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Chloe verabschiedete sich von ihrer neuen Volleyballmannschaft und schlug den Weg zur nächstgelegenen Bushaltestelle ein. Nach ihrem gewonnenen Turnier hatten sie einen schönen Nachmittag im Eiscafé von Greenwood verbracht. Jetzt wurde es aber langsam wieder Zeit nach Hause zu gehen. Neben ihr lief Ella, denn sie fuhr auch mit dem Bus nachhause. Gerade noch rechtzeitig erreichten sie den Bus, der fast ohne sie losfuhr und stiegen ein. Chloe rutschte neben Ella auf den freien Platz. Fünf Minuten waren sie schon unterwegs, als es ein ächzendes Geräusch gab und die Räder quietschend zum Stehen kamen.

Der Busfahrer machte eine Durchsage. „Liebe Damen und Herren. Wir haben ein technisches Problem. Steigen Sie bitte aus. Ich entschuldige mich bei Ihnen für die Unannehmlichkeiten."

Chloe und Ella stiegen gezwungenermaßen aus. „Wie soll ich denn jetzt nachhause kommen? Der nächste Bus kommt erst in zwei Stunden und mich kann niemand abholen. Ich werde wohl laufen müssen, aber ich kenne den Weg doch gar nicht." Sie setzte sich auf eine Bank, die neben einer Straßenlaterne stand.

„Komm mit zu mir. Sind nur zehn Minuten zu Fuß. Dann kann dich dort jemand abholen." Ella bot ihr die Hand an und Chloe zog sich daran wieder hoch.

„Wirklich? Das wäre super nett. Danke." Chloe atmete aus.

Ella lief voraus und Chloe trottete ihr staunend hinterher. Klar, ab und zu hatte sie aus dem Busfenster geschaut, aber so richtig wahrgenommen hatte sie ihre Umgebung noch nie. Greenwood besaß wunderschöne Arkaden und Alleen, die alle von hohen Bäumen und Sträuchern gesäumt wurden. Alles leuchtete in den typischen Herbstfarben. Rote, orange, braune und gelbe Blätter zierten die Kronen der Bäume und ließen sie noch viel majestätischer aussehen als sie sowieso schon waren. Viele verschiedene Menschen eilten auf den Gehwegen umher und machten noch einige letzte Besorgungen oder genossen einfach nur den schönen Samstagnachmittag. Fast am Ende der Allee bogen sie in eine schmalere Straße ein. Hier waren nur wenige Menschen unterwegs, das ließ die Straße allerdings nicht unbewohnt aussehen. Auf der linken und rechten Seite ragten Häuser in allen erdenklichen Farben empor. Überall an den Balkons waren wunderschöne Blumen in hellen Farben zu sehen und Chloe fragte sich wie es möglich war, dass wirklich jede Pflanze prächtig blühte. Ihr gingen die Pflanzen schon ein, wenn sie sie nur berührte. Einige Zeit lang liefen sie einfach nur die schmale Gasse entlang, bis sie rechts abbogen und dann noch zweimal links. Ella lief noch eine Weile geradeaus bis sie vor einem riesigen Haus stehenblieb. Es sah aus, wie die anderen in der schmalen Gasse, nur größer. Die Fenster waren mit Holz verkleidet und die Balkone wurden von zahlreichen Blumen geschmückt.

„Wow. Was für ein schönes Haus. Hier wohnst du?"

Ella nickte eifrig, sagte aber nichts weiter. Sie betraten den Vorgarten und folgten einem verschlungenen Pfad hinauf zur Haustür. Bevor sie die Tür erreichen konnten, ging sie auf und eine Frau mittleren Alters mit einem ziemlich verkniffenen Zug um die Mundwinkel schaute auf sie herab. Wortwörtlich herab. Chloe fröstelte, die Frau war alles andere als sympathisch.

„Ella, Schatz. Wo warst du denn? Ich habe mir Sorgen gemacht. Und wer ist denn das Mädchen da bei dir?" Ellas Mutter ließ einen Schwall Vorwürfe und Fragen auf Ella niedersausen.

„Beim Volleyball. Habe ich dir vorhin doch gesagt, als ich aus dem Haus bin." Chloe bemerkte Wut in Ellas Tonfall.

„Ich bin Chloe", stellte sie sich vor, um die unangenehme Stille zu durchbrechen.

„Aha." Das war die einzige Antwort, die Ellas Mutter ihr gab.

Sie stellte sich nicht einmal vor, wie unhöflich. Sie drehte sich schwungvoll um, sodass ihr Rock sich ihrer Bewegung anpasste und verschwand wieder im Haus.

„Ist sie immer so?", wollte Chloe von Ella wissen.

Diese zuckte nur mit den Achseln und erklomm die wenigen Stufen zur Haustür. Dann streifte sie ihre Schuhe ab und bat Chloe dasselbe zu tun. Ella schien ihr keine Antwort geben zu wollen, deshalb folgte sie ihr wortlos hinein. Im Haus angekommen, schaute sie sich um und staunte nicht schlecht. Eine gewaltige Farbexplosion beherrschte den ganzen Raum. Möbel standen ohne System im Raum, in den unterschiedlichsten Farben, die zum Teil nicht einmal zusammenpassten. Ellas Mutter saß auf einer quietschgelben Couch und sah sich eine altmodisch aussehende Romanze an.

„Seid bitte etwas leiser", sagte sie nur, ehe sie sich wieder ihrem Film zuwandte und in eine Packung kalorienarmer Chips griff.

Chloe und Ella hatten nicht einen Ton von sich gegeben, als sie über die Türschwelle getreten waren. Leise liefen sie eine Treppe zu Ellas Zimmer hinauf. Ihr Zimmer war riesig, doch wirkte trotz der Größe bescheiden. Es gab keine grellen Farben, wie im anderen Teil des Hauses. Alles war schlicht und größtenteils in hellblauen Tönen gehalten. Das einzig Auffällige war das hellblaue Himmelbett in der einen Ecke des Zimmers. Ella ließ sich darauf fallen und bedeutete Chloe es ihr gleich zu tun.

„Du hast ein schönes Zimmer", sagte sie zu Ella, die es sich auf ihrem Bett bequem gemacht hatte.

„Danke." Sie lächelte und hob ihre Hände um ihren Zopf fester zu ziehen.

„Ich denke ich rufe mal meine Mom an und frage sie, wann sie Zeit hat mich abzuholen."

Ella nickte nur. Chloe zückte ihr ramponiertes Samsung Handy, dass ihr schon etliche Male heruntergefallen war und rief ihre Mutter an. Nach dem dritten Klingeln nahm sie ab und Chloe erklärte ihr was passiert war. Ihre Mutter versprach sie abzuholen, sobald sie sich von ihrer Arbeit lösen konnte. Gerade wollte sie ihr Handy weglegen, als sie fünfzehn ungelesene Nachrichten auf WhatsApp bemerkte. Viele stammten von Miri und einige von Freunden aus ihrer alten Volleyballmannschaft, aber eine Nachricht weckte besonders ihr Interesse, da sie von einer Nummer stammte, die sie nicht eingespeichert hatte. Chloe klickte darauf. 

Der WahrheitsfinderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt