2001

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„Hör auf. Wir werden noch erwischt." Mila stieß Adam zur Seite, als er versuchte sie zu küssen.

Seit sie ihm vor ungefähr einem Jahr erzählte, wie Aaron mit ihr umging, hatten sie eine Affäre. Wie ironisch, dass es genau Aarons Vorwürfe waren, die sie näher zusammengebracht hatten.

„Ich muss dir was sagen." Mila schluckte und setzte sich auf die Couch.

„Du bist ja ganz bleich. Geht es dir gut?" Adam musterte sie von oben bis unten.

„Ich bin schwanger und du bist der Vater. Ich habe hinter seinem Rücken einen Vaterschaftstest veranlasst. " Sie schluckte erneut und umklammerte die Sofalehne mit ihr Hand, die dadurch weiß wurde.

„Wie...was...schwanger? Du? Wir dürfen uns nicht mehr treffen. Das ändert alles." Adam fuhr sich durch sein glänzend schwarzes Haar, dass sie so an ihm liebte.

„Wie meinst du das?" Für Mila brach eine Welt zusammen.

Sie hielt die Schläge und Demütigungen nur deshalb aus, weil sie ihn hatte. Eine Trennung von Aaron kam für sie nicht infrage. Zu groß war die Angst davor, was für Folgen das für sie hätte. Sie wusste, er würde sie jagen und niemals in Ruhe lassen, also war es einfacher seine Launen zu ertragen. Mila hielt sich für feige, aber sie hatte einfach keine Kraft mehr sich zu wehren.

„Wenn er es herausfindet wird er vielleicht dem Baby schaden. Es ist zu riskant." Adam setzte sich neben sie auf die Couch und hatte im Gesicht nun die gleiche Farbe wie ihre Hände angenommen.

„Dann lass uns fliehen. Wir könnten ins Ausland gehen und dort ein neues Leben anfangen. Eine Familie gründen." Mila hätte nur den Mut zu fliehen, wenn Adam sie begleiten würde.

Er könnte sie beschützen und Mila schöpfte wieder ein wenig Hoffnung.

Doch die Hoffnung zerplatzte, wie eine große Seifenblase. „Ich kann nicht. Meine Frau. Ich kann sie nicht verlassen." Er senkte den Blick.

„Aber du liebst sie doch gar nicht. Du sagst doch immer wie sehr du mich liebst! Warum entscheidest du dich dann für sie? Warum, Adam?" Mila kamen die Tränen und sie schaute ihm in die Augen.

Er wäre ihre letzte Rettung gewesen. Der einzige Grund, der sie von Aaron befreien konnte. Aus eigener Kraft würde sie es niemals schaffen. Dafür war ihre Angst zu groß. Außerdem glaubte sie tief in ihrem Inneren, dass sie Aaron immer noch liebte. Adam sagte nichts und starrte einfach nur weiter auf den Boden.

„Ich sollte gehen und Aaron erzählen, dass ich schwanger bin. Von ihm." Mila stand auf und stieß sich ihr Schienbein schmerzhaft an der Couch.

Sie unterdrückte einen Schmerzenslaut und trat über die Türschwelle, in der Hoffnung Adam würde sie doch noch aufhalten. Doch schon stand sie draußen vor dem Haus, ohne einen Ton von ihm gehört zu haben. Tränen fingen an, über ihre Wange zu laufen, bis eine auf den steinigen Kiesweg fiel. Sie setzte sich in ihren Wagen und weinte solange, bis keine Tränen mehr übrig waren. Danach schlug sie einige Male auf ihr Lenkrad ein. Dann beruhigte sie sich wieder und fuhr zu Aaron nach Hause. Er hatte seinen Alkoholkonsum unter Kontrolle gebracht, seit er das Studium beendet und eine eigene Praxis als Psychotherapeut aufgemacht hatte. Mila verstand nicht, wie er einerseits Menschen in Notlagen helfen, andererseits ihr das Leben zur Hölle machen konnte.

Er erwartete sie bereits als sie ihre gemeinsame Wohnung betrat. „Wo warst du?"

„Beim Sport sowie jeden Donnerstag." Es erzeugte kein schlechtes Gewissen, Aaron anzulügen und deshalb konnte sie ihm auch unverwandt in die Augen sehen. „Schatz, ich muss dir was Wichtiges sagen. Setz dich bitte auf den Küchenstuhl."

Sie griff nach seiner Hand, doch er zog sie weg. „Was hast du angestellt, Weib?"

Mila zuckte bei den Wort Weib zusammen und atmete noch einmal kräftig ein. Er nannte sie oft so, aber sie hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt. „Ich bin schwanger." Sie stieß die eingeatmete Luft wieder aus.

Aaron erstarrte und sie befürchtete schon, er würde sie schlagen und ihr raten das Kind abzutreiben.

„Schwanger? Schwanger." Er flüsterte das Wort beinahe. „Das ist perfekt."

Er sprang vom Tisch auf und umarmte Mila, schlang ihre Arme um ihren Körper. Sie erwiderte seine Umarmung nicht, sondern ließ die Arme schlaff nach unten hängen. Sie verstand es nicht. Er lieferte ihr die Reaktion, die sie sich von Adam gewünscht hatte. Doch tief in ihrem Inneren regte sich so etwas wie Hoffnung. Vielleicht würde alles wieder so werden wie vor der Hochzeit. Unbeschwert und leicht. Sie erwiderte den Kuss, den Aaron ihr gab und ließ sich von ihm über den Bauch streicheln. 

Der WahrheitsfinderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt