Kapitel 1: Lucia

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Lucia (p.o.v)

Die Nacht war kalt und dunkel.
Den ganzen Tag waren die Dorfbewohner durch die engen Straßen gelaufen und hatten ihre Aufgaben erledigt. Jetzt war alles still.
Lucia starrte aus dem Fenster in den schwarzen Himmel. Nicht einmal der Mond war zu sehen.
"Lucia, Schatz machst du das Fenster zu bitte" sagte ihre Mutter.
"Ja Mutter" antwortete Lucia gehorsam und schloss die alten Holzklappen die das Fenster ausmachten.
Ihre Mutter war schlau und wusste natürlich sofort was Lucia gedacht hatte, doch das war ihr egal. Jeder im Dorf wusste von ihrer Vorliebe für Werwölfe.
"Hast du noch Hunger mein Engel?" Fragte ihre Mutter die gerade über dem kochenden Topf über dem offenen Feuer stand.
"Nein danke ich bin satt" entgegnete Lucia.
Ihre Mutter zuckte nur mit den Schultern und rührte weiter in der brodelnden Suppe herum. Den Rest würde sie ihren Patienten geben die im Nebenhaus schliefen.
Lucia betrachtete ihre Mutter. Sie war so wunderschön mit ihren dunklen Haaren und braunen Augen. Im Gegensatz zu ihren Eltern die beide dunkles Haar besaßen, hatte Lucia blonde Haare und blaue Augen.
"Schatz ist alles in Ordnung?" Fragte ihre Mutter besorgt.
Damit riss sie Lucia aus ihren Gedanken und brachte sie in die normale Welt zurück.
"Nein mir geht's gut ich bin einfach nur müde ich geh ins Bett" entgegnete Lucia und gab ihrer Mutter schnell einen Kuss auf die Wange bevor sie widersprechen konnte.
Mit hastigen Schritten lief sie die alte Treppe hinauf in ihr Zimmer. Die Dielen knarzten unter ihrem Gewicht. In ihrem Zimmer angekommen schloss sie die Tür, verriegelte sie und atmete erleichtert aus.
Eigentlich war sie gar nicht müde sondern wollte einfach nur ein bisschen allein mit ihren Gedanken sein. Lucia ging durch ihr Zimmer das genauso wie der Rest des Hauses spärlich eingerichtet war und öffnete die riesige Klappe im Dach. Die Wolken am Himmel waren verschwunden und der Mond schien in ihr Zimmer und erhellte den ganzen Raum.
Dieses Fenster zeigte direkt Richtung Wald und bat einen wunderschönen Ausblick auf die Landschaft. Hinter der locker drei Meter hohen Stadtmauer lag der Wald. Seine Bäume hatten schon längst die Blätter verloren und der Boden war mit kniehohem Schnee bedeckt. Die kahlen Äste wehten in der kalten Winterbrise und ähnelten den kleinen Holzpuppen des Puppenmachers. Diese Aussicht würde Lucia immer wieder den Atem rauben.
Im Sommer war es nicht mal halb so schön.
Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen drehte sie sich um und ging zu ihrem Bett an der gegenüberliegenden Wand. Vor dem Bett blieb sie stehen und sah auf das Gemälde, dass über ihrem Bett hing. Es zeigte ein Mädchen in einem langen Blauen Umhang, die Kapuze weit ins Gesicht gezogen. Sie saß auf einer Schneebedeckten Wiese im hellen Sonnenschein, ihr Blick gesenkt auf den glitzernden Schnee.
In der Mitte teilte sich das Gemälde.
Sonne wurde zu Mond, Tag wurde zu Nacht und die Winterwiese wurde zum düsteren Wald. Auf dieser Seite stand ein schwarzer Werwolf. Sein Blick auf den Schnee gesenkt stand er in der eisigen Nacht.
Lucia war sehr stolz auf dieses Gemälde, denn sie hatte es selbst mit dem Pinsel auf die Leinwand gebracht. Es sollte Unterschied und Gleichheit von Mensch und Werwolf zeigen und sie selbst fand, dass sie das gut hinbekommen hatte.
Zufrieden und müde schnürte sie ihr grünes Alltagskleid auf und ließ es zu Boden gleiten. Darunter trug sie wie gewöhnlich ihr weißes Unterkleid, dass sie nicht wirklich vor der Kälte der nächtlichen Brise schützte.
Schnell kroch sie unter die dünne Decke und kuschelte sich ein. Es dauerte lange bis Lucias Körperwärme die Decke aufwärmte und die offene Dachklappe half dabei nicht wirklich. Doch wenn Lucia eins hasste, dann war es ohne die Klänge der Nacht einzuschlafen.
Sie bereitete sich darauf vor ein Werwolf zu werden. Schon dachte sie an das Leben als Werwolf.
Bei Vollmond durch den Wald rennen, den kalten Schnee unter den Pfoten und den frischen Wind im Gesicht spüren.
Mit diesen Gedanken fiel sie in einen tiefen Schlaf, während sie in der Stille der Nacht dem traurigen Lied eines einsamen Wolfes lauschte.

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