#21

7 3 0
                                    

Am Montag in der Schule konnte Chloe sich einfach nicht konzentrieren. Die ganze Zeit saß sie wie auf Kohlen und konnte es gar nicht erwarten bis die letzte Stunde endlich vorbei war. Was wenn sie heute wirklich ihren Vater traf? Und was, wenn nicht? Dann würde ihr Herz brechen. Es war Hoffnung in ihr aufgekeimt, dass ihr Vater wirklich noch lebte. Doch warum hatte er sich dann all die Jahre nicht gemeldet? Wieso sollte ihre Mutter sagen, er sei tot? Endlich es klingelte zum Stundenende.

Sie sprang mit einigen anderen Schüler auf und wollte den Raum verlassen, doch ihr Biologielehrer hielt sie zurück. „Ich beende den Unterricht."

Sie setze sich wieder auf ihren Platz und wippte mit ihrem Fuß auf und ab.

Dann sagte er endlich die erlösenden Worte. „Der Unterricht ist beendet."

Sie sprang auf und eilte durch das Schulgebäude zum Ausgang. Dann lief sie geradewegs zu dem Eiscafé. Schließlich drückte sie die Türklinge von Giovannis Eiscafé herunter und blickte sich um. Es war nicht besonders viel los. Nur ein älteres Ehepaar und eine Familie mit zwei Kindern ließen sich eine große Portion Eis schmecken. Ihr Herz rutschte ihr in die Hose und Chloe setzte sich an einen der kleineren Tische mit nur zwei Stühlen. Sie war ungefähr zehn Minuten zu früh, dennoch hatte sie gehofft, er würde schon da sein. Ihre Ungeduld machte sie schier wahnsinnig. Sie tippte mit ihren Fingern gegen die Tischplatte, und wurde dann von der Bedienung unterbrochen. Zur Ablenkung bestellte sie sich eine Fanta. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis sie endlich ankam. Nach der Ankunft ihres Getränks nippte sie daran, um sich von der Warterei abzulenken. Es wurde 15:00Uhr. Die Zeit schien stehen zu bleiben. 15:20Uhr. Sie beschloss noch zehn Minuten zu warten und dann nach Hause zu gehen. Nach zehn Minuten öffnete sich die Tür und Chloe schaute gebannt hin. Es war nur ihr Biologielehrer in Begleitung einer Frau. Er setzte sich neben ihren Tisch und nickte ihr freundlich zu, dann wandte er sich der Frau zu und unterhielt sich angeregt mit ihr. Chloe gab auf. Sie bezahlte und stand auf. Dann wandte sie sich zum Gehen, doch dabei war sie so in Gedanken versunken, dass sie an der Tür mit jemandem zusammenstieß. Chloe landete mit dem Arsch voran auf dem Gehweg. Der Fremde entschuldigte sich und half ihr hoch.

Als sie aufsah stutzte sie. „Dad?", fragte sie.

Der Mann schaute auf und musterte sie. „Chloe?"

Ihr Vater sah fast noch genauso aus wie auf dem Foto, dass ihre Mutter ihr gegeben hatte. Nur die eingefallenen Wangenknochen und die Augenringe, ließen ihn älter aussehen. Plötzlich tauchten viele Fragen in ihrem Kopf auf.

„Entschuldige, dass ich so spät bin. Ich wurde noch im Büro aufgehalten."

Chloe brachte kein Wort heraus. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er tatsächlich noch lebte. Das bedeutete - ihre Mutter hatte sie angelogen. Das tat weh.

„Wo warst du all die Jahre? Ich dachte du seist tot? Wie konntest du mir das nur antun?" Auf einmal sprudelten die Fragen nur so aus ihr heraus.

„Es war nicht so leicht dich zu finden. Deine Mutter hat dich vor mir versteckt.", sagte er.

„Warum sollte sie? Dafür gibt es doch bestimmt einen Grund." Sie wusste so gut wie nichts über ihren Vater. Vielleicht verheimlichte er ihr etwas.

„Ist doch nicht so wichtig. Hauptsache ich bin jetzt da, oder nicht?" Ihr Vater sah sie sanft an.

„Nein, Das ist es eben nicht. Du tauchst hier nach 14 Jahren urplötzlich auf und erwartest von mir, dass ich dir um den Hals falle, ohne Fragen zu stellen? Das werde ich erst tun, wenn du mir erklärst warum du so lange weggeblieben bist. Ich verstehe es nämlich nicht." Mit einem Funkeln in ihren Augen starrte sie ihn an.

Er lächelte nur. „Du siehst genau aus wie deine Mutter, wenn du wütend bist. Genauso hat sie mich auch angestarrt, wenn sie sauer auf mich war."

„Das war keine Erklärung. Hör auf mir auszuweichen. Was verheimlichst du mir?" Chloe ließ sich von seinen ablenkenden Worten nicht beeindrucken und verlangte nach einer Erklärung.

„Du bist erstaunlich groß geworden. Als ich dich das erste Mal im Arm gehalten habe, warst du noch unglaublich klein." Er schaute sie nachdenklich an.

„. Mit dir kann man einfach nicht reden. Du weichst mir nur aus. Ich werde jetzt gehen. Ich werde dich erst wieder treffen, wenn du mir alles erklärt hast. Bis dann." Chloe wandte sich ab und wollte weggehen.

„Hör auf so mit deinem Vater zu sprechen." Er hatte sie in wenigen Schritten eingeholt und hinderte sie mit einem Griff um ihren Unterarm zurück.

Chloe schrie vor Schmerz auf. „Meine Mom hatte alles recht dich von mir fernzuhalten, so wie du mit mir umgehst. Jetzt verstehe ich auch warum sie mir nie etwas über dich erzählen wollte."

Er ließ sie los und sie rieb über ihren schmerzenden Arm. Dann drehte Chloe sich um, stürmte davon und ließ ihren Vater allein zurück. 

Der WahrheitsfinderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt