Hat Gott nicht aufgepasst?

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Ja, wo ist Gott? Oder seine Engel?

Das habe ich mich in den letzten Wochen oder gar Monaten oft gefragt.

Zu oft vielleicht.

Erst vor zwei Tagen war wieder einmal eine Familie hier. Sie hat jemanden mitgenommen, aber leider nicht mich.

Was kann ich bloß tun, damit sich endlich eine für mich entscheidet?

Auch wenn ich mich an Linns Satz halte „Immer brav sein und lächeln, dann hast du eine größere Chance, damit dich eine Familie mitnimmt" irgendwie scheint es nicht zu klappen. Was stimmt nur nicht mit mir? Ist das, was sie mir gesagt hat, etwa falsch? So langsam gerate ich ins Zweifeln. Auch wenn ich dagegen ankämpfe und mir immer wieder sage, dass Linn mir bestimmt die Wahrheit gesagt hat.


Unwillkürlich muss ich an die Menschen denken, die mich zwar begrüßt, aber nicht mitgenommen haben. Es war eine Frau und ein Mann gewesen. Erstere hatte mich gefragt, was ich gerne mache. Ich hatte ihr von meinen Katzen erzählt. Daraufhin hatte sie jedoch nichts erwidert und auch der Mann neben ihr, war auf meine Worte hin eher still geblieben. So hatte ich weiter gesprochen. Hatte von meinen Zeichnungen erzählt. Ich hatte sogar den Mut aufbringen können, sie zu fragen, ob ich ihnen eins von meinen Bildern zeigen darf. Die Frau hatte genickt und auch der Mann war damit einverstanden gewesen. Ich hatte mich für die Schönste, wie ich fand, von meinen Zeichnungen entschieden.

Die Frau hatte gelächelt, während ihr Partner eher steif gewirkt hatte. Mit einem Blick den ich nicht deuten konnte, hatte sie mich angesehen. Ich weiß gar nicht, ob es an mir oder an meiner Zeichnung gelegen hat, aber dann sind sie gegangen ... alle beide. Und sie sind auch nicht wieder gekommen.

Leider.

Verstehen tu ich das schon gar nicht.

Was ist nur falsch? Falsch mit mir?

Ich bin doch brav und lächeln tu ich auch!


Ein Klopfen an meiner Zimmertür unterbricht meine Gedanken. Ich ziehe die Finger aus Kitty-Blues grauem Fell und blicke in Richtung Tür.

Mit einem leichten Quietschen wird diese geöffnet.

Zum Vorschein kommt unsere Heimleiterin. Eine etwas ältere Frau, die aber sehr nett und verständnisvoll ist.

Hinter ihr betritt ein Junge in Jeans und T-Shirt den Raum. Er hat schwarzes Haar und scheint etwas älter als ich zu sein.

Erneut muss ich an Linns Worte denken. Und auch wenn sie nichts mit dem neuen Gesicht vor mir zu tun, haben bestärken sie mich darin, aufzustehen und den Jungen in T-Shirt und Jeans zu begrüßen. Als er Kitty-Blue hinter mir auf meinem Bett entdeckt, kann ich seine Augen leuchten sehen. Hat er Tiere etwa gern?

„Magst du sie streicheln?", frage ich und nehme erneut all meinen Mut zusammen, der in mir schlummert. Der Junge nickt. Kommt zögerlich auf mich zu und streckt seine Hände aus. Kitty-Blue lässt die fremden Berührungen zu. Schließt genießerisch ihre blauen Äuglein und gibt mir mit ihrem Verhalten enorme Sicherheit. Sicherheit, dass der Junge nett ist und ich ihm vielleicht sogar vertrauen kann.


Abermals schwirren mir Linns Worte durch den Kopf und ich nehme mir gleichzeitig vor, mein Bestes zu geben. Ich blicke gerade aus auf das gemachte Bett meines Zimmergenossen. Ich werde ihm eine Chance geben. Denn die hat immerhin jeder verdient. Als ich ihn von der Seite betrachte, wie er Kitty-Blue seicht durch ihr hellgraues Fell streicht, bleiben meine Gedanken erneut bei Gott und seinen Engeln hängen.

Hat er nicht aufgepasst, als er mich auf diese Erde geschickt hat?

Fifty Shades of Elliot (Band 1) #wingaward2019 #traumtaenzerawards2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt