Kap. 2

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Schweiß gebadet wachte ich aus meinen Traum auf. Naja Traum kann man dazu nicht sagen. Es waren Erinnerungen. Sofort stiegen mir Tränen in die Augen.

Damals hat uns ein Geisterfahrer erwischt. Da meine Mutter mit mir beschäftigt war, hatte sie das Auto nicht gesehen, der uns entgegen gekommen ist. Wir sind Frontal mit dem Auto zusammengestoßen.

Ich bin einige Tage später im Krankenhaus aufgewacht mit gebrochene Knochen und Hämatome. Dort wurde mir gesagt dass nur ich überlebt hätte. Man hatte mir, einen 5 jährigen, einfach so erzählt dass meine Mutter und mein Zwillingsbruder gestorben sind. Wohl wissend dass ich daran schuld war an ihren Tod.

Ein Tag später wurde ich dann auch schon entlassen. Es interessierte den Ärzten nicht wie es mir ging. Wie ich mich fühlte, wie mich die Schuldgefühle innerlich auffressen. Sie wollten einfach nur wenig Arbeit haben. Und ich? Ich war alleine. Alleine in der großen Welt ohne meine Mutter und mein Bruder.

Damals hatte ich noch gehofft das mein Vater mir helfen würde, aber auch er war der Ansicht ich wäre schuld.

Kurz nach ihrer Beerdigung fing er an zu trinken. Am Anfang war es nur ein paar Biere, das änderte sich aber nach einigen Wochen. Mit der Zeit wurde er aggressiver. Er schrie mich nur noch an, ich bekam keine Netten Worte oder Umarmungen mehr. Wer will schon nett sein zu einem Mörder, der seine Mutter und sein Bruder auf den Gewissen hat?

Einens Tages bin ich stolz zu meinem Vater gegangen, da ich mein erstes Zeugnis von der Schule bekommen habe. Darin standen meine super Noten. Ich hatte in jedem Fach eine 1 oder eine 2.

Andere Eltern würden in den Moment, wo sie das Zeugnis sehen Stolz sein, mein Vater war nicht Stolz. Er war stinksauer. Immer wieder hat er geschrien, das wegen mir Henry jetzt nicht in die Schule gehen kann, deswegen soll ich jetzt nicht so glücklich sein soll. Das ich Abschaum bin, es nicht verdient habe Glücklich zu sein.

Ab da an Schlug er zu, immer wieder Schlug er mich und ich konnte es dann am nächsten Tag im der Schule erklären. Ich war damals erst 6. Andere Kinder haben sich in dem alter, Autos, Fußbälle oder sonst was gewünscht. Ich wünschte mir damals schon nicht mehr zu leben, von mein Vater weg zu kommen und noch einmal mit meinen Bruder zu Spielen und ihm sagen das ich in nicht Hasse, das ich ihn Liebte und ihn nie vergessen würde.

Jahre Später hat sich nichts geändert, außer dass die Schläge immer Schlimmer wurden.

Aus den Glücklichen und vorlauten Jungen wurde ein Trauriger und stiller Jugendlicher, der mit seinem Leben nicht mehr klar kam.

Ich wischte mir die Tränen aus meinen Augen und stieg aus dem Bett. Schnell machte ich mich fertig für die Schule was sich als schwierig herausstellte. Mir tat alles weh. Mit jeder Bewegung spürte ich die Schläge von gestern wieder.

Mein Vater war mal wieder betrunken und war der Ansicht dass er mir noch mal verdeutlichen soll, dass ich an den Tod von meiner Mutter und Henry schuld war. Ich wusste das ich es verdient habe aber dennoch schmerzte es immer wieder, es zerreißt mich innerlich. Jedes Mal wenn mein Vater die Hand gegen mich erhebt, zerstört er noch ein weiteres Stück von mir.

Mein Blick wanderte nach unten, wo mich ein Körper sah, der mit Hämatomen übersäht ist. An meine Arme sah ich Narben, sehr viele Narben die nicht von meinem Vater stammen.

Naja was soll ich sagen, sowas geht nicht ohne Spuren an einem vorbei.

Nachdem ich mir ein langen Pullover und eine Hose angezogen hatte machte ich mich schnell im Bad fertig.

Ein Blick im Spiegel zeigte mir das meine Haut unnatürlich blass war, ob es von Eisenmangel oder vom zu wenig Sonne war konnte ich nicht sagen. Naja wahrscheinlich etwas von beiden. Es könnte aber auch an meinem Schlafmangel liegen, was die Augenringe bestätigen.

Müde stieg ich die Treppe herunter und ging in die Küche.

Schnell suchte ich alles zusammen, was man für ein Frühstück braucht und stellte es auf den Tisch. Dann wendete ich mich der Tür. Ich selber esse nichts. Ich habe keine Lust schon am frühen Morgen verprügelt zu werden. Mein Vater ist der Meinung, dass ich es nicht verdiente essen zu bekommen. Eigentlich hat er schon Recht, wäre da nicht dieser Hunger, denn ich zurzeit immer Spüre. Ein letztes Mal schaute ich das essen sehenswürdig an, dann widmete ich meine Aufmerksamkeit die Tür.

Mit schnellen Schritten verlasse ich das Haus und wurde von einer unangenehmen Hitze begrüßt.

Scheiße muss es so heiß sein?

Meine Schule war nur 15 Minuten per Fuß entfernt. Unterwegs laufe ich viel an Bäume und Wiesen vorbei. Viele Farben sprangen mir ins Auge. Gelb, Rot, Braun und vor allem Grün. Wenn man mich fragen würde welche meine Lieblingsfarben sind würde ich ohne zu zögern Himmelblau und Grasgrün sagen.

Ich mag die Natur. Es sieht eindeutig besser aus als dieses langweilige Grau. Wie konnte man nur Wiesen und Wälder abreißen um Straßen und Wohnblöcke auf zu bauen.

Klar man brauchte Platz, aber man konnte doch bestimmt auch andere Lösungen finden als die ganze Natur zu zerstören.

Nach einer Viertelstunde Ruhe betrat ich dann das Schulgelände.

Emotionslos ging ich in meine Klasse und setzte mich an meinen Tisch, der ganz hinten in der Klasse war. Na super!

Auf den Weg dorthin bekam ich merkwürdige blicke zugeworfen. Naja ist ja auch kein Wunder. Wer würde denn bei 30 Grad auch einen dicken Pullover anziehen? Genau ich.

Nachdem ich mich gesetzt hatte zog ich meine Kapuze tief ins Gesicht und legte mein Kopf auf die Platte.

Warum habe ich überlebt?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt