Kapitel 54

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„Gehst du wohl darein?!", sagte ich genervt zu meiner Formelsammlung. Ich hatte gerade zwei Stunden Mathe hinter mir und versuchte, meine Sachen in meinen Spint zu stopfen, um mir schnell einen Schokoriegel aus dem Automaten zu holen und in den Spanischunterricht zu flitzen. Ich hatte heute morgen verschlafen, weil ich gestern ein Mittagsschläfchen gehalten habe, dann die halbe Nacht wach war und schließlich gegen 4 Uhr morgens wieder eingeschlafen bin. Dadurch hatte ich meinen Wecker überhört und bin erst 15 Minuten vor Schulbeginn aufgewacht. Meine Eltern waren beide nicht mehr zu Hause. Ich hatte also keine Zeit zu frühstücken und musste sogar den größten Teil des Schulwegs joggen. Was eine Freude! Das war das Meiste an Sport was ich fad ganze Jahr über getrieben hatte.
Ich drückte noch etwas fester und stellte fest, dass sich die Tür endlich schließen ließ. „Puh!"
Ich fischte schnell einen Dollar aus meiner Hosentasche und lief zu einem Automaten. Ich schob den Dollar hinein und drückte die Zwölf. Der Automat gab Geräusche von sich und der Riegel kippte um, blieb jedoch stecken. Ich haute leicht auf den Autimaten, es half jedoch nichts. Dann schüttelte ich ihn etwas, so gut es eben ging, einen zwei Meter mal 1,5 Meter automaten zu schütteln. Nichts tat sich. Na toll! Der Tag wurde ja immer besser. Ich wollte gerade gehen, als jemand von hinten kam und auf den Automaten schlug. Der Riegel wurde dadurch bewegt und fiel hinunter. Ich drehte mich um und blickte Nils in die Augen.

„Wir sollten zu Spanisch gehen.", sagte er.
Ich verdrehte die Augen. „Hast du nicht jemand anderes, mit dem du dorthin gehen kannst?" Ich drehte mich zum Automaten und fischte den Riegel heraus. Als ich ihn gerade geöffnet und in meinen Mund geschoben hatte, stellte Nils sich vor mir. Ich hatte mich Samstag nicht mehr mit ihm getroffen. Nachdem Sam und ich uns so nahe gekommen waren, fühlte ich mich irgendwie schuldig und hatte Nils geschrieben, dass es mir nicht gut gehe.

„Was?", fragte ich genervt als er vor mir stand. Ich versuchte, ihm aus dem Weg zu gehen, aber er stellte sich erneut vor mich.
„Du hast mich den ganzen Tag gestern ignoriert.", sprach er das bereits Bekannte aus.
„Mir ging's halt nicht gut.", sagt ich seufzend.
„Ich glaube dir nicht."
„Wieso?"
„Weil", fing er an, „du mir gesagt hast, dass es dir gut geht und wir uns treffen und aus dem Nichts geht es dir plötzlich schlecht und du antwortest auf keine meiner Nachrichten, obwohl du sie gelesen hast?", endete er mit einer Frage.
„Guck, es ist schon spät. Wir müssen in den Unterricht. Können wir das später besprechen?", fragte ich und wich seiner Aussage.
Er schüttelte den Kopf. „Ich will das Hier und Jetzt klären. Also sag mir, was los ist."
Ich seufzte. „Ich bin einfach genervt, weil du mich Freitagabend links liegen lassen hast."
Er schaute verwundert.
Ich hab dich links liegen lassen? Ich glaube, das war wohl eher andersherum. Ich bin nur kurz weggegangen und als ich wiederkam, warst du plötzlich weg. Ich habe das gesamte Haus nach dir abgesucht und dich nirgendswo gefunden. Ich habe so viele Leute gefragt, ob sie dich gesehen haben, aber niemand hatte eine Ahnung, wo du steckst. Was blieb mir denn anderes übrig, als einfach weiterzufeiern? Ich war sowieso total breit und habe die Hälfte nicht mitbekommen. Ich dachte, du wirst schon wieder auftauchen."
Ich wusste nicht, ob ich ihn das glauben sollte oder nicht. Es klang irgendwie plausibel, aber andererseits war ich trotzdem noch genervt.
„Wo warst du?", fragte er mich dann.
Ich konnte ihm wohl schlecht sagen, dass ich die Nacht beim Freund meiner Schwester verbracht hatte, also sagte ich: „Ich bin nach Hause gegangen. Mir ging es nicht gut und da bin ich gegangen. Es tut mir leid, anscheinend war ich selbst ziemlich betrunken, sonst hätte ich dir natürlich Bescheid gegeben."
„Ich glaube, es gab einfach ein riesen Missverständnis.", sagte Nils, „alles wieder gut?" Er hielt mir seine Hand entgegen, damit ich einschlagen konnte.
Ich konnte seinem Hundeblick nicht wiederstehen, nickte und schlug ein. Dann unarmten wir uns und machten uns auf den Weg in den Unterricht.

Wir waren über zehn Minuten zu spät. Miss Torres war nicht gerade begeistert und ließ uns nachsitzen. Der Tag wurde immer besser und besser. Ich versuchte irgendwie, den Tag zu überstehen, ohne mental durchzudrehen - eine wirklich harte Aufabe für einen 16-jährigen Teenager im Gefühlschaos.
Es war endlich so weit - Nils und ich mussten nachsitzen.
Wir trafen uns vor dem Klassenraum von Mr. Peters, ein Mittvierzieger Literaturlehrer, der nicht unbedingt beliebt war bei den Schülern. Manche sagten sich, er hätte einige Schülerinnen belästigt, andere fanden ihn einfach unhöflich. Fakt war, es gab durchaus beliebtere Lehrer.

Love Triangle-Verliebt in den Freund meiner SchwesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt