Wir zwei können nicht wir sein

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Die Location war wunderschön. Lukas hatte sich seinen Pullover glatt gestrichen und seine Haare mit Wasser gerichtet. Er stand neben mir, zupfte sich an der Hose und drehte sich dann zu mir um. "Wie seh ich aus?" Fragte er dann und ich sah zuerst in die Kirche, die voller Menschen war und dann zu ihm.

"Luki! Werden wir etwa nervös?" Hänselte ich ihn und strich ihm über die Wange. Er rollte nur mit den Augen und richtete sich dann ein letztes Mal die Kapuze. "Du siehst aus, wie Basti sich seinen Traumtypen vorstellt - und jetzt geh da rein und hau sie um!" Lächelte ich ihm zu und er sah wieder zu mir runter, nickte und lächelte dann doch leicht. Ich ließ ihn schließlich mit seinen Eltern allein und ging dann in die Kirche, schmiss mich auf die Bank, auf der Jonas und Leon saßen und musterte die zwei dann. "Habt ihr Mats genervt?"

"So sehr, dass er dort hinten in der Ecke sitzt und schmollt." Präsentierte Jonas stolz und wir drehten uns, damit wir Mats ansehen konnten, der erst eingeschnappt seine Arme verschränkt hatte und dann zu uns sah, um uns den Mittelfinger entgegen zu strecken. Ich lachte nur und schlug mit Jonas ein.

"So gehört sich das!" Lachte ich und Jonas nickte, musste dann aber auch wieder lachen. Leon, der zwischen uns saß, schüttelte nur verständnislos den Kopf und sah mich dann an.

"Was ihr für eine Bindung habt, werde ich wohl nie verstehen."

"Weil wir nicht wollen, dass du sie verstehst." Kam es dann aus Jonas und ich zeigte auf den Verteidiger, nickte und zuckte gewonnen mit den Schultern. Leon rollte nur mit den Augen, verschränkte die Arme vor der Brust und nickte verstanden. Dann pustete er sich die Strähne aus dem Gesicht und sah dann stur nach vorn.

"Ich konnte gar nicht das schöne Kleid anziehen." Schmollte ich, betrachtete den Altar, auf dem Basti stand und sich nervös das Tshirt zurecht zog. Jonas drehte sich zu mir um und runzelte die Stirn.

"Welches Kleid?"

Ich seufzte und krempelte die Arme von meinem Pullover herunter. Der Pullover, der eigentlich Fiete gehörte, den ich aber nun schon meinen nannte, weil der Jüngere diesen sowie so nie wieder sehen würde. "Das hatte mir Timo damals extra für die Hochzeit gekauft hat." Murmelte ich enttäuscht, weil ich nun nicht mehr wusste, zu welchem Anlass ich dieses Kleid anziehen sollte.

"Apropos Timo -" Leon seufzte und sah dann nach hinten. "Wenn man vom Teufel spricht..." grummelte er dann und als hätte er wie ein Hund die Zähne gefletscht. Ich drehte mich um, sah dem Stürmer in die Augen und drehte mich sofort wieder um, verdeckte mein Gesicht mit meinen Händen und duckte mich.

"Versteckt mich!" Sagte ich dann nervös, legte mich halb auf Leon und Jonas rauf, nur damit ich nicht erkannt wurde. "Los! Macht irgendwas!" Knurrte ich und Jonas nahm seine Kölnjacke, um diese über mich zu werfen.

"Es ist denn Freund, Leo..." lachte Leon mehr oder weniger fassungslos und in dieser Sekunde warfen Jonas und ich ihm den gleichen Killerblick zu. Er schreckte kurz hoch, hob dann die Hände. "Ok, wow. Das war echt gruselig." Grummelte er dann und ich war mittlerweile in den Fußbereich der Bänke gekrabbelt, um mich dort hinter Jonas' Füßen verstecken zu können.

"Jungs, habt ihr Leo gesehen?" Hörte ich es und ich schüttelte nur wie eine Irre den Kopf, flüsterte vor mich hin, dass sie mich nie gesehen hätten und hoffte inständig, Leon würde es nicht verkacken.

"Er ist weg." Grummelte Leon, immer noch in einem Ton, der mich dazu auffordern sollte, mit Timo zu sprechen. Doch ich konnte nicht, ich wollte nicht und ich hatte einfach Angst davor.

"Leo, können wir bitte kurz reden?" Timo stand genau vor mir, als ich aus meinem Versteck gekrochen kam und schaute mich an. Er biss sich auf die Unterlippe und wischte sich seine Schweißgebadeten Hände an seinem Anzug ab. Ich nickte, warf Leon den bösesten Blick zu, den ich hatte und folgte dem Leipziger dann aus der Kirche.

"Seit wann arbeiten du und der Münchner zusammen?" Murmelte ich und sah dann in Timos Augen, um meine Nervosität zu verdecken. Dann beobachtete ich jeden Atemzug von Timo und legte meinen Kopf schief, als dieser nicht antwortete. "Was liegt dir auf dem Herzen?" Innerlich betete ich dafür, er würde mir jetzt das Herz brechen, damit ich es ihm nicht antun musste. Doch das Schicksal spielte noch nie mit mir, also verwarf ich diesen Gedanken und sah meinen Gegenüber mutig an.

"Naja, eigentlich wollte ich nur sichergehen, dass du wohl auf bist. Du hast schließlich nicht einmal Bescheid gesagt, wo du dich aufhälst und auf meine Anrufe muss ich glaube ich gar nicht erst eingehen, hm?" Timo sah mich ernst an und ich nickte.

"Timo, ich konnte endlich wieder ich selbst sein. Ich konnte das machen, was ich am liebsten tu und du -" ich sah ihn ehrlich an. "Konntest auch du sein, oder nicht?" Fragte ich und sah dann nach oben.

Der Stürmer überlegte kurz, schüttelte dann aber den Kopf. Ich seufzte nur, wusste, dass er nicht verstand, was ich meinte und wollte gerade zum Sprechen ansetzen, da kam er mir dazwischen. "Es ist Mats, oder?"

Ungläubig schüttelte ich den Kopf, sah den Leipziger mit großen Augen an und verschrenkte die Arme vor der Brust. "Du warst einfach nicht da." Murmelte ich. Dann nickte ich aber, sah auf den Boden.

"Leo, irgendwann kannst du nicht mehr davor wegrennen, es wird dich einholen und dich zu Boden drücken. Und dann, dann, Leo, bin ich nicht mehr da." Stotterte der Leipziger vor mir und ich nickte wieder nur.

"Aber wir zwei können dann endlich wieder wir sein."

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