Seths Handy in der einen Hand, eine durchsichtige Plastiktüte in der anderen, steht Frank entsetzt und fassungslos zugleich vor uns.
Seths Mutter macht kurzen Prozess, streckt ihre Hand aus und nimmt das Handy an sich. Jedoch bemerkt sie relativ schnell, dass etwas mit schwarzer Schrift auf dem Display steht.
„Das ist doch...", weiter kommt sie nicht, da Frank ihr das Teil aus der Hand nimmt.
„Ich bin ein toter mann. Was soll das denn jetzt bedeuten?", rätselt der Lockenkopf laut vor sich hin, „Ist das ein Code für irgendetwas?"
‚Oh nein, Seth... tot. Nicht auch noch er! Bitte, bitte, bitte nicht!'
In meinem Kopf beginnt sich alles zu drehen und plötzlich wird mir ganz flau im Magen.
„Wie war der Name von dem Jungen auf dem Foto?", will da Seths Mutter wissen. Sie scheint einen Plan zu haben.
„Ryan", beantwortet Frank brav ihre Frage, „aber warum wollen Sie das wissen?"
„Weißt du wo er wohnt?"
Frank nickt und gibt ihr die Adresse.
„Ich habe ihn mal dort abgesetzt, daher weiß ich es", gibt Frank von sich. Diesmal ist Seths Mommy diejenige, die nickt.
„Danke", damit dreht sie sich um und geht mit mir auf dem Arm zurück zum Auto. Frank folgt ohne auch nur zu zögern. Das komische Gefühl, welches sich in meiner Magengrube breit gemacht hat, verschwindet allmählich. Seths Mommy hat einen Plan. Sie weiß, was zu tun ist. Alles wird gut werden.
Aber Moment, kommt es mir da in den Sinn, hatte das meine liebe Mommy nicht auch zu mir gesagt? Ja, das hat sie. Für mich ist es gut ausgegangen... naja, immerhin lebe ich, aber für sie definitiv nicht! Immerhin ist sie jetzt woanders. Nicht mehr bei mir, da wo sie sein sollte.
Prompt meldet sich das ungute Gefühl in meiner Magengegend wieder zurück. Ängstlich klammere ich mich an Seths Mommy. Diesmal hat sie zum Glück nichts dagegen. Sie streicht mir nur einmal kurz beruhigend über den Rücken, während sie weiterhin zügig einen Fuß vor den anderen setzt, um möglichst schnell ihr Auto zu erreichen.
Plötzlich bleibt sie stehen. Nanu, sind wir schon da? Ich hebe meinen Kopf und blicke mich um. Wir stehen mitten im dichten Wald.
„Wo ist das Auto?", das ist Seths Mutter.
„Geradeaus?", rätselt Frank.
Ich kann gar nicht so schnell schauen, da hat Seths Mommy sich auch schon zu dem Lockenkopf umgedreht und ihn angeschrien. Sie müsse ihren Seth finden und dumm im Wald herumzustehen würde ihr dabei keineswegs weiterhelfen.
Frank dreht sich um und scannt die Gegend ab, ehe er sich wieder an uns wendet.
„Geradeaus", meint er.
„Also, das ist doch", erwidert Seths Mommy atemlos.
„Ich bitte Sie, vertrauen Sie mir. Mein Orientierungssinn hat mich noch nie im Stich gelassen, Ms."
„Glaube mir", entgegnet Seths Mommy zynisch, „für alles gibt es ein erstes Mal."
Frank lächelt leicht.
„Kann schon sein", meint er nur, „aber für heute nicht."
Und tatsächlich, als wir einige Kilometer weiter geradeaus gelaufen sind, finden wir das Auto. Einsam und verlassen steht es am Feldweg. Glücklich den Wagen endlich gefunden zu haben, beschleunigt Melissa ihr Tempo. Je näher wir dem kleinen Auto in der Ferne kommen, desto größer wird es.
Wieder im Gefährt mit den vier Rädern, gibt Seths Mommy Vollgas und fegt in Affentempo zurück zu Franks Anwesen, wo sie den Jungen absetzt. Der legt zwar wilden Protest ein, da er unbedingt mitgehen will, wenn sie mit mir zusammen diesen Ryan besucht, aber Seths Mommy lässt sich nicht kleinschlagen und bleibt eisern. Ein NEIN wäre ein NEIN, ganz egal wie man es dreht oder wendet und so blieb dem lieben Frank, der doch so gerne helfen wollte, leider nichts anderes übrig, als aus dem Auto hinaus in die kalte Nässe zu steigen und in sein warmes Haus zu zurückzugehen.
Wild entschlossen ihren Jungen zu finden, gibt Seths Mutter erneut Gas und jagt den Wagen wie ein schnelles Rennpferd durch die Straßen Detroits bis sie letztlich anhält. Die schwarzhaarige Frau verlässt den Wagen, schlägt die Tür zu und öffnet wenige Sekunden später meine, schnallt mich ab und hebt mich aus dem Kindersitz.
„Hier muss es sein", höre ich sie eher zu sich selbst als zu mir sagen, als sie mit mir auf dem Arm Richtung Haustür geht. Davor angekommen klingelt sie energisch an. Doch hinter der Tür tut sich nichts. Es bleibt still. Totenstill, ich höre nur den Regen. Jetzt klopft sie einige Male an die Eingangstür. Egal ob ein „Hallo, ist da wer?" oder ein „Ryan!" die Tür des Einfamilienhauses bleibt geschlossen. Wieder ein Klopfen von Seths Mommy, diesmal ist es heftiger. Heftiger und lauter.
Dann vernehme ich plötzlich Schritte hinter der Tür, die näherkommen.
„Na endlich", zischt Seths Mutter erleichtert.
Und dann wird die Haustür auch schon geräuschvoll aufgerissen und danach geht alles ganz schnell. Eine Frau mit Whiskyflasche und ordentlicher Fahne schreit uns an. Wir sollen sofort von hier verschwinden und sie brauche nicht noch jemanden, der ihr sage wie sie ihr Leben managen solle.
Seths Mutter zuckt kurz zusammen, lässt sich aber ansonsten nichts anmerken. Sie rümpft lediglich ihr Näschen, ehe sie auf dem Absatz kehrt macht und geht. Ich bin froh, dass wir das Haus hinter uns lassen. Ehrlich gesagt finde ich es komisch und alles andere als einladend.
Wir steigen wieder ins Auto und Seths Mutter gibt erneut Vollgas. Vor einer Kreuzung bremst sie so stark, dass es mich beinahe aus dem Kindersitzt hebt. Ich schaue aus der Frontscheibe und erblicke zwei blonde Jungs. Erschrocken schnallt sich Seths Mutter ab, öffnet die Wagentür und springt regelrecht ins Freie.
„Oh mein Gott", sagt sie geschockt, „Alles okay, mit euch beiden?" Einer von ihnen nickt, der andere ist ganz blass im Gesicht... nickt dann jedoch ebenfalls, wenn auch etwas langsamer. Hm, irgendwoher kenne ich die beiden.
Fortsetzung folgt...
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Fifty Shades of Elliot (Band 1) #wingaward2019 #traumtaenzerawards2019
FanfictionDas Leben kann so schnell zu Ende sein. Das ist etwas, dass dem kleinen Elliot sehr schnell bewusst wird. Den tragischen Verlust seiner Mutter einigermaßen überwunden, muss er feststellen, dass das Leben weitere böse Überraschungen für ihn bereithäl...