben."
Ich sprach mittlerweile das fünfte Mal auf Alice Mailbox, aber sie ignorierte mich weiterhin.
Ich konnte sie verstehen, aber war es nicht langsam genug?

Love Triangle-Verliebt in den Freund meiner SchwesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt