lucky you

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"Kann mich einmal in dieser Welt der kack Wecker wecken?!" Schrie ich durch die Wohnung, nachdem mich die Klingel geweckt hatte. Das tat sie in letzter Zeit viel zu selten, also beschwerte ich mich nicht mehr, sondern stand direkt auf, um zur Tür zu gehen. Trotzdem erwartete ich ein gutes Argument dafür, geweckt worden zu sein. Ich wollte schließlich heute etwas mehr schlafen, als gestern. "Wer, oder was stört mich an einem frühen Morgen?" Knurrte ich, während ich die Tür öffnete und schluckte einmal kräftig, als ich der Person in die Augen sah.

"Deine Definition für früher Morgen ist irgendwie sehr merkwürdig." Der Stürmer vor mir starrte auf seine Uhr am Handgelenk und lachte dann. "Es ist fast zwölf Uhr." Bemerkte er dann und fiel mir in die Arme. "Hey, Kleine." Lächelte er und in den ganzen Minuten, in der wir hier vor der Tür standen, konnte ich nichts sagen.

"Timo...was, was tust du denn hier?" Stammelte ich und bat ihn rein, versuchte nicht rot zu werden und mein Stottern unter Kontrolle zu bekommen. Alles andere wäre irgendwie peinlich gewesen.

"Ich wollte dich einfach besuchen, da wir ja eh hier sind." Er zuckte mit den Schultern, blieb an der Bemalten Wand stehen, an der alle schon ihre Hände rangeklatscht hatten. "Wow. Ich glaube, das war so nicht geplant, oder?" Er lachte und ich schüttelte nur schnell meinen Kopf.

"Marco..." murmelte ich rechtfertigend und Timo nickte verstanden. Schließlich würde auch nur ein blonder Stürmer dieser Welt auf die Idee kommen, Farbe gegen eine Wand zu klatschen. Mit seinen Händen. Um dann an dieser zu unterschreiben. "Da ist der Eimer, wenn du auch willst." Ich deutete auf den Eimer und ging dann lachend ins Wohnzimmer und überließ Timo die bemalte Wand.

"Wo sind deine Bilder?" Fragte er dann, als er sich bei mir umsah und keines fand. Ich glaube, ich fand sogar ein klein wenig Trauer, weil ich unseres nicht aufgehangen hatte. Ich hatte höchstens ein altes Bild meines Hundes an meinem Nachttisch, das ich immer belächelte. Etwas anderes, wohnlicheres fand man hier nicht. Also zuckte ich nur mit den Schultern und sah Timo in die Augen.

"Ich möchte nicht, dass sich jemand nach meinem Tod mit Bildern von mir auseinander setzen muss." So wie ich die Bilder meines Vaters aussortieren musste. Es war für ein siebzehn jähriges Mädchen das schlimmste, seine beste Bezugsperson zu verlieren, weshalb ich niemals jemanden zumuten wollte, dass er meine Bilder von der Wand nehmen musste.

"Verdammt, sowas darfst du doch nicht denken!" Befahl er mir und sah mich empört an. Doch ich zuckte nur mit den Schultern, versuchte zu lächeln und sah dann auf den Boden, weil ich nicht in seine trockenen, enttäuschten Augen sehen konnte. "Du erklärst dich für tot, bevor es zu spät ist." Stellte er seufzend fest und sah mich traurig und hoffnungslos an.

"Besser keine Hoffnungen machen, als bitter böse einen Arschtritt zu bekommen, oder?" Murmelte ich und sah den Stürmer vor mir an, der vorsichtig nickte und dann mit den Schultern zuckte.

"Du hast doch noch ein Leben, Leo. Du kannst noch so viel schaffen, du musst nur-" er begann, wild vor meinem Gesicht zu gestikulieren und versuchte sich damit gerade selbst hoffnungslos etwas Hoffnung zuzusprechen. Es war ein Trauerspiel von Gut und Böse. Die Bösen gewannen immer.

"Timo, nein. Ich habe noch höchstens siebzehn Monate. Das einzige, was ich schaffen will, ist, meine Blacklist abzuarbeiten und dann bin ich hier weg. Für immer." Erklärte ich mit fester Stimme, weil er nicht der Erste und Letzte sein wird, der mir eine Moralpredigt über mein ungenutztes Leben halten wollte. Darauf hatte ich keine Lust mehr und damit wollte ich mich nicht auseinander setzen. "Du kannst noch viel schaffen, Kleiner." Lächelte ich und legte meine Hand zumutend auf die Schulter.

"Ich schaff das aber alles nicht ohne dich." Er seufzte und sah auf. Derweil kullerte eine Träne seine Wange hinunter und seine Augen waren ganz glasig. Ich seufzte nur betroffen und begann dann zu lächeln.

"Du kannst das. Du hast dein ganzes Leben noch vor dir." Lächelte ich, bevor ich ein leises "Lucky You...", hinter her hing.

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