Kapitel 23: Bekannt

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Fenris (p.o.v)

Lucia schlief bereits tief und fest.
Nachdem sie sich ein Kleid aus ihrem Elternhaus geholt hatte, war es bereits wieder Abend geworden. Sie waren sofort zu seinem Haus zurückgekehrt und Lucia war sofort eingeschlafen.

Fenris lag mit Lucia in seinen Armen und starrte an die Zimmerdecke. Seine Augen waren schwer, er war müde und erschöpft. Doch er konnte einfach nicht einschlafen.
Irgendetwas stimmte nicht in seinem Territorium. Irgendwas war faul.
Vorsichtig schob Fenris seine Geliebte von sich und stand auf. Die schlafende Lucia verzog das Gesicht und kuschelte sich tiefer in die angenehme Wärme des Bettes. Dabei murmelte sie etwas unverständliches.
Sie träumte, was konnte Fenris leider nicht sehen, denn ein dichter Nebel umgab ihren Geist. Mit einem letzten Blick auf die schlafende Gestalt, verließ er das Haus und verwandelte sich in seinen Wolf.
Sein Instinkt leitete ihn, brachte ihn dazu sich zu beeilen. Etwas war in seinem Revier. Etwas war in seinem Wald und es war gefährlich, es war eine Gefahr für das Dorf, für die Tiere des Waldes... Und für Lucia.
Bei dem Gedanken dass seine Liebste, seine Seele, sein Herz, seine Frau in Gefahr sein könnte, brachte ihn dazu sein Tempo zu erhöhen. Seine Pfoten wurden immer schneller, er flog förmlich über den Schnee hinweg.
Er war kurz vor der Grenze, als er ihn sah. Der von dem er gehofft hatte ihn nie wiederzusehen.
Mit schlitternden Pfoten blieb er auf der kleinen Lichtung stehen und starrte in stechend gelbe Wolfsaugen.

"Sei gegrüßt, Fenris" sagte der große, hellbraune Wolf.

"Luke" entgegnete Fenris kurz angebunden.

Luke wollte auf ihn zugehen, doch Fenris knurrte, hielt ihn davon ab näher zu kommen.

"Kein Grund so wütend zu sein mein guter" meinte Luke beruhigend.

"Was willst du hier?" Knurrte Fenris seinen alten Freund an.

"Darf man nicht mal mehr seinen alten Kameraden besuchen?" Fragte dieser empört.

"Nicht, wenn man sein ganzes Rudel im Schlepptau hat" entgegnete er.

Sofort erschienen vier weitere Wölfe am Rande der Lichtung und gesellten sich zu ihrem Anführer.

Fenris roch drei Männchen, ein Weibchen. Sie stellte sich eng an Luke, anscheinend war sie seine Gefährtin. Ihr Fell war genauso grau wie ihre Augen, nur ihre rechte Vorderpfote war weiß.

"Deine Sinne sind schärfer als früher. Beeindruckend. Darf ich vorstellen, Selene, meine Gefährtin. Du erinnerst dich doch noch an Armend, Louis und Zane?" Fügte er hinzu und deutete mit einer kleinen Kopfbewegung auf die drei Männchen.

Natürlich erinnerte er sich an die drei.
Louis war einmal sein bester Freund gewesen, bis Luke ihn davon überzeugt hatte, dass Fenris nicht gut genug für ihn war, da sein Onkel ihn verwandelt hatte und er nicht ein geborener Werwolf war.

"Und du? Hast du kein Rudel, Fenris?" Fragte Luke höhnisch und er hörte das leise Gelächter der anderen in seinem Geist.

"Nein, ich bin allein" antwortete Fenris.

Besser er verheimlichte Lucias Existenz vor Luke, denn eigentlich hatte er die Regeln gebrochen.

Es war verboten, einen Menschen ohne Wolfsblut in einen Werwolf zu verwandeln. Es war einfach unehrenhaft und falsch. Und er hatte es getan.

"Du lügst, ich rieche deutlich eine Frau an dir" knurrte Luke und zog tief die Luft ein.

"Eine... verwandelte Sterbliche!!" Fügte er hinzu.

Fenris zuckte innerlich zusammen.
Er durfte jetzt nicht einknicken.

"Und wenn es so wäre? Du kannst sie nicht töten! Dafür bist du nicht mächtig genug" knurrte er zurück und beobachtete freudig wie Luke bei seiner Alpha-Stimme zusammenzuckte.

"Ach ja? Und wieso nicht?" Fragte Luke etwas verunsichert.

"Weil..." setzte Fenris an, wurde jedoch von der schönsten Stimme der Welt unterbrochen.

"Fenris?" Hörte er ihre Stimme hinter sich und wandte sich um, unterbrach das erste mal den Blick Kontakt und sah zu IHR, seinem ein und alles.

Ihr weißes Fell schimmerte im sanften Licht des Mondes, als sie aus den Schatten der kahlen Bäume trat. Ihre Augen strahlten, funkelten ihn an. Der kleine, schwarze Sichelmond auf ihrer Stirn machte das Bild perfekt. Sie war so wunderschön.

Lucia trat an seine Seite, schmiegte sich an ihn und ließ ihn für kurze Zeit die Anwesenheit von Luke und seinem Rudel vergessen.

"Was ist los Fenris? Ich bin aufgewacht und du warst nicht da. Ich habe mir Sorgen gemacht" flüsterte sie.

"Es ist alles in Ordnung mein Engel. Ich konnte nur nicht schlafen" antwortete er mit einem leicht spottenden Seitenblick auf Luke, der nach wie vor seine Augen weit aufgerissen hatte.

"Und wer sind die?" Fragte Lucia ihn und kniff leicht die Augen zusammen.

Sie spürte, dass sie gefährlich waren und dennoch stellte sie sich allein gegen fünf ausgebildete Werwölfe. Sie war so mutig.

"Eu-Eure Hoheit" stotterte Luke und verneigte sich, was die anderen ihm sofort nachmachten.

"Warte, was!?"

WerwolfsblutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt