Kapitel 30

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POV: Stegi
,,Halt dich aus meinem verdammten Leben raus", tippte ich in das kleine Feld. Sollte ich das wirklich abschicken? Tief atmete ich ein, bevor ich auf senden drückte. Keine Sekunde später blockierte ich diesen Kontakt auch. Dieser Mann kann mir auf jeden Fall gestohlen bleiben.

Er war nicht mehr mein Vater, nur noch auf dem Blatt. Um meine Laune zu bessern, machte ich laut Musik an und fing an, meinen Joghurt zu löffeln. Erstaunlicherweise verbesserte sich meine Laune wirklich. Mit vollem Mund und lachend wie ein Delfin sang ich die Texte von "Against the Curent" mit.

Zwar mochte ich ihre Musik nicht wirklich, aber nichts ist schöner als Chrissi's Stimme. Außer ihr Aussehen, das könnte nichts toppen. Sie sah einfach aus wie ein Engel. Ob sie auch mal nach Karlsruhe kommen würde? Ich hoffte es. Ein Anruf stoppte meine Musik. Schnell schluckte ich den Rest in meinem Mund runter, bevor ich auf "Annehmen" drückte.

Naiv wie ich war, vermutete ich das Tobi oder Lina mich an riefen. Woher sollten die Anderen auch meine Nummer haben? Die Einzigen waren Lina, Tobi, meine Mutter, mein Erzeuger anscheinend auch, Zoe und Selina, mit der ich bis jetzt kaum geschrieben hatte. Nur ein wenig Smalltalk, sonst nichts.

Mein Handy hielt ich mir mir einer Hand ans Ohr, während ich meine Schüssel in der anderen hielt. ,,Ja?", fragte ich, bekam jedoch keine Antwort. ,,Hallo?!", hakte ich noch mal nach. Auf der anderen Seite konnte man ein erleichtertes Seufzen hören, bevor er auflegte. Perplex nahm ich mein Handy vom Ohr und sah mir die Nummer an.

Es war eindeutig Selina's. Aber wieso sollte sie mich anrufen? Kurz überlegte ich noch, zuckte dann aber mit den Schultern und drehte die Musik wieder voll auf. Sie musste sich wohl einfach verwählt haben oder so, dachte ich. Schnell aß ich noch auf, bevor ich mich ins Wohnzimmer begab, um einen Film anzusehen. Das hatte ich schon lange nicht mehr gemacht.

Mit wenigen Handgriffen schaltete ich unseren Fernseher an und entschied mich, wie immer, für einen Disney Film. Ratatouille. Für den krönenden Abschluss nahm ich mir noch eine Weinflasche aus dem Schrank meiner Mutter. Warum sie sie dort lagerte, hatte ich nie verstanden.

Mit ihr und einem Glas aus der Küche setzte ich mich auf unser Sofa und deckte mich zu. Meine Mutter würde schon nichts dagegen haben und außerdem war sie ja eh weg. Während der Anspann(?) lief, schenkte ich mir das erste Glas ein. Ich wollte mich nicht betrinken, nur ein wenig Stress abbauen.

Immer wieder nippte ich daran und war erstaunt, als die Flasche bald leer wurde. Da ich langsam auch müde wurde, beschloss ich, einfach hier zu schlafen. Die Hausaufgaben hatte ich natürlich komplett vergessen. Flink griff ich nach der Fernbedienung und einer Decke, die an dem einen Ende lag und schaltete den Fernseher aus.

Bevor ich mich dann unter die Decke legte, zog ich mich noch bis auf die Boxershorts aus. Schließlich war keiner Zuhause, der meine Narben und Verletzungen sehen konnte. Zum Glück hatte Alkohol eine beruhigende und einschläfernde Wirkung auf mich. Naja, nicht immer. Wäre ich nicht in Tim's Armen eingeschlafen, wäre das alles vielleicht anders ausgegangen.

Irgendwie war es auch meine Schuld. Denn ich war schwul, er nicht. Ich war der, den niemand mochte. Tim war jetzt schon einer der beliebtesten Schüler der Schule. Aber natürlich nach Chris. Aber es würde bestimmt nicht lange dauern, bis die beiden aufeinander treffen würde. Ich hoffte nur, dass Tim nichts passieren würde.

Ich dachte was?! Schnell schob ich diese Gedanken auf den Alkohol. Wieso sollte ich sowas auch sonst denken? Verschlafen öffnete ich am nächsten Morgen und gähnte erstmal herzhaft. Als ich meine Augen geöffnet hatte, brauchte ich erst mal etwas, um zu erkennen, dass ich auf dem Sofa eingeschlafen war.

Dann traf mich der Schock. Es war Freitag! Ich hatte heute noch Schule und ich hab verschlafen! So schnell ich konnte stolperte ich aus dem Bett, wobei mein Fuß natürlich in einer Schlaufe stecken bleiben musste, sodass ich volle Kanne, mit dem Gesicht auf den Boden flog. Einen kurzen, unmännlichen Schrei konnte ich mir dabei auch nicht verkneifen.

Kichernd rieb ich mir die Stirn, da ich diese Situation einfach zu komisch fand. Mein Lachen stoppte aber, als ich mich daran erinnerte, dass ich mich beeilen musste. Also rannte ich in mein Zimmer und zog mich an. Wie immer nichts besonderes. Bevor ich aus der Tür rannte, zog ich mir noch meine Schuhe über und griff meine halb gepackte Tasche.

Meine Mutter würde meine Verspätung wohl nicht so toll finden. Genauso wie meine Lehrer. Die konnten mich aber auch so nicht wirklich leiden. Wer mochte mich denn auch schon? Die schlechten Gedanken zur Seite schiebend, rannte ich zur Schule, da mein Bus nicht fuhr.

Außer Puste kam ich schließlich doch noch zur Schule an. Anscheinend hatten wir gerade schon Pause. Toll, ich hatte die ganzen ersten beiden Stunden verpasst. Erst gestern hatte ich meiner Lehrerin auch noch versprochen, mich zu bessern. Zusammen mit meiner Tasche betrat ich den Schulhof, um Tobi und Lina zu suchen.

Lange musste ich nicht suchen. Auf der Wieso standen alle versammelt um Chris und Tim, die sich zu prügeln schienen. Lina und Tobi standen etwas am Rand und verfolgten das Geschehen. So unauffällig wie möglich ging ich zu Ihnen. Die Schreie der Schüler hallten über den ganzen Hof. Manche schrien das sie aufhören sollten, wiederum andere spornten sie an weiter zu machen.

Die Mehrheit gehörte aber eher zur zweiten Sorte. Natürlich. Vorsichtig tippte ich Tobi auf die Schulter, um ihn nicht zu erschrecken. Er und Lina drehten sich sofort zu mir um. Lina grinste, während Tobi verzweifelt aussah, was er aber versuchte unter seinem kleinen Lächeln zu verstecken.

,,Wie lange geht das schon?", fragte ich und zeigte auf die Beiden, die sich über den Boden rollten. Beide zuckten nur mit den Schultern und sahen weiter zu, was ich ihnen gleich tat. Chris hatte auf jeden Fall mehr abbekommen als Tim, das sah man sofort. Trotzdem sah man Tim auch an, dass er was abbekommen hatte.

Gerade hatte sich Tim über Chris gebeugt und schlug immer wieder auf sein Gesicht ein, als eine pummlige Lehrerin angelaufen kam. ,,Sind sie denn verrückt geworden?!", schrie sie und fuchtelte mit ihren Armen in der Luft rum, was mich und Lina zum Lachen brachte. Sie sah echt zu komisch aus.

Gespielt geschockt schlug sie sich die Hände vor den, mit Lippenstift beschmierten Mund und forderte die Anderen auf, sie zu stoppen. War ja klar, dass sie keinen Finger rühren wollte. Still halfen einige Schüler, die beiden auseinander zu bekommen. Tim schlug wie ein Geisteskranker immer wieder zu und wehrte sich sogar, als sie ihn von Chris wegziehen wollten.

Sowas hatte ich echt noch nie erlebt. Eigentlich müsste ich ja froh sein, dass Chris so gelitten hatte, aber ich hatte Mitleid mit ihm. Schließlich waren wir mal beste Freunde, auch wenn er mich jahrelang gemobbt hatte.

Stexpert~ Du bist ein WOLF?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt