Ich zog mich raus aus dem Moment, als ich bemerkte, was ich hier gerade tat. Ein weiterer Schritt weg von ihm schien mir dabei auch eine gute Idee. Auf Cole's Gesicht lag ein Lächeln, was mich an die Zeiten unserer Beziehung erinnerte. Ich hatte es immer geliebt, doch jetzt verpasste es mir nur einen Schlag ins Gesicht. »Cole, das geht nicht,« begann ich mit meiner Klarstellung. Er schluckte und wandte sich von mir ab. »Ich weiß. Es ist ok für mich, unter einer Bedingung.« Ich zog misstrauisch eine Augenbraue hoch. »Wer sagt, dass du Bedingungen festlegen darfst?«
Der dunkelhaarige Junge drehte sich wieder zu mir. »Lass mich dir helfen, deine Tante zu finden.« Verblüfft stand ich da. Erwartet hatte ich definitiv anderes. Sorgfältig durchdachte ich seine "Bedingung". Dann gab ich ihm eine Antwort: »Einverstanden, aber das ist nie passiert. Du wirst mir jetzt nur noch helfen und nachdem wir sie gefunden und befreit haben, lässt du mich in Ruhe. Und wenn wir uns danach wiedersehen, ob in der Schule oder sonst wo, sind wir nur Fremde. Ich werde nur ein Wolf ohne Rudel sein und du wirst nur ein Beta des Black-Rudels sein.« Er nickte ergeben. Einen Moment standen wir da noch so. Unsere Blicke ineinander verhakt, mit durchnässten Klamotten und einem Sturm um uns herum. Jedoch, um nicht weiter hier stehen zu müssen, machte ich mich bald daran, die Beifahrertür des Autos zu öffnen. Meine Hand lag schon am Griff, als Cole noch etwas sagte: »Taya?« Ich stellte mich wieder in seine Richtung. »Bitte, vergiss nur nicht, dass sobald sich deine Meinung über uns ändert, du jederzeit zurück kommen kannst.« Ich presste meine Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und mied seinen Blick. »Das wird nicht passieren.« Ich klang harsch, das war mir klar, aber ich musste einen Schlussstrich ziehen. Er durfte sich keine Hoffnungen machen, sonst begann ich auch noch damit. Bevor das Gespräch noch komischer werden konnte, zog ich am Griff und setzte mich ins Auto.Nachdenklich sah ich dem Auto hinterher, wie es davon düste. Hinein in den Sturm und in den heftigen Regen. Dass dieser mich nun wieder vollständig eingenommen hatte, drang kaum in mein Bewusstsein. Alles was ich gerade wahrnahm, war der Alkohol, der weiterhin meinen Verstand vernebelte. Und alles was ich wollte, war hier draußen zu stehen. Nach einigen Minuten wurde mir auch klar, wieso ich nichts anderes wollte. Vollständig sträubte sich jede Faser in meinem Körper dagegen, in mein Haus hineinzugehen. Denn da drin warteten nur Probleme. Es gab welche im Überfluss. Die verschwundenen Werwölfe, die das Haus bewachen sollten. Tom, dem ich nicht traute aufgrund seines kleinen übernatürlichen Geheimnisses... Plötzlich hielt ich inne mit der Aufzählung aller ungelöster Schwierigkeiten. Der Grund dafür war simpel. Eine weitere Erkenntnis hatte mich beglückt. Ich hatte eigentlich nichts anderes zu tun als mich zu bemitleiden, jetzt auch noch zu betrinken und Probleme, die ich zu lösen versucht hatte, halt...nicht lösen zu können. Stattdessen vermehrten sie sich nur. Der Hass auf mich selber trat auf und ich empfand kein Verlangen danach, mich dagegen zu wehren. Ich setzte mir das Ziel, erst diesen Hass zu bekämpfen, bis mich nur noch ein einziges und das größte Problem beschäftigte: Fay's Rettung. Lupa hatte mir zu verstehen gegeben, dass ich auf ein Zeichen von ihr warten sollte, um mit der Rettungsaktion zu beginnen. Dieses würde aber erst kommen, wenn ich meine Fähigkeiten mit Tom gemeistert hatte. Also konnte ich mit Tom kämpfen und sonst was lernen und in der überbleibenden Zeit all die anderen Schwierigkeiten eine nach der anderen besiegen. Nun fühlte ich mich bereit, all dem gegenüber zu treten. Und ich fühlte mich nicht mehr so betrunken, was mir ganz gelegen kam. Das erste, was ich jetzt tun würde, war Raphael zu wecken. Klar, er brauchte Schlaf und es tat mir leid, ihn aufzuwecken, aber ich war mir sicher, dass das Wohlergehen seiner Rudelmitglieder und dieses Päckchen Vorrang haben würden. Ein paar schnelle Schritte und ich schloss auch schon die Tür auf. Als ich über die Türschwelle trat, empfand ich, wie erwartet, schon wieder die ganze Last auf mir. Seufzend befreite ich mich aus meiner klitschnassen Jacke und den durchtränkten Stiefeln. Dann ging ich die Treppe schweren Schrittes hinauf. Die Dunkelheit der bereits beginnenden Nacht und die Stille, die das ganze Haus füllte, erreichten bei mir eine eine beruhigende Wirkung. Während ich nun in Richtung Gästezimmer lief, überlegte ich mir, was wir überhaupt machen konnten wegen der verschwundenen Betas. Mir war immer noch nichts in den Sinn gekommen, als ich in das Zimmer trat. Die Vorhänge der zwei großen Fenster waren zugezogen und obwohl es dunkel war, konnte ich immer noch die Umrisse des Einzelbettes und des Schreibtisches ausmachen. Der kleine Raum bot insgesamt nicht viel Platz. »Taya? Bist du das?« Raphael's Stimme klang schläfrig und erschöpft. Die Gestalt, auf dem Bett, die mir erst jetzt ins Auge sprang, bewegte sich und richtete sich dann gerade auf. Ein paar Sekunden später hörte ich ein Klicken und das Licht der Nachttischlampe neben Raphael ging an. »Ja, ich bin's.« Ich ging auf ihn zu und setzte mich dann neben ihn. Der dunkelhaarige Werwolf rieb sich verschlafen die Augen und wandte sich mir dann zu. »Also was ist denn los?« Er wirkte kein bisschen wütend, obwohl ich es wahrscheinlich sein würde. Wenn ich zu wenig Schlaf bekam und ich dann auch noch geweckt wurde, war ich keine gute Gesellschaft. Raphael war vermutlich einfach zu höflich. »Es ist wegen deiner Betas.« Raphael wurde hellhörig. »Sie sind weg.« Ein überraschter und erschrockener Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. »Was ist passiert?« Er war in Alarmbereitschaft versetzt. »Es hat geklingelt. Dann war da ein Paket, voller Akten über meine Kindheit, die vielleicht meine Eltern geführt haben könnten.« Mir fiel auf, dass ich abschweifte. »Jedenfalls waren sie weg, als ich das Päckchen reingeholt habe. Und es war so beunruhigend still.« Raphael stand mit ungewöhnlicher Schnelligkeit auf, griff aus einem Rucksack an seinem Bett ein Handy und wählte mit gerunzelter Stirn eine Nummer. Dann hielt er sich das Handy ans Ohr, während ich ihn eingehend beobachtete. Ich konnte das Piepsen seines Handys hören. Dann ging eine vertraute Stimme dran. »Raphael, was ist denn?« Raphael sah so verzweifelt und besorgt aus. »Dad, Henry, Ian und Paul sind nicht mehr da. Sie sind verschwunden.« Man hörte ein Räuspern. »Raphael, ich habe sie zurückgezogen.« Nun versteinerte Raphael's Gesicht. »Was? Wieso?« Er klang wütend. Ich schätzte mal, es regte ihn auf, dass seine Vater ihn nicht darüber informiert hatte. »Ich hielt es für unnötig, sie länger dort zu lassen.«
Raphael nahm einen tiefen Atemzug, wahrscheinlich um nicht zu zeigen, wie aufgebracht er war. »Aber du warst doch derjenige, der gesagt hat, dass ich sie mitnehmen soll. Als Schutz für mich und Taya. Sie ist doch wichtig. Sie ist eine Auserwählte. Wieso solltest du uns den Schutz entziehen?« Meine Vermutung war also richtig gewesen. Es war Luis Black's Idee gewesen, die Betas mitzunehmen. »Das ist nicht von Belangen. Alles was du wissen musst, ist das sie nicht mehr benötigt werden. Ich habe Marcus Reaser und seine Tochter Lauria, als zusätzliche Beschützer eingesetzt.« Ich schnaubte. »Dein Vater weiß aber schon, dass ich nicht jedem in mein Haus Eintritt einlasse, nur weil er das sagt, oder?« Raphael zuckte grimmig mit den Schultern. Sein Vater hatte meine Frage anscheinend auch mitgehört. »Hallo, Taya. Ich habe mit deinem leiblichen Vater geredet. Luke meinte, es sei das Beste und ich weiß, dass er die richtige Entscheidungen trifft. Inklusive der, Marcus und seine Tochter bei euch zu lassen. Es sollten nur betroffene Leute in das nähere Geschehen dieser Angelegenheit einbezogen sein.« Mein Mund stand verwirrt offen. Ich war baff. Er kannte meinen Vater, vertraute sogar seinen Entscheidungen und hatte es nicht für nötig gehalten, mich in Kenntnis und Kontakt mit ihm zu setzen. Raphael erschien es wie mir zu gehen. Wenigstens hatte er nichts davon gewusst. »Du kennst Taya's Vater? Er ist am Leben?« »Alles, was gerade zählt ist, dass die beiden ab morgen früh euch zum Schutz stehen. Ich bin sicher, du wirst Platz für die beiden finden, Taya.« Dann legte er auf. Wut flammte in mir auf. Dieser verdammte Mistkerl! Wir waren sowas wie Verbündete aufgrund meiner Beziehung zu Lupa und er erzählte mir nicht, dass mein Vater wirklich wahrhaftig noch lebte! »Dein Vater ist ein verdammter Lügner«, knurrte ich. Raphael hatte das Handy schon aus der Hand gelegt und lies sich wieder neben mir nieder. »Er hat nie gesagt, dass er nicht wüsste, was mit deinem Vater ist.« Ich sah ihn vernichtend an. »Das hilft mir nicht, Raphael. Dass er mir sowas nicht erzählen will, ist ein Vertrauensbruch. Er darf dasselbe nun auch von mir erwarten.« Plötzlich spürte ich Raphael's Hand auf meiner Schulter. Er hatte sich anscheinend schon von der Sorge und Wut aufgrund des kleinen Werwolf-Dramas erholt. Vermutlich war er es von ihm gewohnt. Ich sah ihm nicht in die Augen, wusste aber, dass er mich mitfühlend und beschwichtigend anguckte. »Taya, denk mal nach«, sagte er ruhig, in einem Ton, der mich ein wenig runterkommen ließ, »vielleicht war es gar nicht mein Vater, der es geheim halten wollte sondern deiner. Er hätte viel mehr Grund dazu.« Nun stellte ich mich seinem mitfühlenden Blick. Dann seufzte ich, wieder in beruhigtem Zustand, dank Raphael's kleiner Therapie. »Wieso denn?« Mir war bewusst, dass ich traurig klang. Ich fühlte mich tief drinnen verraten. Mein Vater wusste von mir, schon seit wer weiß wie lange, und hatte mich nie kontaktiert. »Ich schätze mal, du würdest nach ihm suchen wollen oder Fragen stellen. So wie mein Vater von ihm geredet hat, hört es sich nicht danach an, als ob er dich in seiner Nähe haben wollte. Wahrscheinlich ist es einfach zu gefährlich. Ich mein, er ist ein flüchtiger Gefangener von COS.« Ich nickte. Raphael hatte Recht. Er hatte bestimmt Gründe gehabt. Nur ob sie gut waren, wusste ich nicht. »Aber ich will ihn finden, Raphael«, wisperte ich. »Ich will die Wahrheit. Über mich, meine Adoptiveltern und über meine biologische Mutter.« Nun kam auch ein Seufzen von Raphael. »Ich weiß. Ich weiß, Taya...« Ich lehnte mich in seine Richtung und er legte seine Arme um mich. Immer noch etwas bedrückt lächelte ich. Ich musste, ihm nicht sagen, wie dankbar, ich war ihn zu haben, ich wusste, dass er es wusste.----------
Nicht viel passiert, aber ich wollte ein Kapitel zustande bringen und es ist länger als das Mindestziel, das ich mir am Anfang gesetzt hatte. Also werde ich mich wieder irgendeiner anderen Geschichtsidee widmen, die wahrscheinlich nie den Punkt "Veröffentlicht" erreichen wird😂😅
Have a courageous day
Eure CelestialRootedSoul 🌄
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Wolves Of The Curse (Slow Updates)
Werewolf»Wer bist du?«knurrte ich in die Dunkelheit hinein.Zwar konnte ich ihn nicht sehen, aber dennoch spüren und riechen. Er umkreiste mich bedrohlich nah.Das entlockte mir ein noch finsteres Knurren. »Was willst du von mir?« Wieder nur Stille. Langsam w...