Mommy! (Teil 23)

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Blau.

Blau und ein unverkennbares Lächeln.

Mit überschlagenen Beinen sitzt Seth im Sessel und schaut mich an.

„Hallo Großer", begrüßt er mich gutgelaunt und ich kann es noch immer nicht fassen ihn zu sehen.

Ich habe ihn vor mir.

Quicklebendig!

„Seth", flüsterleise verlässt das Wort meine Lippen.

Der Junge mit dem schwarzen Haar, der hellen Haut und den blauen Augen klopft auf seinen Schoß.

„Komm her", meint er freundlich. Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen und folge sofort seiner Einladung. Auf meinen kleinen Beinchen komme ich immer näher, bis ich schließlich vor ihm stehe. Seth streckt seine starken Hände aus, hebt mich hoch und setzt mich wenige Sekunden später auf seinem Oberschenkel ab.

„Wer ist denn eigentlich Linn?", will er nach einer Weile der Stille von mir wissen, „arbeitet sie hier?"

Ich nicke nur, während ich glücklich an ihn gelehnt auf seinem Schoß sitze und einfach nur seine Nähe genieße. Wie froh ich doch bin, ihn zu sehen. Seth ist so nett, so unglaublich freundlich. Bei ihm fühle ich mich einfach wohl.

„Ist sie nett zu dir?", eine weitere Frage von Seth.

Ich nicke.

„Das ist gut", lächelt er zufrieden und ich frage ihn dann, ob er Mommy, Daddy und Oma gesehen hat.

Wieder ein Lächeln des schwarzhaarigen Jungen. Wie ich dieses nette Seth-Lächeln doch vermisst habe. Nur er kann so grinsen. Nur ER allein auf dieser Welt!

„Natürlich", bestätigt Seth, „und ihnen geht es gut da oben."

Super, das ist gut.

In meinem Inneren breitet sich ein wohliges, warmes Gefühl aus.

Wenn es ihnen da oben gut geht, dann soll es mir auch wieder gut gehen. Aber wie soll das nur funktionieren? Traurig blicke ich Seth an und hoffe, dass er mir in diesem Punkt weiterhelfen kann.

„Wie geht das?", frage ich zögernd, „ich meine, wie kann es ihnen gut gehen, so ganz ohne mich...?"

Seth seufzt. Legt beschützend die Arme um mich.

Prompt muss ich an Daddy denken, der das auch ab und zu bei mir getan hat... und da ist er wieder... dieser Schmerz. Oh, ich vermisse ihn so sehr. Und Mommy vermisse ich auch.... und Oma fehlt mir ebenso. Hm, vielleicht weiß Seth ja, wie ich in das Wolkenhaus gelange... immerhin wohnt er da jetzt ja auch oben, mit Mommy und Daddy und nicht zu vergessen, mit meiner lieben, lieben Oma, die so gut kochen kann. Auf einmal taucht in meinem Kopf eine Frage auf. Auch wenn sie mir Angst macht, ich muss sie Seth einfach stellen.

„Sie vermissen mich doch?", flüsterleise verlassen die Worte meine Lippen, „oder?" Zittrig atme ich aus, während sich Seths Mundwinkel leicht nach oben heben.

„Natürlich."

Die Wärme, die ich vor einigen Minuten gespürt habe, kommt wieder zu mir zurück.

„Natürlich vermissen sie dich, Großer."

„Weißt du was?", frage ich, worauf Seth nachhakt was er denn nicht wisse.

„Ich habe versucht einzuschlafen, um auch in das Wolkenhaus zu euch zu gelangen."

„Tatsächlich?", jetzt klingt Seths Stimme amüsiert.

„Hm", ich nicke bestätigend, „aber es hat nicht funktioniert."

Sanft streichelt Seth mir mit seiner linken Hand über den Arm.

„So geht das nicht...", verlassen dann die Worte betrübt seine Lippen.

Was? Was meint er denn damit? In mir macht sich Verwunderung breit. Warum soll es so nicht funktionieren? Bei Oma hat es doch immerhin auf diesem Wege auch geklappt.

„Wie denn dann?", will ich von ihm wissen. Seths Hand verschwindet. Er scheint nachzudenken, wie er mir meine Frage beantworten soll.

Ich lehne noch immer an seiner muskulöser Brust und genieße seine Nähe.

Oh, Seth ich habe dich so sehr vermisst. Bleib am besten für immer hier.'

Der Junge auf dessen Schoß ich sitze seufzt.

„Hör zu, Elliot", sagt er dann und seine Stimme klingt gefasst, „dass, was ich dir jetzt sagen werde ist sehr wichtig."

Ich nicke und spitze augenblicklich meine Ohren.

Seth nimmt mich fester in seine Arme, ehe er ansetzt.

„In deinen Erinnerungen", vernehme ich die tiefe, melodische, mir so bekannte Stimme, „werde ich weiterleben.... werden wir alle immer weiterleben... du musst also lediglich darauf achten, uns alle nicht zu vergessen, Großer."

Ich bleibe still.

„Denkst du, du schaffst das?", höre ich Seth hinter mir.

Ich nicke.

Mommy kann ich einfach nicht vergessen... und Daddy auch nicht. Omas Kochkünste werden mir immer in Erinnerung bleiben und auch, dass ich mich bei ihr immer wohlgefühlt habe. Ich werde Mommys Gutenachtgeschichten niemals vergessen und auch nicht ihre wunderbaren Zeichenkünste. Oh, sie war mit Daddy so glücklich. Vor meinem geistigen Auge sehe ich die beiden. Mommy und Daddy sind in einem Park. Im Hintergrund kann ich leuchtend grüne Bäume entdecken. Meine Mommy lächelt, während Daddy seine starken Arme glücklich um sie schlingt und sie dann kurz hochhebt. Sekunden später höre ich sein herzhaftes Lachen und dann entdecke ich das Lächeln in seinem Gesicht, in das sich Mommy so sehr verliebt hat. Das charmante Daddy-Lächeln, das nur er hat.

„Jetzt wirst du mir vielleicht nicht glauben", höre ich Seths jungenhafte Stimme, „aber irgendwann wird es dir wieder gut gehen. Du wirst damit zu Recht kommen, versprochen... aber vorerst, brauchst du deinen Schlaf."

Schlafen?

Nein, ich will nicht, ich muss doch bei Seth bleiben.

„Ich will aber nicht", entgegne ich, jedoch verrät ein kurzes Gähnen meinen Gemütszustand. Oh nein, jetzt wird er mich höchstpersönlich ins Bett... ahm ich meine auf die Couch... verfrachten und zwar ohne Wenn und Aber.

„Keine Sorge", erwidert Seth leicht lächelnd, „Ich bleibe hier, bis du eingeschlafen bist."

Bis ich eingeschlafen bin? Und was ist danach?

Eigentlich will ich ihn das noch fragen, aber ehe ich mich versehe, ist Seth mit mir auf dem Arm aufgestanden und geht Richtung Sofa. Bei der orangefarbenen Sitzgelegenheit angekommen, legt er mich darauf, deckt mich mit der weißen Decke mit den schwarzen Zeichen zu und setzt sich treu an meine Seite. Ich schaue zu ihm empor und kann Seths gutmütiges Lächeln sehen. Seine blauen Augen leuchten zufrieden.

„Vertrau mir, Großer", sagt er und die Sicherheit, die in seiner Stimme liegt, macht mir etwas Angst und lässt mein Herz augenblicklich schneller schlagen, „du packst das alles hier... und auch noch all das, was auf dich zukommt."

Erneut ein Lächeln des schwarzhaarigen Jungen, während ich ihn noch ein letztes Mal ansehe.

„Hab dich lieb", schläfrig verlassen die Worte meinen Mund.

„Wir dich auch", Seths warme, vertraute Stimme, „Oma, deine Eltern... ich... wir haben dich lieb, Elliot."

In mir ist nichts als wohlige Wärme. Ich nehme das Gefühl auf wie ein Schwamm das Wasser. Es ist so angenehm, so friedlich, so leicht... so befreiend.


Fortsetzung folgt...

Fifty Shades of Elliot (Band 1) #wingaward2019 #traumtaenzerawards2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt