Der Wahrheitsfinder

2000

„Hör auf dich hinter meinem Rücken mit meinem Bruder zu treffen! Ich weiß, dass ihr eine Affäre miteinander habt." Aaron torkelte mit einer Bierflasche in der einen Hand auf sie zu.

„Bist du schon wieder betrunken?" Mila ging einen Schritt zurück.

„Du hast meine Frage nicht beantwortet. Läuft da etwas zwischen euch?" Er taumelte noch einen weiteren Schritt auf sie zu und verlor dabei fast das Gleichgewicht.

„Nein, da läuft nichts." Mila ballte die Hände zu Fäusten.

Seit Adam aus Kanada zurückgekehrt war, warf Aaron ihr ständig vor eine Affäre mit ihm zu haben. Er hatte angefangen zu trinken und sie mit Vorwürfen zu konfrontieren. Dabei hatte Adam eine Frau. Er hatte sie in Kanada kennengelernt, sie dort geheiratet und anschließend war Leonora mit ihm nach Brightmoon gezogen.

„Lüg mich nicht an, Mila." Aaron spuckte ihr vor die Füße.

Mila schloss die Augen und atmete tief ein. Dann öffnete sie sie wieder. „Ich lüge nicht." Ihre Stimme fest, als sie ihm in die Augen schaute.

Aaron näherte sich Mila und war jetzt ganz nah vor ihrem Gesicht. Sie konnte den Blickkontakt nicht halten und schaute weg. Eine starke Alkoholfahne wehte ihr entgegen und sie rümpfte die Nase.

„Ich weiß doch, was du von mir denkst. Du denkst ich bin schwach, weil ich betrunken bin. Doch nimm dich vor mir in Acht. Ich bin stärker als du glaubst. Unterschätz mich nicht." Wie um seine Aussage zu bekräftigen stach er ihr mit einem Finger in die Brust.

„Ich denke nicht, dass du schwach bist." Mila schlug seinen Finger weg und rieb sich die schmerzende Stelle, die er hinterließ.

„Oh doch. Das denkst du. Weißt du was? Ich werde dir das Gegenteil beweisen." Aaron schlug ihr ohne Vorwarnung mit der Faust in den Bauch.

Mila krümmte sich vor Schmerz zusammen und sank auf den Boden.

„Steh auf. Du widerst mich an. Du bist die, die hier schwach ist. Ich kann dein Leben zerstören, wenn du nicht tust was ich dir sage." Er trat mit dem Fuß nach ihr, doch sie rollte sich noch gerade so weg.

„Was fällt dir ein? Wenn ich denke du verdienst es bestraft zu werden, dann lässt du es gefälligst geschehen." Aaron trat erneut nach ihr aus. Dieses Mal ließ sie es über sich ergehen.

„Es tut mir leid. Ich weiß doch wie sehr du mich liebst. Genauso sehr wie ich dich liebe." Mila liefen dicke Tränen über die Wangen, als sie Aaron um Vergebung bat.

Sie hatte einen Fehler gemacht. Sie durfte sich für ihren Mann wegen des Alkohols nicht schämen. Ihre Aufgabe war es, ihm zu helfen davon loszukommen. Sie war eine schlechte Ehefrau und verdiente es bestraft zu werden.

„Du bist schwach. Sieh dich an, kniest vor mir und flehst mich an dir zu verzeihen. Du hast Glück, dass ich so ein fürsorglicher Ehemann bin. Ich werde dir vergeben." Aaron wartete, bis sie sich aufgerichtet hatte und umarmte sie.

„Shht. Alles wird wieder gut. Ganz ruhig." Er strich ihr über das Haar.

Es klingelte und Aaron löste sich aus der Umarmung um zur Tür zu gehen. Es waren Adam und Leonora.

„Entschuldigt, dass wir stören. Ich habe letztens meine Mütze hier vergessen, die wollte ich nur schnell holen." Adam schaute zu Mila, die vom Weinen ganz rote Augen hatte und sich vor Schmerz immer noch den Bauch hielt.

„Wollt ihr beiden nicht mal zum Tee bei uns vorbeikommen? Wie wäre es Dienstag, 16.00 Uhr?", fragte Adam an Mila und Aaron gerichtet.

„Ich muss arbeiten, aber meine bezaubernde Frau kann bestimmt. Ich werde dann einfach später nachkommen." Aaron legte lächelnd einen Arm um Mila.

„Klar komme ich." Mila hielt sich schützend ihre Arme vor den Bauch.

„Bis Dienstag dann." Adam und Leonora verschwanden durch die Tür nach draußen.

Mila starrte ihnen noch lange nach, den Blick fest auf die Tür gerichtet.