Kapitel 18: Gejagt

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Lucia (p.o.v)

Der Mond leuchtete auf den kahlen Wald hinab und tränkte ihn in ein unheimliches Licht.
Doch das machte Lucia nichts aus.
Sie fühlte sich in diesem Wald mehr als wohl, schon als kleines Mädchen war sie hier umher gelaufen und hatte Vögel beobachtet. Damals war es noch ihr Traum gewesen zu fliegen. Aber um ehrlich zu sein. Menschen würden niemals fliegen.

"Worüber denkst du nach?" Fragte Fenris.

Lucias Blick fuhr von den Bäumen um sie herum, zu dem schwarzen Wolf der vor ihr her ging. Sein schwarzes Fell glänzte wie die Federn eines Rabenflügels und Lucia konnte deutlich sehen wie sich die Muskeln unter seinem Fell bewegten. Seine Pfoten sanken keinen einzigen Zentimeter in den tiefen Schnee ein, worauf sie ein wenig neidisch war, da sie immer wieder einsank und stolperte.

"Ich habe mich nur an meine Kindheit erinnert. Ich bin hier oft umher gelaufen und habe mich vor meinen Eltern versteckt" sagte sie.

Fenris sah sie nicht an, aber Lucia wusste, dass er lächelte. Wie so ein Wolfslächeln wohl aussah?

"Spreiz die Zehen, dann sinkst du nicht so ein" riet er ihr über die Schulter.

Sie tat wie gesagt und bemerkte wie viel leichter sie voran kam. Das erklärte schon mal wie Fenris es geschafft hatte keine Spuren zu hinterlassen.
Dank ihrem neuen Wissen holte sie Fenris ziemlich schnell ein und ging nun neben ihm her.

"Danke" sagte sie mit einem kleinen Seitenblick.

Fenris' Mundwinkel zuckten.
Wölfe konnten also auch lächeln.
Lucia wusste nicht wie lange sie schon so durch den Wald gegangen waren, als Fenris plötzlich anhielt.
Sie tat es ihm gleich.

"Was ist denn?" Fragte sie.

"Jäger" antwortete Fenris nur.

Lucia lauschte, um zu sehen ob sie die Jäger ebenfalls aufspüren konnte und tatsächlich. Ein paar 100 Meter entfernt waren Schritte im Schnee, sowie das leise klappern von Gewehren zu hören.

"Sie sind hinter mir her. Hör mir zu, egal was passiert, du läufst! Du bleibst nicht stehen und drehst dich nicht um, verstanden?" Fragte Fenris.

Lucia nickte.
Fenris würde das mit den Jägern schon hinbekommen, da war sie sich sicher. Immerhin waren es nur zwei.

"Du läufst, wenn ich dir das Zeichen gebe, in Ordnung?" Fragte er weiter.

Erneut nickte Lucia.
Im selben Moment stürmte Fenris los und bellte. Seine Pfoten schienen nicht einmal den Boden zu berühren.

"Jetzt!"

Lucia rannte los.
In dieselbe Richtung wie Fenris wohlgemerkt. Die Jäger würden sie wegen ihrem weißen Fell nicht so leicht entdecken können wie Fenris. Das bewies allein schon die Tatsache, dass Lucia in vollem Tempo an den Jägern vorbei laufen konnte, ohne gesehen zu werden.
Da hatte sie aber nicht mit dem Hund gerechnet, der sofort anfing zu bellen und ihr nach zu laufen.
Durch ihre ungeübten Beine, an die sie sich immer noch nicht ganz gewöhnt hatte, war sie deutlich langsamer als Fenris, weshalb der Hund ihr auch dicht auf den Fersen blieb.
Ihre Wolfsaugen sagten ihr, dass sie in der Falle saß, denn sie lief schnurstracks in eine Sackgasse aus Felswänden. Schlitternd blieb sie stehen und wandte sich zu dem Hund um, der gefolgt von einem Jäger aus dem Dickicht trat.
Dieser legte das Gewehr an und zielte auf sie, weshalb Lucia nichts weiter tun konnte, als den Jäger anzusehen.
Ein Schuss ertönte und sie schloss reflexartig die Augen, doch sie spürte keinen Schmerz.
Als sie die Augen wieder öffnete sah sie wie Fenris das Gewehr wegschleuderte und den Jäger gefährlich fixierte. Doch bevor Fenris sich auf ihn stürzen konnte, sprang Lucia dazwischen und versperrte ihm den Weg.

"Was tust du da?" Knurrte er.

"Er ist unbewaffnet, du darfst ihn nicht töten" sagte sie trotzig.

"Falls du es nicht bemerkt haben solltest, dieser Mann wollte dich gerade noch erschießen!" Knurrte Fenris lauter.

"Fenris, lass ihn laufen. Er wird allen erzählen wie gütig du gewesen bist ihn zu verschonen. Vielleicht sehen die Menschen ja dann, wie wir wirklich sind" versuchte Lucia es weiter.

Fenris schnaubte verächtlich und sein Blick wanderte an ihr vorbei zu dem Jäger, der erschrocken und verwirrt von ihm zu Lucia und wieder zurück schaute. Fenris seufzte in ihren Gedanken.

"Na schön, aber sei dir bewusst, dass das Konsequenzen für dich haben wird mein kleiner Geist" sagte er.

Lucia erzitterte leicht bei seinen Worten, ließ es sich jedoch nicht anmerken und wandte sich dem Jäger zu. Mit einer Kopfbewegung bedeutete sie ihm zu verschwinden.
Das tat dieser auch und zwar schneller als Lucias Augen sehen konnten.

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