52. Kapitel

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Titel des Liedes: To Be Human
Original gesungen: Sia feat. Labrinth
Ich liebe dieses Lied so sehr😪😭

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»Nicht erschrecken, das ist einer meiner Gaben.« Verwirrt aber ohne ein Fünkchen Misstrauen beobachtete er wie ich seine Hand nahm und sie in meinen Händen einbettete. Sie war kalt, aber kräftig. Seine caramelfarbenen Augen, die einen echt in ihren, aus caramelbestehenden Strudel ziehen konnten, schauten jetzt in mein Gesicht und ich wusste, dass er mir vertraute. Die besten Freundschaften wurden auf Vertrauen aufgebaut. Ich schmunzelte bei dem Gedanken endlich jemanden zu haben, der mir beweisen könnte, dass nicht jeder Freund oder jede Freundin innerlich eigentlich eine Shira war. Schon wieder fragte ich mich, wo sie hin war. Nach ihrem kurzen Besuch hier war sie zwar verschreckt gewesen, aber es sah ihr nicht ähnlich Sachen, erst Recht nicht Cole, einfach aufzugeben. Ich merkte wie Raphael zu einem Gespräch ansetzen wollte und widmete mich schnell der Erinnerung mit Juliana zu. Den Blick auf unsere Hände gerichtet, katapultierte ich uns mit meinem neuesten Rekord zu dem Tag mit Juliana. Die Kältewellen und verschwommenen Bilder setzten so wie beim letzten Mal ein und nun waren wir in Raphael's Küche, so wie bei dem realen Ereignis, der einige Woche zuvor stattfand. Wir sahen noch wie ein dunkelhaariger Kopf, Raphael wie ich wusste, aus der Tür verschwand, um uns Snacks zuzubereiten. Raphael und ich standen Ca. zwei Meter von Erinnerungs-Taya, Juliana und dem Tisch, an dem sie saßen, entfernt und ich konnte spüren, wie Raphael versuchte den Schmerz unterdrücken, der sich ihm bei ihrem Anblick aufzwängte. Ich hatte damals bereits schon einige Stunden mit Ihnen geredet, über mich, meine Auswirkung und meinen Einfluss auf die Rudel und die Aufgabe, die Lupa mir wahrscheinlich aufgetragen hatte.
Mein anderes Ich und Juliana befanden sich in einer komischen Stille und das hatte ich auch nicht lange aushalten können. Wie ich mich erinnerte, hatte ich in dem Moment nicht viel von ihrem Beziehungs-Klischee gehalten, aber die Stille hatte ich auch nicht mehr ertragen können.
»Wie lange läuft das schon mit Raphael und dir?«
»Fast vier Jahre schon. In ein paar Wochen ist unser Jahrestag.« Dieses Lächeln und das konnte ich jetzt einfach nur bestätigen, war das echteste, welches ich je von ihr zu Gesicht bekommen hatte. Erinnerungs-Taya starrte sie nur an, mit den Gedanken, dass Raphael wenigstens eine glückliche Beziehung hatte und sie vielleicht doch ein guter Mensch war. Wie sehr ich mich doch getäuscht hatte. »Unser Jahrestag war ein Tag nach der Entführung. Der Entführung, bei der sie dich und mich gefangen genommen hatte,« sagte Raphael mit hängenden Schultern und brüchiger Stimme. »Ich hatte mich an dem Tag gewundert, wo sie den ganzen Tag war, aber ich vertraute ihr bedingungslos. Ich hinterfragte sie nicht und das haben wir jetzt davon.« Er drehte sich halb zu mir. »Es tut mir leid. Es tut mir so leid, Taya. Jeder andere hätte es schon lange bemerkt, aber ich war... blind vor Liebe.« Ich legte meine Hand auf seine Schulter. »Es war nicht deine Schuld, Raphael. Blind zu vertrauen, ist das, was die Guten ausmacht.« Er schwieg nur und bewegte sich auf Juliana zu, bis er direkt neben ihr stand. Nach der Pause, die in meiner Erinnerung stattgefunden hatte, fing ich weiter an, Fragen zu stellen. Was damals mit mir los war oder wieso ich das Bedürfnis gehabt hatte, sie solche tiefgründigen Sachen zu fragen, war mir unbekannt. Ich schätzte, dass ich immer noch von dem Lupa-Vorfall mitgenommen war.
»Liebst du ihn? Also Raphael?«
Juliana sah in Erinnerungen versunken in die Richtung, in die Erinnerungs-Raphael verschwunden war. Von da hörte man Geschirr klappern und wie dann etwas zu Bruch ging. Man hörte ein "Sorry" von dem anderen Raphael und Juliana hatte diesen Ausdruck im Gesicht, den einem warm ums Herz werden ließ, selbst wenn man eigentlich nicht der Mensch dafür war. So sicher, wie man nur sein konnte, antwortete sie: »Ja, ich liebe ihn. Über alles. Ich könnte ihn nie verletzen.«
Auch ohne auf ihren Herzschlag währenddessen geachtet zu haben, hätte ich wissen können, dass sie die Wahrheit gesagt hatte. Auf einmal hörte ich ein Schluchzen und sah Raphael auf dem Boden sitzen und... weinen. »Raphael...« Ich hockte mich neben ihn. Es war ihm und auch mir egal, dass er weinte, obwohl er ein Junge war. Jeder durfte weinen. Und kein Junge sollte daran gehindert werden, nur weil dieses Geschlecht angeblich stark sein musste und keine Schwäche zeigen durfte. »Wieso hat sie dann all das getan? Wenn sie mich doch liebte und sie wusste, dass ich sie auch liebte, was veranlasste sie, es so zu zerstören? Wieso...« Er versuchte weiterzureden, doch er weinte immer noch und so gingen seine Worte unter in seinem Schmerz. Und in dem Moment musste ich auch mit den Tränen kämpfen. Wenn es sich um die Leute, die mir nahe standen, handelte, war ich sowieso immer mitfühlender, doch dazu verdiente Raphael es einfach nicht. Er war so ein guter Mensch. Ich war so sauer und traurig zugleich. Sauer, dass so ein Schicksal für ihn gewählt wurde und traurig, da ich ihn nicht so gebrochen sehen wollte. Sie hatte ihn so kaputt gemacht und nun lag es an mir ihn wieder zusammenzusetzen und zu stärken. Ich nahm in den Arm und ließ mit geschlossenen Augen eine einzige Träne raus. Die Erinnerung verschwand langsam und wir wurden wieder in die Realität zurückgeführt...

Wolves Of The Curse (Slow Updates)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt