Kapitel 22: Versprochen

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Lucia hatte nun freie Sicht auf die verunstaltete Leiche der Frau. Fenris sah wie sich ihre Pupillen weiteten, ihr Atem stockte und er hörte ihr Herz für einen Moment aussetzen.

"Nein" hauchte sie.

Lucia (p.o.v)

"Tut mir leid" sagte Fenris endschuldigend, doch Lucia schenkte ihm keine Beachtung.

"Sarah" hauchte sie den Namen ihrer besten Freundin.

Kraftlos sank sie neben ihrer Freundin nieder, legte sich in den blutbefleckten Schnee und kuschelte sich an sie. Versuchte sie zu wärmen.
Sie durfte nicht tot sein, sie durfte einfach nicht.
Trauernd legte sie die Ohren an, schloss die Augen, die sich bereits mit Tränen füllten. In seiner Wolfsgestralt zu weinen war ein merkwürdiges Gefühl, doch Lucia konnte die Tränen nicht länger zurückzuhalten.

"Sie ist fort Lucia. Du kannst sie nicht zurückholen, also steh auf sonst wissen sie, dass du eine enge Bindung zu ihr hattest" sagte Fenris bestimmend und dennoch sanft.

Er hatte Recht.
Mit einem letzten Blick auf ihre Tote Freundin setzte sie sich auf und heulte in den Himmel. Die Wölfe des Waldes antworteten ihr, heulten traurig mit ihr im Chor.
"Das ist wunderschön" hauchte eine Frau hinter ihr und Lucias Heulen verstummte.
Sie erkannte die zwei Erwachsenen. Es waren Sarah's Eltern. Langsam, um sie nicht zu verängstigen, ging sie zu ihnen und berührte ihrer beider Stirn kurz mit der Schnauze. Genauso wie Fenris es in jener Nacht bei ihr getan hatte.

"So erweisen wir Wölfe unseren Geliebten die letzte Ehre. Genauso wie ich, trauern auch die anderen Wölfe des Waldes. Eure Tochter ist von heute an ein Ehrenmitglied aller Rudel und eine geliebte Person in unser aller Herzen" erklärte Lucia den beiden, achtete jedoch darauf, nicht ihre richtige Stimme zu verwenden.

"Danke" bedankte sich Sarah's Vater bei dem großen, weißen Wolf.
Lucia erwiderte nur ein simples neigen des Kopfes und stapfte dann an den zwei trauernden Eltern vorbei.
Sie versuchte keine Gefühle zu zeigen, kalt zu sein und keine Träne zu vergießen. Doch es war schwer. Sehr schwer sogar.
Fenris erschien an ihrer Seite. Seine Augen strahlten Mitleid und Trauer aus. Mit jedem weiteren Tag öffnete er sich mehr, zeigte mehr von sich selbst.

"Wir werden den Mörder finden, das verspreche ich dir" flüsterte er.

Beruhigend rieb Fenris seine Schnauze an ihrer Wange. Lucia schmiegte sich an ihn, während sie durch die Straßen des Dorfes gingen.

"Ich weiß nicht was ich jetzt machen soll. Sarah war einer der wenigen Menschen die mich verstand und mich so akzeptierte wie ich bin. Ich kann nicht ohne sie" schluchzte sie.

"Wir werden erst einmal herausfinden, wer einen Grund dafür hatte sie zu töten. Dann werden wir alle Spuren und Geschichten kombinieren und schnappen uns den Mörder" erklärte Fenris.

"Meinst du wir bekommen das hin?" Fragte sie und blieb auf dem großen Platz stehen.

Einige Dorfbewohner waren noch dort und besprachen das Geschehen, während andere den zwei Wölfen beim Knurren zusahen.

"Denkst du etwa Sarah hätte gewollt, dass du auf gibst? NEIN! Sarah war stark, das habe ich in ihren Augen gesehen. Sie hätte gewollt, dass du genauso stark bist und diesen Bastard zur Rechenschaft ziehst" sagte er motivierend.

Fenris sprach die Wahrheit.
Sarah war eine starke und selbstbewusste Frau gewesen. Sie hatte niemals aufgegeben, immer weiter gemacht egal wie oft sie fiel. Auch wenn sie tollpatschig gewesen war, war sie immer an ihr Ziel gekommen. Und das Dank ihrer Hartnäckigkeit und ihrer Willenskraft.

"Du hast Recht" sagte sie.

"Hab ich immer" murmelte er eher zu sich selbst.

"Sarah, hatte keinen Grund aufzugeben und den habe ich auch nicht" fuhr sie fort.

"Das ist die richtige Einstellung!"

"Ich werde diesen Mistkerl finden und wenn es das letzte ist was ich tue!!"

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