Kapitel 6: Verwirrt

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Lucia (p.o.v)

Der Tag neigte sich bereits dem Ende zu und Lucia ging immer noch gedankenverloren durch die Straßen.
Gestern Nacht hatte sie sich vor einen waschechten Werwolf gestellt und er hatte sie nicht umgebracht. Er hatte sogar mit ihr kommuniziert.
Auch wenn ihr nicht ganz klar war wie er das gemacht hatte, aber er hatte mit ihr gesprochen das wusste sie.
Es war nahezu unmöglich, dass sie sich all das nur ausgedacht hatte, denn seit der vergangenen Nacht sahen alle sie so merkwürdig an.
Sie hatte sogar schon gehört wie jemand sie die Werwolfsbezwingerin genannt hatte.
Vor Schreck zuckte sie zusammen als sie plötzlich jemand von hinten ansprang.
"Da ist ja die Werwolfsbezwingerin." Sagte Sarah lachend.
"Hör auf mich so zu nennen. Ich bin keine Bezwingerin von irgendetwas. Ich bin einfach nur Lucia." Entgegnete sie.
"Sei dir da mal nicht so sicher. Nach dem was ich gehört habe hast du ihm was zugeflüstert und er ist abgehauen. Du bist nicht die Werwolfsbezwingerin, du bist die Werwolfsflüsterin." Stöhnte Sarah beeindruckt.
"Halt die Klappe!!!" Meckerte Lucia sie an.
Wieso war ihre Freundin nur so unnachgiebig? Konnte sie es nicht einfach dabei belassen, dass Lucia zufällig einen Werwolf in die Flucht geschlagen hatte?
Wenn sie jetzt so darüber nachdachte... War das ziemlich beeindruckend. Aber wieso hatte der Werwolf ihr gesagt er würde heute wiederkommen? Das war doch unmöglich. Wieso sollte ein Werwolf ihr gehorchen?
Die unheimlichen Worte des Werwolfs hallten in ihrem Kopf wieder.

"Ich respektiere deinen Willen Mensch, doch nächstes mal werde ich dich nicht verschonen. Du bekommst deinen Willen für heute Nacht, aber morgen werde ich wiederkommen und dich finden. Bis morgen Menschling."

Er würde heute Nacht wiederkommen und würde sie umbringen. Aber wieso?
Hatte sie zu viel gesehen? Wusste sie zu viel? Oder war es weil sie sich zwischen ihn und seine Beute gestellt hatte?
Oh Gott!! Er würde sie umbringen, weil sie ihm seine Jagd versaut hatte. Was hatte sie sich nur dabei gedacht?
Lucia spürte wie Tränen sich in ihren Augen sammelten und langsam ihre Wange runter liefen.
"Lus, alles in Ordnung?" Fragte Sarah besorgt neben ihr.
Bei der Stimme ihrer Freundin zuckte Lucia kurz zusammen. Sie hatte ganz vergessen, dass Sarah bei ihr war.
"Alles in Ordnung. Mir ist nur etwas klar geworden. Ich brauche einen Moment" sagte Lucia und rannte die Straßen entlang zu ihrem Haus.
Als sie durch die alte Holztür stürmte, wäre sie fast in ihre Mutter reingerannt, die gerade das Abendessen vorbereitete.
Mit einem verwirrten Blick auf ihre Tochter schloss sie die Tür und nahm sie in den Arm. Lucia umklammerte ihre Mutter als wäre sie das letzte an dem sie sich festhalten konnte.
"Ach mein Engel was ist los?" Fragte ihre Mutter.
"Ich will nicht so enden wie Vater" schluchzte Lucia und umarmte ihre Mutter umso fester.
Lucia dachte an den Tag zurück an dem sie erfuhr, dass ihr Vater im Wald vom Werwolf getötet worden war. Niemand hatte den Grund seines Nachtspatziergangs gekannt nur, dass er unbewaffnet und unvorsichtig gewesen war. Der Werwolf hatte ihn enthauptet. Genauso wie der Wolf der letzten Nacht es getan hatte.
Sie löste sich von ihrer Mutter und ging ohne ein weiteres Wort hinauf in ihr Zimmer, öffnete die Dachklappe und starrte auf die untergehende Sonne. In wenigen Augenblicken würde sie verschwunden sein und der Werwolf würde wieder ins Dorf kommen, um sie zu töten.
Einen Moment... Werwölfe verwandelten sich doch nur bei Vollmond. Wieso war ihr das nicht aufgefallen? Die Drohung des Wolfes sollte ihr nur Angst machen damit er etwas zu lachen hatte. Dieser blöde Köter!!!
Schnell schnürte sie ihr grünes Alltagskleid auf und legte sich in ihr Bett. Heute Nacht würde sie garantiert nicht hinausgehen. Der Wolf konnte ihr nicht drohen, diese Nacht würde sie fester schlafen können als sonst.
Ihr fielen die Augen zu und das letzte was sie hörte, war der einsame schrei einer Eule.

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