Kapitel 10

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~ Karolina ~

Hatte ich... gerade wirklich gefragt, ob er noch mitkommen wollte? Im nächsten Moment hätte ich mich für diese Frage auch schon Ohrfeigen gekonnt. Wieso stellte ich ihm so eine dämliche Frage?

„Ja, ich würde gerne... Aber du musst dich schnell umziehen, nicht dass du krank wirst. Und ich muss zurück nach Karlsruhe..."

„Okay. Schade."

„Aber wenn ich mal wieder in der Nähe bin oder... Zeit habe, dann kann ich mich ja melden", meinte er und lächelte wieder. Dieses Lächeln... Ich geriet schon wieder ins Schwärmen. Aber das war auch kein Wunder. Max war einfach unglaublich süß.

„Freu' mich schon. Bis bald", sagte ich dann zum Abschied doch etwas traurig und stieg aus. Doch Max fuhr nicht weg. Warum auch immer, er stieg ebenfalls aus. Verwirrt sah ich ihm zu, wie er um das Auto herum ging und auf mich zu kam. Eben hatte er doch noch gesagt, dass er keine Zeit hätte.

„Bis bald. Ich melde mich. Versprochen", meinte er und kam noch näher, bis er mich schließlich in seine Arme schloss. Spätestens jetzt wurde mir etwas klar. Ich hatte mich in ihn verliebt. Und das nach so kurzer Zeit. Dass das jetzt schon möglich war, wollte ich allerdings nicht wahrhaben. Mit geschlossenen Augen atmete ich seinen Duft ein. Er roch gut. Und die Wärme, die von ihm ausging, tat gut. Besonders jetzt, wo mir ohnehin so kalt war.

Für meinen Geschmack viel zu früh lockerte er die Umarmung wieder und sah mir nochmal in die Augen. Wieder dieses Lächeln. Wenn er nur wüsste, was er damit bei mir auslöste. Aber bevor ich wieder mit meinen Gedanken abdriften konnte, machte ich einen Schritt zurück. Ich winkte ihm noch kurz zu und ging dann ins Haus hinein.

Drinnen erwartete mich meine Mutter schon grinsend. Hatte sie etwa... durchs Küchenfenster geschaut? Oh nein, bitte nicht! Sie betrachtete mich von Kopf bis Fuß und meinte dann als erstes: „Du musst aus den nassen Kleidern raus. Nicht dass du krank wirst."

„Gute Idee", erwiderte ich schnell und lief in mein Zimmer. Ich schmiss meine Tasche auf das Bett und suchte mir dann aus meinem Schrank frische Kleider heraus, mit denen ich erstmal ins Bad ging. Nachdem ich mich von den eklig nasskalten Kleidern befreit und eine schöne, warme Dusche genommen hatte, zog ich mich an und ging zurück in mein Zimmer - in der Hoffnung meine Mum würde jetzt nicht nochmal ankommen und fragen stellen.

Doch leider war dem nicht so. Denn kaum saß ich auf meinem Bett, klopfte sie auch schon an der Zimmertür.

„Im Wohnzimmer steht eine Tasse heiße Schokolade, die nach dir ruft", erklärte sie grinsend.

„Na, dann werd ich mal zu ihr gehen", meinte ich, stand auf und ging ins Wohnzimmer. Dort standen tatsächlich eine dampfende Tasse heiße Schokolade und ein paar Kekse.

„So, und jetzt erzählst du mir alles."

Entgeistert sah ich meine Mutter an und ließ die Hand, in der ich einen Keks hielt, sinken.

„Ja auf! Ich werd dir nicht den Kopf abreißen, was auch immer ihr gemacht habt. So bin ich nicht, das weißt du doch", sagte sie lächelnd. Gut, ich musste schon zugeben, dass meine Mum echt toll war und ich mit ihr über alles reden konnte. Auch über Jungs, aber einen Freund hatte ich ja noch nie wirklich. Außer im Kindergarten vielleicht. Deshalb wusste ich nicht, was ich davon halten sollte, mit meiner Mum gleich darüber zu reden, dass ich mich verliebt hatte.

„Okay...", begann ich nach kurzem Zögern. „Also wir waren im Café verabredet. Es war echt schön dort. Wir haben uns unterhalten, bis es dann angefangen hat, wie aus Eimern zu schütten. Ich, so ungeschickt wie ich eben bin, hab mein Handy draußen liegen lassen und musste im strömenden Regen nochmal raus. Er hat mich dann hierher gefahren."

„Und dann?"

„Hat er mich umarmt", sagte ich leise.

„Ihr wärt so ein süßes Paar."

„Woher weißt du- Du hast uns durchs Fenster beobachtet. Oder?"

„Du kennst mich doch", meinte sie und zwinkerte mir zu.

„Auch wieder wahr. Aber er... ach, das ist alles nicht so einfach, wie du denkst." Ich trank einen Schluck aus meiner Tasse und schaute meine Mum an.

„Warum denn, Kleine?", fragte sie besorgt.

„Erstens ist er schon dreiundzwanzig. Und zweitens ist er Musiker, auch noch recht bekannt. Das war der, zu dessen Konzert Lara mich mitschleppen wollte."

Etwas ratlos saß meine Mutter erst mit mir am Tisch, meinte dann aber zuversichtlich: „Das bekommt ihr schon hin."

„Und wer sagt überhaupt, dass er in mich verliebt ist?", wollte ich wissen.

„Seine Gesten, seine Körperhaltung als er dich umarmt hat. Daran konnte man erkennen, dass er nicht nur auf Freundschaft aus ist."

„Ja, aber... ähm... Er ist ja jetzt erstmal wieder in Karlsruhe. Da wohnt er. Mama, das ist etwa eine Stunde von hier entfernt und überhaupt, er hat doch bestimmt total wenig Zeit. Da wäre ich doch nur fehl am Platz."

„Das denkst du nur. Lass es einfach auf dich zukommen. Du denkst zu viel nach, über Dinge, die man einfach auf sich zukommen lassen muss. Es ist ja gut, viel über wichtige Dinge nachzudenken, aber zu viel ist auch wieder nicht gut", erklärte sie.

Tja, wie Recht sie doch hatte.

Ich seufzte, schnappte mir die noch halbvolle Tasse, ein paar Kekse und verzog mich dann in mein Zimmer.


Die erste große Liebe ... und andere ProblemeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt