Endlich, Feierabend. Mila setzte sich auf das Sofa und streckte die schmerzenden Beine aus. Gähnend griff sie nach der Fernbedienung und zappte wahllos durch die Kanäle. Sie war heute wirklich erschöpft und plante früh schlafen zu gehen. Die Befragung von Benni hatte kaum etwas ergeben. Benni hatte nur erzählt, dass er auf dem Weg nach Hause eine Nachricht von seiner Mutter erhalten hatte. Er solle sie im Park treffen. Die Mutter bestritt aber, diese Nachricht je geschrieben zu haben und sagte aus, sie habe ihr Handy zu der Zeit gesucht. Als sie die Suche schon fast aufgegeben hatte, lag es plötzlich wieder auf ihrem Bett. Im Park wurde Benni niedergerungen und wachte erst in einem dunklem Raum wieder auf.
Aus Lautsprechern an den Wänden soll eine Stimme gesagt haben: „Die Wahrheit warte nur darauf ans Licht zu kommen."
Irgendwann wurde ihm schwarz vor Augen und er wachte im Stadtpark wieder auf. Es klingelte an der Tür und Mila zuckte ruckartig zusammen. Wer könnte das so spät noch sein? Sie erwartete doch niemanden.
„Chloe? Ist das für dich?", rief sie nach oben, während sie schon auf dem Weg zur Tür war.
Sie öffnete die Tür. Es war niemand zu sehen. Gerade als sie die Tür wieder schließen wollte, bemerkte sie eine einzelne Rose auf dem Boden. Mila griff danach und stach sich an einem Dorn. Fluchend sah sie mit an, wie ein einzelner Blutstropfen sich den Weg ihren Daumen hinunter auf den Holzboden bahnte und dort einen winzig kleinen dunkelroten Fleck hinterließ.
„Was ist denn los?" Chloe war heruntergekommen und erschien im Flur.
„Nichts. Bestimmt nur ein Klingelstreich." Schnell versteckte sie die Rose hinter ihrem Rücken.
„Lass uns einem Film schauen", sagte Mila, als Chloe sich wieder auf den Weg nach oben machen wollte.
Sie blieb stehen und drehte sich lächelnd um. Das hatten beide schon lange nicht mehr gemacht.
Sie waren nicht einmal bei der Hälfte des Filmes angekommen, da störte ein Handyklingeln die ruhige Atmosphäre. Chloe und Mila schreckten hoch.
Mila ging an ihr Handy. „Hallo?"
Sie wandte sich entschuldigend an ihre Tochter.
„Tut mir echt leid, aber ich muss noch mal zur Arbeit."
Enttäuscht schaute Chloe sie an, denn das kam oft vor. Mila erhielt einen Anruf immer dann, wenn sie einmal Zeit für Chloe hatte. Mit schlechtem Gewissen stand sie auf und schnappte sich ihre Jacke aus der Garderobe. Dann ging sie raus in die kühle Nacht, lief zum Auto und fuhr los. Ihr Ziel war keineswegs ein Restaurant, sondern ein Schwimmbad. Das einzige, dass es in Greenwood gab. Agent Roberts erwartete sie schon am Eingang. Neben ihm stand ein alter, aber freundlich aussehender Mann, um die sechzig.
„Wir haben ein weiteres Opfer, diesmal ein erwachsener Mann. Das Wasser im Schwimmbad wurde herausgelassen. Er sitzt im leeren Schwimmbecken und starrt Löcher in die Luft. Redet die ganze Zeit irgendwas von gerechter Strafe" Agent Roberts fasste schnell die Lage für sie zusammen.
„Warum hat ihn noch niemand befreit?", fragend sah sie ihn an.
„Es ist wieder eine Bombe im Spiel."
Sie drehte sich zu dem alten Mann um.
„Und sie sind?"
„Mein Name ist Pete Johnson. Ich bin der Hausmeister des Schwimmbades und habe den armen Mann gefunden. Ich hatte um 19.00 Uhr Feierabend, habe abgeschlossen und bin nach Hause zu meiner Familie gefahren. Meine beiden Söhne sind leider schon ausgezogen. Sie sind beide wirklich gut geraten. Ich bin stolz auf sie..."
Mila räusperte sich. „Konzentrieren sie sich bitte nur auf das Wesentliche."
„...zuhause ist mir aufgefallen, dass ich mein Handy vergessen habe, dann bin ich nochmal zurück, denn obwohl ich es gegenüber meinen Söhnen niemals zugeben würde, hänge ich doch sehr an dem Teil. Wenn ich auch manchmal Probleme damit habe aber die beheben meine Söhne zum Glück sofort. Es kostet sie manchmal all ihre Nerven aber sie machen es trotzdem. Ach ja, ich wollte also mein Handy holen. Ich suchte in meiner Jackentasche nach dem Schlüssel. Ich wollte aufschließen, aber da fiel mir auf, dass die Tür bereits offen war. Ich fragte mich natürlich ob ich sie möglicherweise offengelassen hatte und kam zu dem Schluss, dass es wohl so gewesen sein muss. In meinem Alter vergisst man schon öfter etwas. Ich bin auch nicht mehr der Jüngste.
„Wer hat noch alles einen Schlüssel für den Eingang?", fragte Mila, bevor er noch weiter abschweifen konnte.
„Einige wenige aus dem Personal. Da müssen sie aber den Inhaber Olaf Ziegert fragen, wenn sie genaueres wissen wollen. Dann ging ich also mein Handy holen. Auf dem Weg hinaus bemerkte ich ein Licht aus dem Wasserbeckenbereich und dort sah ich ihn. Den Mann. Aus den Nachrichten wusste ich natürlich von dem Jungen, der ebenfalls gefesselt war und meldete mich telefonisch bei ihnen."
„Vielen Dank für ihre Mithilfe." Mila wollte sich nun endlich einen Überblick verschaffen.
Herr Johnson redete wohl gern. In dem Moment fuhr ein Wagen vor und hielt auf einem der Parkplätze. Ein Mann, Mila schätzte ihn ungefähr Mitte 40 stieg aus dem Wagen.
„Dad, was machst du denn solange? Mom macht sich schon Sorgen. Was macht denn das FBI hier?" Sein Blick glitt über alle anwesenden Personen.
„Derek, mein Sohn. Es ist alles in Ordnung. Ich bin da nur in etwas reingeraten. Macht euch alle keine Sorgen um mich. Ich erzähle euch alles, wenn ich zuhause bin."
Mila öffnete die Tür zum Schwimmbad. Sie wollte jetzt endlich nachschauen, was dort vor sich ging. Sie folgte Agent Roberts, der einige Gänge entlanglief, bis sie am Schwimmbecken ankamen. Der Anblick des Mannes erinnerte stark an den von Benni. Beide hatten Schweißperlen auf der Stirn und zitterten wie Laub im Wind. Es gab nur zwei Unterschiede. Erstens der Ort – der Park und das Schwimmbad und zweitens die Person – ein achtzehnjähriger Junge und ein Mann, um die Mittfünfziger. Das komplette Wasserbecken war leer.. Als hätte vor wenigen Stunden niemand hier gebadet. Keine Kinder die ausgelassen planschten, Eltern die entspannt ihre Runden drehten. Nichts davon war mehr zu erkennen. Der Ort erinnerte nicht mehr an einen Ort der Freude und Ausgelassenheit, sondern vielmehr an einen Ort tödlicher Gefahr.
„Wie heißen sie?". Mila schaute den Mann fragend an.
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Der Wahrheitsfinder
Mystery / Thriller„Schluss mit den Spielchen", donnerte seine Stimme durch den Raum. „Ihr wisst was ich davon halte, wenn ihr nicht die Wahrheit sagt. Ich frage euch jetzt ein letztes Mal. Wer von euch beiden war es?" Schweigen. Seinem Vater lief der Kopf rot an...