Werwolfsblut

Kapitel 7: Geschlafen

Fenris (p.o.v)

Die Sonne ging gerade unter.
Fenris hatte sich schon am frühen Morgen in seinen Wolf verwandelt, da er so frustriert war.
Den ganzen Tag hatte er nur an diese Lucia gedacht, die sich in der Nacht zuvor zwischen ihn und seine Beute gestellt hatte. Dieses WEIB hätte den TOT verdient. Wieso hatte er sie nicht einfach geköpft?
Frustriert stapfte er durch den tiefen Schnee und achtete nicht einmal darauf ob er Spuren hinterließ. Diese Frau wollte ihm einfach nicht aus dem Kopf gehen.
Diese eisblauen Augen die direkt in seine Seele zu blicken schienen, goldene, fließende Haare die ihr so perfektes Gesicht umrahmten und die unglaublich vollen Lippen.
Sie war so perfekt.
Warte... Was dachte er denn da?
Dieses Weib hatte sich zwischen ihn und seine Beute gestellt und ihn auch noch dazu gebracht Mitleid für die Dorfbewohner zu empfinden.
Mit einem wütenden Blick Richtung Berge, bemerkte er, dass die Sonne schon untergegangen war und rannte los. Diesmal sanken seine Pfoten keinen Zentimeter in den Schnee ein. Fenris war so voller Wut.
Doch plötzlich verwandelte sich die Wut in Sehnsucht. Kaum war er über die Mauer gesprungen, hörte er eine Stimme tief in seinem Bewusstsein.

"Du musst zu ihr. Du musst sie beschützen."

Fenris eilte durch die Straßen und fand den Ort der vergangenen Nacht. Sie war nicht dort.
Dafür aber eine wütende Meute doppelt so groß wie letzte Nacht. Diesmal würde Fenris nicht kämpfen. Es war nicht länger Vollmond was ihm die Hälfte seiner sonstigen Kräfte nahm. Die Hälfte seiner Kraft gegen die doppelte Menge Dorfbewohner? Keine Chance.
Fenris drehte sich um und floh. Die Dorfbewohner schnellten hinter ihm her. Aber sie hatten gegen die Schnelligkeit eines Werwolfs keine Chance. Schon nach wenigen Sekunden hatte er sie abgehängt und lief mit schnellen Schritten Richtung Mauer zurück. Doch diese Stimme hielt ihn zurück.

"Dreh um. Du musst sie finden. Du musst sie beschützen."

Fenris vollführte eine vollbremsung, drehte um und rannte in die andere Richtung. Kaum war er um die Ecke des nächsten Hauses kam ihm die Meute schon entgegen.
Sie blickten in jede Gasse und in jede Scheune. Hier konnte er sich nicht verstecken. Auch wenn er über die Dächer ging, würden sie ihn entdecken.
Da kam ihm die Idee. Die Klappe.
Schnell sprang er auf das Dach und machte sich auf den Weg zu der offenen Dachklappe fast am Rande des Dorfes.
Die Dorfbewohner schrien auf und verfolgten ihn durch die Straßen hindurch. Wenigsten war er über die Dächer ein wenig schneller.
Als er die offene Klappe erblickte vollführte er einen letzten Sprung und landete unsicher auf dem alten Holzboden.
Fenris schüttelte sein schwarzes Fell und sah sich um. Es sah nicht unbedingt aus wie ein Lagerraum.
Da fiel ihm das Bett an der gegenüberliegenden Wand des Zimmers auf. Dort lag jemand.
Goldenes, fließendes Haar breitete sich auf dem Kissen aus und die dünne Decke schmiegte sich an einen schlanken, kurvigen Körper.
Vorsichtig ging er einen Schritt näher an die junge Frau heran, die dort mit dem Rücken zu ihm friedlich schlief. Dabei knarzte eine der Holzdielen unter seinem enormen Gewicht.
Die junge Frau regte sich bei diesem störenden Geräusch und Fenris erkannte endlich Lucia die er gesucht hatte.
Jetzt war seine Chance. Jetzt musste er sie töten, bevor sie aufwachte und schrie. Aber kaum hatte sich der Gedanke an seine Zähne an ihrer Kehle in seinem Kopf eingenistet, verschwand er auch wieder.
Er konnte sie nicht umbringen.
Besser gesagt... Er wollte nicht.
Fenris' Blick schweifte zu dem Gemälde, dass über dem Bett an der Wand hing.
Es zeigte ein Mädchen und einen Werwolf. Die Ähnlichkeit von den Beiden war erstaunlich. Die Pinsel Führung war ausgezeichnet und die Farbwahl äußerst professionell. Unten in der rechten Ecke stand ein Name. Lucia. Endlich wusste er das die Schönheit nicht gelogen hatte.
Müde, weil er seit drei Tagen nicht geschlafen hatte, sank er auf den Boden, legte den Kopf auf seine Pfoten und schloss die Augen.
Er lauschte den ruhigen Atemzügen von Lucia und schlief ein.