Kapitel 43

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POV: Stegi
,,Schau mal", sagte ich und stupste Tobi mit meinem Ellbogen an. Dieser sah nun auch zu Chris. ,,Er guckt schon die ganze Zeit zu ihr", grinste ich. Lina war heute mal ausnahmsweise nicht bei uns in der Pause, sondern bei ihren Freundinnen, die sich beschwert hatten, sie würde keine Zeit mehr für sie haben.

Und schon von Beginn an, starrte Chris sie an. Er dachte wohl, es würde keinem auffallen. Das es seinen Freunden nicht auffiel, war kein Wunder. Die starrten die Mädchen doch eh alle an. ,,Hormongesteuerte Idioten", nuschelte ich. Doch Tobi musste es natürlich hören. Laut prustete er los und ließ sich kaum beruhigen.

Erst als er Raphael sah, der zusammen mit Tim auf dem Schulhof stand, änderte sich sein Gesichtsausdruck. Der fröhliche, unbeschwerte, änderte sich zu einem besorgten und wütendem Ausdruck. ,,Mach dir nichts draus, er ist es nicht wert", versuchte ich ihn aufzuheitern. Kurz schüttelte er seinen Kopf, bevor er sein Lächeln wieder aufsetzte.

Jetzt war ich der, der den besorgten Ausdruck hatte. ,,Stegi? Er geht zu ihr", sagte Tobi geschockt und war dann auch schon los gerannt. Verwirrt musste ich alles erst mal bedenken, bevor auch ich losstürmte. Er würde doch kein Mädchen schlagen, oder? Oder wollte er sie anfassen oder so?

So schnell ich konnte rannte ich mit Tobi zu Lina, die ihn wohl noch nicht bemerkt hatte. ,,Lass sie in Ruhe", zischte Tobi ausser Puste, als wir endlich bei Ihnen ankamen. Lina stand mittlerweile vor ihm und hatte den Kopf gesenkt. Ihre Freunde taten das Gleiche. Aber was konnten sie auch tun? Sie waren Mädchen und dazu auch nicht gerade die breitesten.

Neben Ihnen sahen Chris und seine "Gang" echt Angst einflösend aus. ,,Was willst du denn?", knurrte er Tobi an. ,,Dass du sie in Ruhe lässt", wiederholte er, aber nicht mehr mit so viel Selbstbewusstsein. ,,Hört ihr das?", lachte er, wobei seine "Gang" natürlich mit einstimmte. ,,Tobi, der jetzt plötzlich auch schwul ist und mit dem Opfer der Schule abhängt, will uns was vorschreiben", machte er weiter.

Mit verkrampftem Kiefer senkte Tobi seinen Kopf, ging aber trotzdem nicht aus dem Weg. Irgendwie fühlte ich mich in dem Moment ganz schön nutzlos. ,,Oh, jetzt hab ich aber Mitleid mit der Schwuchtel", lachte ein anderer. ,,Hat es sich wirklich gelohnt, Stegi zu helfen, hm? Ohne ihn würdest du nicht verprügelt und gehasst werden", sprach Chris wieder.

,,Ein Wolf?!", schrie plötzlich eines der Mädchen los. Ein paar Sekunden später war es schon die halbe Schule, die das schrie. Panik brach aus und das alles nur wegen diesem grauen Wolf, der mit wedeldem Schwanz über den Schulhof lief. Irgendwie sah er echt knuffig aus. ,,Tim, aus dem Weg", schrie ein anderes Mädchen. Sie hatte wohl Angst um ihren Schwarm.

Das sie nichts besonderes für ihn war, interessierte sie wohl nicht. Die halbe Schule vergöttert ihn doch. Lächerlich. Nur weil er gut aussah, cool war, reich war, stark war... ok, ich sollte echt aufhören über ihn zu schwärmen. Mit Staunen stellten alle fest, dass Tim wohl keine Angst vor dem Tier hatte. Ganz im Gegenteil.

Er schien eher besorgt um es. ,,Was machst du denn hier?", sprach er zu dem Vierbeiner, der sich an seine Beine schmiegte. Ich wusste ja, das der Typ nicht ganz bei Verstand war, aber das?! Mittlerweile waren die meisten in das Gebäude geflüchtet und riefen wohl die Lehrer. Nur noch vereinzelt standen Leute hier und verfolgten das Geschehen.

,,Was macht er denn da?", fragte Tobi, doch bekam keine Antwort. Wir alle waren zu beschäftigt, das Tier und Tim zu betrachten. ,,Geh nach Hause!", befahl er ihm plötzlich, was den Wolf Wimmern ließ. ,,Komm schon, hier ist es zu gefährlich", sprach er plötzlich ruhig. So, als würde er mit einem Kind und nicht mit einem ausgewachsenem Wolf reden.

,,Der ist doch verrückt", rief Chris, wohl etwas zu laut. Wütend stellte Tim sich wieder gerade hin und schien ihn mit seinen Blicken zu erdolchen. Auch der Wolf schien etwas gegen Chris zu haben, denn im nächsten Augenblick war er knurrend auf ihn zu gerannt.

,,Nein!", schrie Tim noch, doch den Wolf schien es nicht zu interessieren. Mit einem tiefen Gröllen sprang er auf Chris und riss ihn so mit zu Boden. ,,Runter!", schrie er und strampelte wild um sich. Doch anstatt, das dass Tier ihn angriff, setzte es sich nur auf ihn und leckte sich über die Pfoten. In dieser Pose sah er noch niedlicher aus. Fast wie eine richtige Katze.

Schallendes Gelächter brach unter den Gebliebenen aus. ,,Nehmt es runter von mir!", kreischte Chris erneut. Gemütlich schlenderte Tim dann doch zu ihm, um den Wolf von ihm zu schieben. Dieser gab ein missmutiges Schnauben von sich und legte sich einfach neben den am Boden Liegenden.

Tim musterte die Beiden schmunzelnd, bevor er den Wolf endgültig von ihm weg zog. ,,Wie kann er so locker bleiben?", hörte ich jemanden hinter mir fragen. Nun rannten auch die Lehrer aus dem Gebäude, um das "gefährliche" Tier zu verscheuchen. Weit entfernt konnte man auch Polizeisirenen und einen Krankenwagen hören.

Erschrocken und mit eingezogenem Schwanz rannte der Wolf zum Tor und schließlich ganz aus dem Schulhof raus. Gerade noch rechtzeitig, um den Polizisten zu entkommen. Als ich meine Aufmerksamkeit wieder Tim widmen wollte, war er nicht mehr zu sehen.

Nur noch ein riesiger Klumpen aus Schüler stand dort und umzingelte ihn. Stolz erzählte er ihnen, dass er das gefährliche Tier doch verscheucht hätte und Chris so gerettet hätte. Dieser hatte sich schon von dem Schock erholt und sah mir neidischem Blick zu Tim. Sein "Publikum" vergötterte ihn förmlich.

,,Die ziehen ihn ja gleich mit ihren Blicken aus", zischte ich. Grinsend drehte Lina ihren Kopf zu mir. ,,Eifersüchtig?", lachte sie. Kurz schnaubte ich verachtend. Niemals könnte ich mich in so einen Vollidioten wie Tim verlieben. Obendrein mobbte er mich ja auch noch. Und hassen tat er mich ja auch. Ein schmerzhafter Stich ging durch meinen Brustkorb. So, als hätte mir jemand ein heißes Messer reingerammt.

Mit meiner kalten, schwitzigen Hand strich ich mir einmal drüber, doch natürlich konnte man nichts fühlen. Da war ja auch nichts. ,,Lasst und reingehen", seufzte ich. Eine komische Stille herrschte, als wir das leere Gebäude betraten. Hinter uns konnte man noch die Menge aufgeregt diskutieren hören.

Die Polizisten unterhielten sich mit den Lehrern, die auch geschockt schienen. Nur Raphael war nirgends zu sehen. Vielleicht war er ja krank geworden oder so. Genau in diesem Moment, in dem ich unaufmerksam war, lief ich in irgendjemanden rein. Dieser Jemand gab ein dunkles Zischen von sich und zog seine Kapuze noch etwas tiefer. Er trug einen großen, dunkelbraunen Kapuzenpulli, unter dem man sein Gesicht nicht erkennen konnte. 

Stexpert~ Du bist ein WOLF?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt