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Mila konnte nicht zu Herr Decker durchdringen. Er schien auf einem anderen Planeten zu sein, in seiner eigenen Welt, für die sie ein Passwort brauchte. Er reagierte auf nichts und die Zeit lief ihnen davon. Sie bezweifelte nicht, dass hier eine Bombe im Spiel war, aber sie wollte ihn nicht aufgeben.

„Herr Decker." Sie versuchte ein weiteres Mal zu ihm durchzudringen.

„Es hat keinen Zweck. Wir müssen hier weg", wies Agent Roberts sie an. „Wir dürfen uns nicht unnötig in Gefahr bringen."

Doch sie wollte nicht aufgeben und schüttelte den Kopf. „Geht schon vor."

Zweifelnd sah Agent Roberts sie an. Er wusste, dass er sie nicht würde umstimmen können, obwohl er sie erst einige Tage kannte. Seufzend ließ er alle FBI- Agenten evakuieren, die sich in dem Raum aufhielten. Es waren inzwischen nur noch zehn Sekunden übrig. Mila war total verzweifelt. Sie wollte ihn nicht sterben lassen. Sie wusste aber auch nicht wie sie ihn sonst retten sollte, wenn er nicht mit ihr sprechen wollte. Noch 2 Sekunden. Vorsichtshalber ging sie ein paar Schritte zurück, um mehr Abstand zu gewinnen, sollte die Bombe hochgehen.

Sie versuchte es noch ein letztes Mal, „Herr Decker."

Dann wandte sie sich ab, um durch die Tür zu fliehen, doch es war schon zu spät. Eine gewaltige Druckwelle ließ Mila das Gleichgewicht verlieren. Sie versuchte sich noch mit einer Rolle abzufangen, doch dabei kam ihr Handgelenk unglücklich auf. Es schmerzte, aber das war ihr im Moment egal. Mila schaute, nachdem sich der Rauch gelichtet hat um und schaute benommen auf die Stelle, wo Herr Decker vor wenigen Sekunden noch gesessen hatte. Er wurde regelrecht zerfetzt. Sie entdeckte ein Stück seiner Hand in ihrer Nähe und erschauderte. Das war wohl das Schrecklichste, was sie jemals beim FBI gesehen hatte. Sie hätte auch dort liegen können. Dann hätte Chloe niemanden mehr gehabt und sie wäre alleine zurückgeblieben. Er hatte sterben wollen, das begriff sie jetzt. Aber für welche Wahrheit war man bereit zu sterben? Was hatte er getan? Erst jetzt bemerkte sie den pochenden Schmerz in ihrem Handgelenk. Dann sah sie in Trance, wie Agent Roberts auf sie zu gelaufen kam.

„Wieso macht er sich Sorgen um mich? Er sollte sich eher um Decker sorgen", dachte sie nur.

„Alles ok?", wollte er von ihr wissen.

Nichts war ok, denn sie hatte gerade eine Explosion miterlebt. Mila hatte Glück, Decker nicht. In ihren Gedanken spielte sich das Geschehene, wie in einer Zeitschleife immer wieder ab. Sie nahm alles wie in Trance wahr, den Arzt, der ihre Hand verarztete, wie Agent Roberts sie nach Hause fuhr. Der schrille Ton des Weckers, der sie am nächsten Morgen weckte. Sie stand auf, denn ihre Tochter musste zur Schule. Mila musste Frühstück machen, deshalb stand sie auf und griff routinemäßig nach den erstbesten Sachen in ihrem Kleiderschrank, die sie finden konnte Dann lief sie mit ungelenken Bewegungen ins Bad, putzte sich die Zähne, duschte und zog sich an. Sie lief in die Küche. Mila hatte das Gefühl sie wurde von einem Fließband getragen, denn ihre Beine liefen wie von selbst, schienen ihr aber nicht mehr zu gehören. Ihre Schritte erfolgten mechanisch, ihr Atem ging flach und sie konnte nur an eins denken. An die Körperteile die verteilt wie ein ungelöstes Puzzle in dem Becken gelegen hatten. Mila schaute in eine Schublade und schloss sie wieder, ohne wahrgenommen zu haben, was darin lag. Dann öffnete sie eine andere, holte eine Pfanne heraus und öffnete den Kühlschrank, um zwei Eier herauszuholen. Sie erhitzte die Pfanne und schlug das Ei hinein. Während das Ei briet, setzte sie sich an den Tisch und hielt ihre Hände vors Gesicht. Ihr kamen die Tränen, denn sie konnte die Bilder einfach nicht loswerden. Es ging nicht. Noch nie war ein Fall so nah an sie herangetreten. 

Der WahrheitsfinderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt