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„Ich bin dir damals mit Adam fremdgegangen. Er ist der Vater von Chloe." Sie schloss die Augen nur für einen kurzen Augenblick.

Das mit den Zwillingen verschwieg sie lieber weiterhin. Es gab auch keinen Grund, es ihm zu erzählen. Aaron ließ das Messer über Chloes Hals gleiten. Blut quoll aus den Stellen der Haut, die das Messer wenige Sekunden vorher berührte.

„Hör auf." Jetzt war es an Mila wütend zu werden. „Ich habe dir gesagt, was du wissen wolltest. Sie kann doch nichts dafür."

Aaron ließ Chloe tatsächlich los, war dafür aber in wenigen Schritten bei ihr. Fast zärtlich drückte er das Messer gegen ihre linke Wange und ließ es dann ruckartig von links oben nach rechts unten gleiten. Warmes Blut lief Mila die Wange hinunter und fiel tropfenweise auf den Boden. Es brannte höllisch und sie war sich sicher, dass eine Narbe zurückbleiben würde.

„Mom!" Ein schriller Schrei ließ Mila zusammenzucken.

„Es ist alles gut. Mach dir um mich keine Sorgen." Sie versuchte die aufgebrachte Chloe zu beruhigen.

„Ich muss zu Adam. Mein Vater hat ihn immer für den ehrlicheren von uns beiden gehalten, wenn er wüsste was er all die Jahre für ein Geheimnis mit sich herumgetragen hat." Er lachte hysterisch. „Dafür muss er bestraft werden." Dann verschwand er durch die Tür.

„Es tut mir leid, Mom. Was wenn er ihn tötet? Was wenn er Ella auch wehtut? Das wollte ich doch nicht." Chloes Unterlippe zitterte.

„Es ist nicht deine Schuld. Hörst du? Es war damals Adams und meine Entscheidung fremdzugehen. Jetzt müssen wir mit den Konsequenzen leben. Nicht du! Wir wussten beide, dass Aaron ausrastet, wenn er es herausfindet."

Chloe rann eine Träne über die Wange, die sie hastig mit ihrem Ärmel wegwischte.

„Wir müssen jetzt erstmal hier heraus, ok?"

„Ok. Nur wie?"

„Als mir Aaron vorhin die Handfesseln umgebunden hat, habe ich meine Arme ausgestreckt und meine Hände zu mir gezogen. Ich sollte mich hinauswinden können. Hoffentlich ist es locker genug." Sie zog, zerrte und rüttelte eine Weile an ihren Fesseln, bis sie sich tatsächlich lockerten und ihre Hände frei wurden.

Nachdem sie ihre schmerzenden Hände kurz ausgeschüttelt hatte, machte sie sich daran, Chloes Fesseln ebenfalls zu lösen.

„Und was ist mit denen?" Chloe deutete auf ihre metallischen Fußfesseln.

Mila überlegte und hatte eine Idee. „Bitte sag mir, dass du deine Haarklammern immer noch in die Innentasche deiner Jacke steckst." Sie hielt die Luft an.

„Ja, natürlich!" Chloe öffnete den Reißverschluss ihrer Jacke, wühlte eine Weile in ihrer Innentasche und beförderte drei Haarklammern hinaus.

„Perfekt." Mila nahm sich zwei, dann machte sie sich an Chloes Schloss zu schaffen, wie sie es auf der Akademie gelernt hatte.

Trotzdem dauerte es einige Minuten bis sie endlich ein leises Klicken vernahm und sie Chloes Fuß aus seinem lästigen Gefängnis befreien konnte. Die gleiche Prozedur wiederholte sie an ihren Fesseln. Diesmal brauchte sie etwas weniger Zeit und beide waren frei.

„Hoffentlich ist die Tür nicht abgesperrt." Mila drückte langsam die Türklinge hinunter.

„Mach es doch nicht so spannend. Öffne sie." Chloe hüpfte von einem Fuß auf den anderen.

Sie drückte. „Abgeschlossen. War ja klar. Würdest du mir deine Haarklammern noch einmal leihen?"

Ohne ein Wort zu sagen, ließ Chloe den Haarschmuck auf Milas offene Hand fallen.

Der WahrheitsfinderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt