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Hi.

War das einzige was dort stand. Ihr Finger schwebte auf der Wortgruppe Kontakt blockieren, aber dann entschied sie sich anders und tippte auf Nachricht beantworten. Vielleicht war es jemand von ihren alten Freunden, der eine neue Handynummer hatte.

Sie schrieb: Hallo. Wer bist du?

Dann schickte sie die Nachricht ab und steckte ihr Handy weg. Ihr Samsung vibrierte erneut und sie holte es wieder heraus. Hatte der Unbekannte schon zurückgeschrieben? Tatsächlich. Ihre Hände zitterten, als sie auf die Nachricht klickte.

Chloe bidt du es wirklicj? Ich habe solange darauf gewartet dich zu erreicjen. So viele Jahre lang. Ich bin dein Vater, Chloe. Ich mlchte dich unbedingt kennenlernen.

Trotz der vielen Tippfehler war die Nachricht ziemlich eindeutig. Das war nicht möglich. Ihr Vater war doch tot. Litt sie an Halluzinationen?

„Siehst du die Nachricht auch?" Schon hielt sie Ella ihr Handy vor die Nase, die zusammenzuckte.

Sie las die Nachricht und nickte dann. „Dein Vater?"

„Ich glaube, ich spinne. Mein toter Vater schreibt mir Nachrichten über WhatsApp.", Chloe kicherte und sprach mehr mit sich selbst als mit Ella.

Sie fühlte sich plötzlich ganz benommen und hörte auf zu kichern. Was wenn er gar nicht tot war? Wenn ihre Mutter sie all die Jahre angelogen hatte? Doch wieso sollte sie ihr das antun? Es musste eine Erklärung dafür geben. Es musste ein böser Scherz sein.

Das ist nicht witzig. Mein Vater ist tot. Wer auch immer du bist. Lass mich in Frieden.

Die Person, die sich als ihr Vater ausgab kam wieder online. Chloe wartete auf die Antwort, während sie mit ihren Fingerkuppen auf die Bettdecke klopfte.

Ich würde dicj niemaks anlügen. Ich bin dein Vater. Ich schwöre es. Wenn du mir nicjt glaubst. Komm am Montag nach der Schule ins Eiscafé, da wo du heute mit deinen Freunden warst.

Woher weißt du wo ich heute war? Hör auf mir nachzustellen! Warum sollte ich dir überhaupt vertrauen? Wer weiß vielleicht lockst du mich ins Café und bringst mich dann um. Du kannst da lange warten, denn ich werde nicht kommen.

Chloe schickte die Nachricht mit zitternden Fingern ab.

Es ist deine Entscheidung. Wenn du nicht kommen möchtest, dann tu es nicht, aber ich schwöre, dass ich dir nichts tun werde. Ich möchte dich einfach sehen.

Die Person blieb hartnäckig. Sie wollte nicht lockerlassen. Nach kurzem Zögern, in dem die Neugier siegte, schrieb sie:

Ok. Ich werde da sein.

Die Nachrichten hatten wieder alte Wunden aufgerissen, die längst verheilt sein sollten.

„Alles, ok?", fragte Ella sie und durchbrach die schon länger andauernde Stille.

Jetzt konnte Chloe, die Tränen nicht mehr zurückhalten. „Nichts ist in Ordnung. Mich hat jemand angeschrieben und behauptet er ist mein Vater, aber das ist unmöglich. Er ist tot. Er ist bei einem Autounfall gestorben, als ich drei war. Meine Mom und ich haben ihn überlebt."

Sie schluchzte und vergrub ihre Hände im Gesicht, um ihre Tränen zu verdecken. Plötzlich spürte sie eine Berührung. Ella umarmte sie und Chloe schaute auf.

„Danke, das habe ich gebraucht." Sie wischte sich ihre Tränen weg.

„Das mit deinem Vater tut mir sehr leid", sagte Ella in die Umarmung hinein.

Es klingelte an der Tür.

„Chloe. Deine Mutter ist da!"

„Danke, das ich hier sein durfte", sagte Chloe und löste sich von Ella.

„Immer wieder gern."

„Komm doch auch mal mit zu mir."

Ella begleitete Chloe die Treppe hinunter. Unten blieben sie stehen. Die Spannung zwischen Ellas und Chloes Mutter war nicht zu übersehen. Hass loderte in den Augen der Frauen. Mila ballte ihre Hände zu Fäusten und stützte sie auf ihren Hüften ab. Sie bemerkte ihre Anwesenheit nicht, ebenso wenig wie Ellas Mutter. Sie fochten einen stillen Kampf aus, deren Inhalt nur sie kannten.

„Hey, Mom." Chloe räusperte sich.

Erwischt zuckte Mila zusammen und gab ihre Kampfhaltung auf.

Chloe hatte inzwischen ihre Schuhe und ihre Jacke angezogen und verabschiedete sich. „Bis Montag in der Schule."

Ella winkte ihr zum Abschied. „Bis Montag."

Als sie den Pfad hinunter zum Gartentor entlangliefen fühlte Chloe sich seltsam beobachtet und drehte sich noch einmal um. Ellas Mutter hatte eine Gardine beiseitegeschoben und schaute ihnen durch ein Fenster nach.

„Kennst du Ellas Mutter? Sie ist voll unheimlich. Ist dir klar, dass sie uns gerade beobachtet?", fragte Chloe Mila.

„Ja, ich kenne sie." Nach kurzem Zögern seufzte Mila auf und gab ihr die Antwort auf ihre Frage. „Und du hast Recht. Sie ist gruselig." Ihre Lippen verzogen sich zu einem Grinsen.

„Ihr scheint euch nicht besonders zu mögen, warum?"

„Ich sag es mal so. Sie hat mir damals etwas weggenommen und gehört einer Vergangenheit an, die ich lieber vergessen möchte." Mila sah für einen kurzen Augenblick unendlich traurig aus, so dass Chloe alle Fragen hinunterschluckte, die ihr auf der Zunge lagen.

Sie blieb stehen und schlang ihre Arme um die Taille ihrer Mutter und drückte sie so fest sie konnte.

„Wofür war das jetzt?", fragte Mila mit leicht aufgerissenen Augen.

„Einfach nur so. Ich habe dich halt unglaublich lieb." Sie hakte sich bei ihrer Mutter unter.

„Ich habe dich auch sehr lieb. Chloe, hör zu. Es tut mir so unendlich leid, dass ich mitten im Turnier gegangen bin-"

Chloe unterbrach sie. „Ist schon gut, Mom."

Der WahrheitsfinderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt