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Zuhause angekommen stürmte Chloe  in die Küche, wo ihre Mom schon auf sie wartete. Es duftete verführerisch nach ihrem berühmten Nudelauflauf mit Spargel, Spinat und Lachs. Verträumt atmete sie ein und merkte schon wie sich Speichel in ihrem Mund ansammelte.

„Wie war dein Tag meine Kleine", wollte sie wissen, drehte sich dabei aber nicht um.

„Gut."

Nachdem sie fertig gegessen hatten und ihr Hunger gestillt war, setzten sie sich gemeinsam vor den Fernseher und schalteten die Nachrichten ein.

... ereignete sich ein Autounfall auf der A10. Es gab etliche Verletzte...

„Mom? Erzählst du mir was über Dad?", fragte Chloe und räusperte sich.

Er war bei einem Autounfall gestorben und Chloe wusste, dass sie nicht gerade gern über ihn sprach. Sie wusste nur nicht wieso. Jedes Mal, wenn sie ihre Mutter darauf ansprach, blockte sie ab. Mila versteifte sich merklich neben Chloe.

„Da gib es nichts zu erzählen", sagte Mila und ihre Körperhaltung verspannte sich.

„Bitte, erzähl mir was über ihn", flüsterte sie.

Ihre Miene verdüsterte sich. „Nein."

„Wieso nicht?" Chloe hob fragend ihre Augenbraue

Ihre Mutter rang um Fassung, „Er ist Tot. Das sollte reichen."

„Wieso erzählst du mir nichts von ihm? Wieso redest du nie von ihm? Hat er dir nichts bedeutet, oder was? Wieso blockst du andauernd meine Fragen ab?", die letzte Frage schrie sie fast, aber auch das war ihr inzwischen egal. Sie wollte es endlich wissen.

„Das reicht!", Mila ballte ihre Hände zu Fäusten.

„Dann sag mir endlich was los ist!", brüllte sie zurück.

„Geh auf dein Zimmer!" Mila beendete das Gespräch.

So endete es immer. Sie schrien sich an und Chloe musste auf ihr Zimmer. Wütend starrte Chloe ihre Mutter an. Schließlich drehte sie sich um und stapfte auf ihr Zimmer, nicht ohne vorher ihre Zimmertür laut zugeknallt zu haben. Eine Träne löste sich aus ihrem Auge und rann ihre Wange hinunter. Sie hätte ihren Vater sehr gern kennengelernt. Als sie zwei Jahre alt war, wurden sie laut ihrer Mutter in einen Autounfall verwickelt. Ein betrunkener Lastwagenfahrer übersah die rote Ampel und fuhr einfach weiter. Rammte das Auto der Familie. Ihr Vater starb. Mila und Chloe nicht. Daran hatte sie allerdings keine Erinnerungen mehr. Genauso wenig wie an ihn. Sie war damals auch noch sehr jung. Wie durch Zauberhand überlebten sie den Unfall. Das einzige was von der Existenz des Autounfalles zeugte, war die Narbe auf Chloes Rücken. Sie erinnerte sie jedes Mal an ihren Vater, weshalb sie auch unbedingt wissen wollte, wie er gewesen war. Schließlich trug sie die Erinnerung an ihn immer bei sich. Sie hatte noch immer nicht aufgegeben ihre Mutter über ihn auszufragen. Was hatte er getan, dass sie so verärgert hatte und nie über ihn sprach? Chloe verstand es einfach nicht. Er konnte doch nichts für den Unfall und ihnen war nichts passiert. War sie deshalb sauer, weil er sie alleine gelassen hatte? Das ist Unsinn, oder? Seufzend legte sie sich ins Bett und steckte ihre Kopfhörer ins Ohr. Sie begann sich wieder etwas zu entspannen, bis die Musik sie einlullte und sie in einen traumlosen Schlaf glitt.

Am nächsten Morgen beim Frühstück war die Stimmung frostig. Niemand wollte das Schweigen brechen. Bis Chloe sich schließlich erhob und ihre nur zur Hälfte aufgegessenen Cornflakes wegstellte. Sie hatte keinen Hunger. Ohne ein Wort des Abschieds schnappte sie sich ihre Schulsachen und eine Jacke, die sie sich schnell überzog. Der Sommer neigte sich langsam dem Ende zu. Hitze wurde durch Kälte ersetzt. Die ersten Vögel machten sich schon bereit für ihren Flug nach Süden. An der Bushaltestelle angekommen wartete sie auf den Bus, der kurz darauf auch schon um die Ecke bog. Chloe stieg ein und ließ sich neben ihre beste Freundin Amy fallen.

„Hast du es schön gehört? Wir haben am Freitag ein Turnier gegen andere Schulen."

„Volleyball meinst du?" Chloe war noch gar nicht richtig wach.

„Na, klar was denn sonst?" Amy grinste und versetzte ihr einen leichten Schlag auf die Schulter.

Chloes und Amys Wege trennten sich für die ersten beiden Stunden, denn beide mussten in einen anderen Kurs. Für Chloe standen noch zwei Stunden französisch auf dem Plan. Sie schlenderte gemächlich die Gänge entlang, denn sie hatte noch ein wenig Zeit, bevor der Unterricht anfangen würde. Trotzdem kam sie früher an, als geplant. Die Tür wurde von einer Gruppe aus einem Jungen und drei Mädchen blockiert.

Die drei Mädchen steckten die Köpfe zusammen und tuschelten sich etwas zu. Das mittlere Mädchen erzählte etwas und ihre Freundinnen kicherten, wie auf Kommando los.

„Worüber lacht ihr?", fragte Chloe, obwohl sie glaubte, die Antwort zu kennen.

„Wir lachen über dich. Dein T-Shirt gefällt uns nicht." Ihr Gefolge nickte zustimmend.

Das T-Shirt von dem sie sprach war weiß mit ganz vielen kleinen, roten Rosen darauf.

„Eigentlich wollte ich nichts sagen, aber wenn du auch ehrlich bist, bin ich es auch. Erstens es ist fast Winter zieh dir mal was Längeres an und zweitens das Pink steht dir nicht, es macht dich blasser als du eh schon bist." Zuckersüß lächelte Chloe sie an.

Der einzige Junge in der Gruppe fing an zu lachen. „Jetzt hat sie es dir aber gezeigt Linda." Er hielt sich den Bauch und lachte aus tiefster Kehle.

„Leg dich nicht mit mir an. Das wirst du bereuen." Linda funkelte sie an.

Chloe zog es vor sich einfach an die gegenüberliegende Wand zu lehnen und zu schweigen, um die Lage nicht noch weiter zu provozieren. Nach einer Weile schloss die Französischlehrerin den Raum auf und ließ alle hinein. Dann verließ sie ihn wieder, da sie etwas im Lehrerzimmer liegen gelassen hatte. Linda baute sich nun vor Chloe auf und schubste sie, sodass sie hinfiel.

Dann kam sie ganz nah an ihr Gesicht heran und sagte: „Ich konnte dich noch nie leiden, Chloe. Ich werde dich beobachten."

Dann betrat ein Junge den Raum. Er schien mitbekommen zu haben, wie Linda Chloe herumscheuchte denn er sagte: „Hör auf damit, Linda." Er schaute sie tadelnd an und sie wurde rot.

Chloe hingegen lächelte er an und streckte ihr seine Hand hin, die sie ergriff, um sich von ihm hochziehen zu lassen.

„Neben mir ist ein Platz frei, setz dich doch hier hin, wenn du willst." Er lächelte und Chloe registrierte nur, wie sie zustimmend nickte.

Zu verblüfft war sie von seinem Aussehen. Verstrubbelte braune Haare, die im Ansatz blau gefärbt waren. Sein Sixpack zeichnete sich durch sein enges Trikot deutlich ab. Trotz der Kälte trug er keine Jacke und sogar eine kurze Hose. Unter seinem rechten Arm klemmte ein neongelber fast schon grüner Fußball.

„Danke, für die Rettung." Chloe hatte sich nun endlich wieder im Griff.

Linda räusperte sich. „Das ist mein Platz. Verschwinde von hier."

„Es war dein Platz. Wir sind schon lange kein Paar mehr und werden es auch nie mehr sein. Das war ein Fehler", fauchte er sie an.

Mit geschürzten Lippen zog sie ab und scheuchte irgendeinen anderen Jungen von seinem Platz auf den sie sich dann setzte.

„Ich bin übrigens Tim."

„Chloe."

Nach der vorletzten Stunde, Geschichte, lief sie schnell zu ihrem Schließfach. Sie klatschte achtlos ihr Geschichtsbuch hinein und holte ihr Biologiebuch für die letzte Stunde heraus. Die Stunde begann und ihr Biologielehrer war immer noch nicht da. Nach ein paar Minuten in dem alle schon hofften, die Stunde würde ausfallen, kam die Direktorin höchstpersönlich in ihre Klasse geplatzt, mit einem fremden Lehrer im Schlepptau.

„Das ist Herr Reynolds euer neuer Biologielehrer", erklärte die Direktorin.

„Wo ist Herr Porter?", fragte Jack sie.

„Er war in einen Unfall verwickelt und kann die nächste Zeit nicht unterrichten", sagte Frau Thompson.

Herr Reynolds stellte sich kurz vor und fuhr dann im Stoff fort. 

Der WahrheitsfinderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt